Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtsstand der unerlaubten Handlung für Ansprüche aus § 945 ZPO; Verweisung in PKH-Verfahren
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 03.07.2004; Aktenzeichen 327 O 310/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 27, vom 3.7.2004 (327 O 310/02) abgeändert.
Auf den Hilfsantrag des Antragstellers wird das Prozesskostenhilfeverfahren an das LG München I verwiesen.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Eine Gebühr wird nicht erhoben.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist nach § 127 Abs. 2, 567, 569 ZPO zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist aber, soweit der Kläger Prozesskostenhilfe für eine vor dem LG Hamburg beabsichtigte Klage begehrt, unbegründet. Denn die Rechtsverfolgung bietet vor dem LG Hamburg keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 114 ZPO; das LG Hamburg ist für die beabsichtigte Klage nicht zuständig (1.). Auf den hilfsweise gestellten Antrag des Antragstellers ist das Prozesskostenhilfeverfahren an das LG München I zu verweisen, § 281 ZPO analog (2.).
1. Für die beabsichtigte Klage ist in Hamburg kein Gerichtsstand gegeben. Der besondere Gerichtsstand des Art. 5 Ziff. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) greift nicht ein. Auch die Voraussetzungen des § 32 ZPO liegen nicht vor. Eine Gerichtsstandsvereinbarung i.S.d. § 38 ZPO haben die Parteien nicht getroffen.
a) Art. 5 EuGVVO setzt in seinem Einleitungssatz voraus, dass der Wohnsitz des Beklagten in einem anderen Mitgliedstaat als dem Gerichtsstaat liegt. Wie sich aus Art. 60 EuGVVO ergibt, bedeutet Wohnsitz bei Gesellschaften und juristischen Personen satzungsmäßiger Sitz bzw. Sitz der Hauptverwaltung. Der Sitz der Antragsgegnerin als potentieller Beklagten ist aber in München und damit ebenfalls in Deutschland, nicht aber in einem anderen Mitgliedsstaat als dem, in dem sich das angerufene Gericht befindet.
b) Die örtliche und damit internationale Zuständigkeit des LG Hamburg folgt auch nicht aus dem besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO. Zwar normiert § 945 ZPO eine unerlaubte Handlung im weiteren Sinne, so dass für die Zuständigkeitsfrage § 32 ZPO zur Anwendung kommen kann (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, 22. Aufl., § 945 Rz. 11 m.w.N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 945 Rz. 3, 6). Die Voraussetzungen des § 32 ZPO liegen aber nicht vor; insb. kann der Antragsteller sich nicht in Anlehnung an die zu § 826 BGB teilweise vertretene Ansicht (vgl. Kiethe, NJW 1994, 222 [227]) darauf berufen, dass sich der Begehungsort der unerlaubten Handlung am Wohnsitz des Opfers befinde, weil dort seine Vermögensrechte belegen seien.
Anknüpfungspunkt für § 32 ZPO ist der Ort, an dem die unerlaubte Handlung begangen wurde; Tatort ist dabei jeder Ort, an dem auch nur eines der wesentlichen Tatbestandsmerkmale verwirklicht worden ist, durch bloße Vorbereitungshandlungen kann der Gerichtsstand nicht begründet werden. Bei den Begehungsdelikten ist dies sowohl der Ort, an dem der Täter gehandelt hat (Handlungsort) als auch der Ort, an dem in das geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde (Erfolgsort); der Ort, an dem sich der Schaden letztendlich realisiert hat (Schadensort), ist als solcher regelmäßig ohne Belang (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 32 Rz. 16). Nur wenn, wie bei § 826 BGB, der Schadenseintritt zum Tatbestand der Rechtsgutverletzung gehört, kann ausnahmsweise auch der Schadensort von Bedeutung sein (vgl. OLG Koblenz v. 14.7.1988 - 5 W 371/88, WM 1989, 622; OLG München NJW-RR 1993, 703; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 32 Rz. 16; Kiethe, NJW 1994, 222 [225]).
Der Antragsteller trägt keinen konkreten Sachverhalt dafür vor, dass Handlungs- oder Erfolgsort im örtlichen Zuständigkeitsbereich des LG Hamburg liegen könnten; es kommen nur entweder München oder Griechenland in Frage. Die Antragsgegnerin hat ihren Sitz in München. Den Beschluss zur Anordnung des dinglichen Arrestes hat sie beim LG Athen in Griechenland erwirkt; die Zustellung des Arrestbeschlusses, wenn sie denn tatsächlich in Hamburg erfolgt sein sollte, ist kein wesentliches Tatbestandsmerkmal des § 945 ZPO oder Art. 703 GrZPO, sondern nur notwendige Vorbereitungshandlung. Die Vollziehungshandlungen des Arrestes, aus denen der Antragsteller seinen Schadensersatzanspruch herzuleiten sucht, fanden ausnahmslos in Griechenland statt; die Antragsgegnerin ließ dort die beiden Kühl-Lkw durch den Gerichtsvollzieher pfänden und auf dem Grundstück des Antragstellers in Skydra, Griechenland, eine Vormerkung zur Sicherung der Eintragung einer Hypothek eintragen. Unerheblich ist, dass sich der Arrestbeschluss auch auf Mobiliarvermögenswerte bezog, die dem Wohnsitz des Antragstellers in Hamburg zuzuordnen sein könnten; durch diese Arrestmaßnahmen ist es nicht zu den streitgegenständlichen Schadensfolgen gekommen. ...