Leitsatz (amtlich)
1. Bei Prüfung eines subjektiven Rechts auf Löschung personenbezogener Daten im staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister sind im Rahmen der nach §§ 489 Abs. 2 Satz 1, 483 Abs. 1 StPO erforderlichen Einzelfallbearbeitung der von § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB intendierte Kinder- und Minderjährigenschutz sowie die Möglichkeit der Durchführung eines Klageerzwingungsverfahrens von maßgeblicher Bedeutung.
2. Eine nach § 484 Abs. 1 Nr. 4 StPO zulässige Eintragung ist zu löschen, wenn sich gemäß § 489 Abs. 2 Satz 1 StPO aus Anlass einer Einzelfallbearbeitung ergibt, dass die Kenntnis der Daten für den in § 484 StPO bezeichneten Zweck - Verwendung für künftige Strafverfahren - nicht mehr erforderlich ist.
Normenkette
StPO § 483 Abs. 1, § 484 Abs. 1 Nr. 4, § 489 Abs. 2 S. 1
Tenor
1. Auf den Antrag des Antragstellers wird der Bescheid der Staatsanwaltschaft Hamburg vom 30. Januar 2009 aufgehoben, soweit darin abgelehnt worden ist, im staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister ("MESTA") die zu dem gegen den Antragsteller geführten Ermittlungsverfahren 7204 Js 31/07 unter "Delikt" vermerkte Eintragung "176 4 1 StGB" zu löschen. Die Staatsanwaltschaft wird verpflichtet, die Löschung vorzunehmen.
2. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
3. Die Gerichtsgebühr wird nach einem Geschäftswert von Euro 1.500,-- erhoben. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind nach einem Geschäftswert von Euro 3.000,-- zur Hälfte aus der Staatskasse zu erstatten.
Gründe
I.
1. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat mit Bescheid vom 9. Juli 2007 das gegen den Antragsteller als Beschuldigten geführte Ermittlungsverfahren 7204 Js 31/07 mangels Beweises nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Dem Antragsteller war zur Last gelegt worden, sexuelle Handlungen vor einem Kind vorgenommen zu haben, indem er seiner Tochter E. H., geboren , pornographische Ausdrucke aus dem Internet zugänglich machte, die die Kindesmutter J. K., Inhaberin einer "Escort-Agentur", unter http://www.sex-party-hamburg.de ins Netz gestellt hatte und die sie beim Geschlechts- und Oralverkehr zeigten (§ 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB). Der Tatverdacht war in den Ermittlungen nicht erhärtet worden; insbesondere war die Kindesmutter J. K. von ihrer gegen den Antragsteller aufgebrachten Verdächtigung später wieder abgerückt.
Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat in ihrem Verfahrensregister ("MESTA") aus Anlass des gegen den Antragsteller geführten Ermittlungsverfahrens folgende Daten über diesen gespeichert:
Aktenzeichen |
Eing. Datum |
Delikt |
Tatzeit |
Erledigung/ Entscheidung |
Erled. Datum |
7204 Js 31/07 |
08.03.2007 |
176 4 1 StGB |
01.02.2007 |
Einst. - § 170 II StPO |
09.07.2007 |
Als Aufbewahrungsfrist wurde in den Akten "zehn Jahre" notiert.
Den Antrag des Antragstellers, die gespeicherten Daten gemäß § 489 Abs. 2 StPO zu löschen und die Aufbewahrungsfrist von zehn auf fünf Jahre zu verkürzen, lehnte die Staatsanwaltschaft mit Bescheiden vom 25. Februar 2008 und 28. Februar 2008 ab.
In dem Bescheid der Staatsanwaltschaft Hamburg - Leitender Oberstaatsanwalt - vom 25. Februar 2008 wurde ausgeführt: Die Staatsanwaltschaft sei gemäß § 485 StPO berechtigt, personenbezogene Daten zum Zwecke der Vorgangsverwaltung zu speichern. Nach § 489 Abs. 2 Nr. 3 StPO seien personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich sei. Das sei hier jedoch nicht der Fall. Die Staatsanwaltschaft sei auf Grund der auf den Verjährungsfristen basierenden Aufbewahrungsbestimmungen für Akten (Allgemeine Verfügung der Justizbehörde Nr. 16/2004 vom 1. September 2004, HmbJVBl. 2004, S. 59) verpflichtet, auch im Falle der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens die entsprechenden Akten mindestens fünf Jahre aufzubewahren, da die Akten bis zum Ablauf der Verjährungsfristen für die Verfolgung von Straftaten auffindbar und verfügbar sein müssten. Der Sinn der Verfahrensdatei bestehe u.a. darin, die bei der Staatsanwaltschaft bearbeiteten Verfahren jederzeit wieder aufzufinden, wobei der Name des Beschuldigten Kriterium für das Wiederauffinden eines Verfahrens sei. Bei der Löschung des Datensatzes würde das Auffinden des Verfahrens im Rahmen der Vorgangsverwaltung nicht mehr ohne weiteres möglich sein. Die Löschung der in der Zentralkartei enthaltenen Daten erfolge jedoch spätestens zum Zeitpunkt der Vernichtung der Akten. Dieser sei abhängig von der Art des Vorwurfs und des Ausganges des Verfahrens und richte sich nach den Bestimmungen über die Aufbewahrungsfristen für das Schriftgut der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Staatsanwaltschaften und der Justizvollzugsbehörden (Aufbewahrungsbestimmungen-, Bearbeitungsstand: März 2007, zuletzt geändert durch Allgemeine Verfügung der Justizbehörde Nr. 1/2007 vom 28. Dezember 2006 - AufbewBest. -). Danach komme eine Löschung des Verfahrens zurzeit noch nicht in Betracht. Hinsichtlich des insoweit gestellten Antrages, die derzeit notierte Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren auf fünf Jahre zu korrig...