Leitsatz (amtlich)
Bei einer Zwischenvereinbarung über das Umgangsrecht kann eine Einigungsgebühr auch dann entstehen, wenn eine gerichtliche Billigung der Vereinbarung unterblieben ist.
Normenkette
RVG-VV Nr. 1003 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Hamburg-Wandsbek (Beschluss vom 04.04.2020; Aktenzeichen 736 F 44/19) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Bezirksrevisorin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek - Familiengericht - vom 4. April 2020 (Az. 736 F 44/19) wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die vom Familiengericht zugelassene Beschwerde ist gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Mit Antrag vom 11. März 2019 beantragte der Kindesvater Umgang mit den beiden gemeinsamen Kindern. Im Anhörungstermin am 6. Juni 2019 schlossen die Kindeseltern eine Zwischenvereinbarung mit dem Inhalt, dass der Kindesvater (zunächst) Umgang mit den gemeinsamen Kindern in begleiteter Form wahrnehmen kann und die Kindeseltern sich mit der Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens einverstanden erklären. Ein Beschluss über die Billigung der Regelung (§ 156 Abs. 2 FamFG) erging nicht. Das Familiengericht hat den Wert der Zwischenvereinbarung vorläufig auf EUR 1.500,- festgesetzt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht im Erinnerungsverfahren eine Einigungsgebühr in Höhe von EUR 136,85 festgesetzt.
2. Die Beschwerde der Bezirksrevisorin ist unbegründet. Soweit diese geltend macht, dass nach dem Wortlaut der amtlichen Anmerkung zu VV 1003 Abs. 2 RVG in Umgangsverfahren eine gerichtliche Billigung der Vereinbarung Voraussetzung für die Entstehung der Einigungsgebühr sei, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Einigungsgebühr entsteht auch für die Mitwirkung am Abschluss einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, wenn hierdurch eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich wird.
Ein derartiger Fall liegt hier vor. Entgegen der Auffassung der Bezirksrevisorin unterliegt das Umgangsrecht im gerichtlichen Verfahren nicht der Disposition der Eltern (vgl. BeckOK FamFG/Burschel, 35. Ed. 1.7.2020, § 36 FamFG Rn. 2; Johannsen/Heinrich/Büte, Familienrecht, 6. Aufl., § 156 FamFG Rn. 9). Nur wenn das Gericht eine Vereinbarung der Eltern billigt, kann das Umgangsverfahren als Amtsverfahren, über dessen Regelungsgegenstand die Eltern eines Kindes weder materiell noch verfahrensrechtlich abschließend verfügen können, beendet werden (vgl. Engelhardt in Keidel, FamFG, 20. Auflage, § 156 Rn. 13 m.w.N.). Im Umgangsverfahren kann deshalb nach der amtlichen Anmerkung zu VV 1003 Abs. 2 RVG nicht nur im Fall eines gerichtlich gebilligten Vergleiches, sondern auch dann eine Einigungsgebühr entstehen, wenn durch die getroffene Vereinbarung eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich wird.
Letzteres hat das Familiengericht für die am 6. Juni 2019 getroffene Zwischenvereinbarung zu Recht bejaht. Insoweit hat das Familiengericht zutreffend ausgeführt, dass durch die Zwischenvereinbarung ein ansonsten möglicherweise erforderliches einstweiliges Anordnungsverfahren entbehrlich wurde. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die diesbezüglichen Ausführungen des Familiengerichts verwiesen. Zwar ist die Frage, ob eine Einigungsgebühr auch ausgelöst wird, wenn das Umgangsrecht nur für eine Zeit vor der abschließenden Entscheidung des Gerichts in einer bestimmten Weise geregelt wird, umstritten (zum Streitstand vgl. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 6.3.2014 - 6 WF 16/14 -, Rn. 8, juris, m.w.N.). Zu teilen ist indes die Auffassung, dass auch bei nur teilweiser Regelung des Verfahrensgegenstands eine Einigungsgebühr anfallen kann. Zwar tritt in der Sache durch eine solche Regelung in Umgangssachen regelmäßig keine vollständige Entlastung des Gerichts ein, da eine Entscheidung in der Hauptsache nach wie vor zu ergehen hat. Allerdings hätte die Frage des vorläufigen Umgangs ohne weiteres zum Gegenstand eines gesonderten Antrags (einstweilige Anordnung) gemacht werden können, über den unabhängig von der Hauptsache hätte entschieden werden müssen. In diesem Fall erspart die Zwischenvereinbarung Gerichts- und Anwaltskosten für die Beteiligten und führt auch zu einer Entlastung des Gericht (ebenso OLG Zweibrücken, a.a.O.). Für diese Auffassung spricht auch, dass sonst ein sehr merkwürdiges Ergebnis herauskäme. So würde eine Einigungsgebühr anfallen, wenn in einem Sorgerechtsverfahren die Beteiligten sich hinsichtlich des Umgangsrechts für die Zeit bis zu einer Entscheidung zum Sorgerecht einigen würden. Hier wäre VV 1000 Anm. 5 S. 2 RVG und nicht VV 1003 Anm. Abs. 2 RVG anzuwenden, da ein Umgangsrechtsverfahren nicht anhängig ist. Es ist kaum möglich, einen Grund zu finden, warum in diesem Fall eine Einigungsgebühr entstehen soll, bei einem Zwischenvergleich über eine rechtshängige Umgangssache aber nicht (vgl Gerold/...