Entscheidungsstichwort (Thema)
Formelle Beteiligung von Verwandten des Kindes im Sorgerechtsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Die Großmutter des betroffenen Kindes ist in einem Verfahren nach § 1666 BGB nicht formell Beteiligte.
Normenkette
BGB § 1666 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Hamburg-St. Georg (Beschluss vom 07.05.2008; Aktenzeichen 982 F 65/08) |
Tenor
Die Beschwerde der Großmutter gegen den Beschluss des AG Hamburg-St.-Georg, FamG, vom 7.5.2008 - 982 F 65/08 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerdeführerin ist die Großmutter des Kindes L-E K.
Am 14.1.2008 informierte die Beschwerdeführerin das Jugendamt Gü davon, dass ihre Tochter, Frau M K, ohne das Enkelkind L-E aus Island abgereist war, nachdem sie zuvor am 7.12.2007 zu ihrer Mutter nach Island geflogen war. Am 17.1.2008 meldete sich die Kindesmutter beim Jugendamt Gü und wollte ihr Kind zurück. Die Familie K ist im Jugendamt seit 2004 bekannt. Im Jahre 2007 befand sich L-E zeitweise bei der Beschwerdeführerin in Obhut. Nach einem gerichtlichen Verfahren wurde die Inobhutnahme aufgehoben mit der Maßgabe, dass die Kindesmutter zusammen mit ihrem Kind zunächst eine betreute Wohnform gewählt hat.
Mit Schriftsatz vom 7.2.2008 leitete das Jugendamt Gü ein Verfahren gem. § 1666 BGB mit dem Ziel ein, dem Jugendamt Teile der elterlichen Sorge, wie das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht auf Bildung und Erziehung und die Gesundheitsfürsorge zu übertragen.
Mit Beschluss vom 20.4.2008 hat das FamG die Personensorge für L-E K unter Entziehung der elterlichen Sorge der Mutter für diesen Teilbereich auf das Jugendamt H als Pfleger übertragen.
Mit Schriftsatz vom 2.5.2008 hat die Großmutter ihre Beteiligung an diesem Verfahren beantragt.
Auf diesen Antrag hat das FamG mit Beschluss vom 7.5.2008 an der bisherigen Nichtbeteiligung der Beschwerdeführerin festgehalten.
Gegen den Beschluss vom 7.5.2008 hat die Beteiligte zu 5) dieses Beschwerdeverfahrens mit Schriftsatz vom 27.5.2005, eingegangen bei Gericht am 27.5.2005, Beschwerde eingelegt.
Sie trägt vor, sie sei gegenwärtig die Hauptbezugsperson von L-E und ihr stehe der Grundrechtsschutz gem. Art. 6 Grundgesetz zur Seite. Die Entscheidung des Gerichts dokumentiere den ungenügenden Willen zur Sachverhaltsermittlung und aus Sicht des Kindes sei eine Beteiligung der Beschwerdeführerin unabdingbar. Die Entscheidung des FamG sei ihr formell zuzustellen, damit sie eine Entscheidung darüber treffen könne, ob sie gegen Maßnahmen des FamG den Rechtsweg beschreiten wolle.
II. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerde zulässig ist. Denn jedenfalls ist sie unbegründet.
Das FamG geht zu Recht und mit zutreffender Begründung davon aus, dass die Großmutter nicht formell Beteiligte dieses Verfahrens gem. § 1666 BGB ist.
Sie ist allerdings materiell beteiligt, dies jedoch nur mittelbar. Ein mittelbares Interesse führt jedoch nicht zur formalen Beteiligung am Verfahren, selbst wenn dieses Interesse ein rechtliches ist (vgl. Keidel-Kuntze-Zimmermann, 15. Aufl., Rz. 18 zu § 6 FGG). Eigene Rechte der Großmutter sind durch das vorliegende Sorgerechtsverfahren nicht berührt (OLG Zweibrücken; FamRZ 2007, 302 selbst für den Fall einer Einleitung eines Verfahrens gem. § 1666 BGB durch die Großmutter). § 1666 BGB betrifft Fälle der subjektiven Ungeeignetheit des Sorgerechtsinhabers, die Sorge für das gefährdete Kind ohne Eingreifen des FamG weiter auszuüben. Die Vorschriften §§ 1666 BGB enthalten die Ermächtigung für staatliche Eingriffe in die Personen- und Vermögenssorge der Eltern. Rechte der Großeltern, auch wenn sie aus Art. 6 Grundgesetz abzuleiten sind, werden durch ein Verfahren gem. § 1666 BGB nicht direkt berührt. Im Interesse eines zügigen Verfahrens ist der Kreis der formell zu beteiligenden Personen gering zu halten. Aus diesem Grund wird ein Dritter erst dann zum Verfahrensbeteiligten, wenn Maßnahmen gegen ihn ergriffen werden (Palandt/Diederichsen, BGB, Kommentar, 67te Auflage, 2008, § 1666 Rz. 35). Die Frage der formellen Beteiligung ist zu trennen von der materiellen Beteiligung, bei der im Rahmen der Amtsermittlung Dritte durch die Gelegenheit zur Stellungnahme oder eine persönliche Anhörung an der Findung der geeigneten Maßnahmen zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung zu beteiligen sind.
Gegen eine formelle Beteiligung der Großmutter spricht auch, wie vom FamG zutreffend ausgeführt, dass ihr gem. §§ 621e, 629 Abs. 3 ZPO, 64 Abs. 3 Satz 3, 57 Abs. 2 FGG kein Beschwerderecht gegen die Sachentscheidung zusteht. In Familiensachen findet § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG nach § 64 Abs. 3 Satz 3 FGG grundsätzlich keine Anwendung. Diese Regelung bewirkt, dass der Eintritt der formalen Rechtskraft der Entscheidung nicht lange ungewiss bleibt. Gerade um zu vermeiden, dass die erweiterte Beschwerdeberechtigung des § 57 Abs. 1 Nr. 1 und 3 FGG einer großen Anzahl von Personen zusteht, ist im Jahre 1998 in § 57 Abs. 2 FGG nachträglich Nr. 8 aufgenommen worden. Damit ist die Beschwerdeberechtigung aller Verwandten des Kindes ausgeschlossen (Keidel/Kuntze/Weber, ...