Normenkette

HKÜ Art. 13; IntFamRVG § 40 Abs. 2; FGG § 22

 

Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, das Kind I K, geb. am 3.4.2006 bis zum 6.1.2009 nach London in den Bezirk des Court of Justice of England and Wales, Family Division gemäß der Verfügung vom 20.9.2007 zurückzuführen.

2. Kommt die Antragsgegnerin dieser Verpflichtung nicht nach, so ist sie und jede andere Person, bei der sich das Kind aufhält, verpflichtet, das Kind I an den Antragsteller oder eine von diesem bestimmte Person zum Zwecke der Rückführung in das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland herauszugeben.

3. Der Antragsgegnerin wird für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus diesem Beschluss gem. § 44 Abs. 2 Internationales Familienverfahrensgesetz (IntFamRVG) die Auferlegung eines Ordnungsgeldes bis zu 25.000 EUR sowie die Festsetzung von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

4. Zum Vollzug von Ziff. 2 wird angeordnet.

a) Der zuständige Gerichtsvollzieher wird beauftragt und ermächtigt, zur Durchsetzung der Herausgabe unmittelbaren Zwang gegen jede zur Herausgabe verpflichtete Person anzuwenden.

b) Der Gerichtsvollzieher wird zum Betreten und zur Durchsuchung der Wohnung der Antragsgegnerin und der Wohnung jeder anderen Person, bei der sich das Kind aufhält, ermächtigt.

c) Der Gerichtsvollzieher ist befugt, die vorgenannten Vollstreckungsmaßnahmen auch zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen vorzunehmen.

d) Der Gerichtsvollzieher wird zur Hinzuziehung polizeilicher Vollzugsorgane ermächtigt.

5. Eine Vollstreckungsklausel ist für die Vollziehung nicht erforderlich.

6. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Rückführungskosten.

7. Der Geschäftswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien sind die nicht miteinander verheirateten Eltern der am 3.4.2006 geborenen Tochter I. Nach der Geburt des Kindes kam es zu Konflikten zwischen den Eltern, die zur Trennung der Eltern führten. I verblieb in der Obhut der Mutter. Aufgrund der weiteren Auseinandersetzungen leitete der Vater ein Umgangsverfahren beim englischen FamG ein. Die angeordneten Umgangskontakte wurden in der Folge nur unzulänglich umgesetzt. Nachdem die Mutter am 5.7.2007 die Erlaubnis erwirkt hatte, mit I für eine Woche nach Deutschland zu reisen, verließ sie Anfang August 2007 mit der Tochter das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und kehrte nicht wieder zurück. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf Ziff. I des Beschlusses des AG Hamburg, FamG, vom 11.7.2008 Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 11.7.2008 hat das AG Hamburg den Antrag des Vaters auf Herausgabe des gemeinsamen Kindes I, geboren am 3.4.2006, zum Zwecke der sofortigen Rückführung des Kindes in das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland zurückgewiesen. Zur Begründung hat das FamG in Anwendung der Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 lit. b HKÜ im Ergebnis ausgeführt, dass Härtegründe der Rückführung entgegenstehen, da das Kindeswohl durch eine Rückführung des Kindes ohne seine Mutter als ständige Bezugsperson so nachhaltig und schwerwiegend gefährdet sei, dass dem Kind dieses angesichts seines Alters und seiner bisherigen sehr unruhigen, von Beziehungsabbrüchen geprägten Vergangenheit nicht zugemutet werden könne. Wegen der Einzelheiten der Ausführungen des FamG wird auf Ziff. II des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Gegen diesen dem Bundesamt für Justiz und der Prozessbevollmächtigten des Vaters jeweils am 17.7.2008 zugestellten Beschluss hat das Bundesamt der Justiz namens und in Vollmacht des Vaters die sofortige Beschwerde vom 28.7.2008 eingelegt, die am gleichen Tage bei Gericht einging, und das Rechtsmittel mit dem am 12.8.2008 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 6.8.2008 begründet.

In der Beschwerdebegründung wird ausgeführt, dass ein Ausnahmetatbestand nach Art. Abs. 13 lit. b HKÜ nicht gegeben sei und daher die Rückführung des Kindes anzuordnen sei. Die Tatsache, dass die Mutter sich - unbegründet - weigere, mit dem Kind in das Vereinigte Königreich zurückzukehren, und die Rückführung des Kindes damit zu einer Trennung von seiner Mutter führen könnte, reiche nicht aus, um einen Härtefall nach dieser Norm zu begründen.

Die Befürchtung der Kindesmutter, dass ihr bei einer Rückkehr in das Vereinigte Königreich automatisch strafrechtliche Sanktionen drohen würden, sei unbegründet. Dies ergebe sich aus der Verfügung des Court of Justice of England and Wales, Family Division vom 20.9.2007. Aus dieser Verfügung gehe hervor, dass die Kindesmutter bei ihrer Rückkehr nicht automatisch verhaftet werden könne. Nur wenn die Antragsgegnerin gegen irgendeinen Teil der Verfügung verstoße, könne sie verhaftet werden. Die Antragsgegnerin könne daher das Kind bedenkenlos in das Vereinigte Königreich begleiten, um einen Bindungsabbruch zu verhindern.

Wenn die Sachverständige in ihrem Gutachten vom 16.6.2008 zu dem Ergebnis komme, dass das Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit einen schwerwiegenden seelischen Schaden er...

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