Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs. Fehlende Ausgleichsreife eines Anrechts auf ergänzende Versorgung, die nur für den Fall des Eintritts bestimmter Voraussetzungen zugesagt worden ist
Leitsatz (amtlich)
1. In einem Verfahren über den Versorgungsausgleich, das vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist, ist immer gem. § 48 Abs. 2 Nr. 1, Alt. 1 VersAusglG neues Recht anzuwenden, wenn das Verfahren am 1.9.2009 abgetrennt ist.
2. Eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs gem. § 27 VersAusglG findet statt, wenn die schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs zu einem der Gerechtigkeit in nicht erträglicher Weise widersprechenden Ergebnis führen würde. Eine in einem derartigen Widerspruch begründete grobe Unbilligkeit liegt unter Berücksichtigung der gesamten Umstände nicht vor, wenn ein Ehegatte in den letzten vier Jahren einer fast 26 Jahre dauernden Ehezeit nur geringe Erträge aus selbständiger Erwerbstätigkeit erzielt hat, während der andere Ehegatte mit seinem Erwerbseinkommen überwiegend den Familienunterhalt gedeckt und in größerem Umfang als der selbständig tätige häusliche Pflichten erfüllt hat.
3. Nach der Beurlaubung einer Beamtin für eine Tätigkeit für einen privaten Träger von Kindertagesstätten ist ihr Anrecht auf eine ergänzende Versorgung durch diesen privaten Arbeitgeber nicht ausgleichsreif i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG, wenn die ergänzende Versorgung nur für den Fall zugesagt ist, dass der Versorgungsfall direkt im Anschluss an die dortige aktive Tätigkeit eintritt, und wenn konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit bestehen, dass die Beurlaubung vorher beendet wird.
Normenkette
VersAusglG § 19 Abs. 1-2, §§ 27, 48 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1
Verfahrensgang
AG Hamburg-Wandsbek (Entscheidung vom 09.11.2004; Aktenzeichen 732 F 21/03 V) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers und die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 3) wird der Beschluss des Familiengerichts Hamburg-Wandsbek vom 9.11.2004 - Geschäftsnummer 732 F 21/03 V - abgeändert.
Von dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Beteiligten zu 3) (Versicherungsnummer ...) wird im Wege der internen Teilung ein Anrecht i.H.v. 8,4202 Entgeltpunkten, bezogen auf den 28.2.2003, auf ein zu errichtendes Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Beteiligten zu 3) übertragen.
Zu Lasten des Versorgungsanrechts der Antragsgegnerin bei der Freien und Hansestadt Hamburg (Aktenzeichen ...) wird im Wege der externen Teilung zugunsten des Antragstellers ein Anrecht i.H.v. monatlich 429,87 EUR, bezogen auf den 28.2.2003, auf dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Beteiligten zu 3) (Versicherungsnummer ...) begründet. Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Die Gerichtskosten beider Instanzen tragen die Beteiligten zu 1) und 2) je zur Hälfte.
Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beschwerde des Antragstellers richtet sich dagegen, dass das Familiengericht den Versorgungsausgleich auf die Zeit bis zum 31.12.1998 beschränkt hat. Die Beteiligte zu 3) beanstandet mit ihrem Rechtsmittel, dass der Versorgungsausgleich durch Begründung von gesetzlichen Rentenanwartschaften zu Lasten der bei der Beteiligten zu 5) bestehenden Versorgungsanrechte durchgeführt worden sei, obwohl es sich bei der Beteiligten zu 5) um einen privaten Versorgungsträger handele.
Die Beteiligten zu 1) und 2) haben am 6.5.1977 die Ehe geschlossen. Der Antragsteller ist am 22.10.1954, die Antragsgegnerin am 12.11.1957 geboren. Ihre gemeinsamen Kinder J. und N. kamen am 2.8.1989 und 13.6.1991 zur Welt. Seit dem 4.11.2001 lebten die Beteiligten zu 1) und 2) getrennt. Der Antragsteller zog aus dem gemeinsam erworbenen Reihenhaus aus. Die Kinder blieben bei der Antragsgegnerin. Der Scheidungsantrag ist ihr am 11.3.2003 zugestellt worden. Nach Abtrennung der Folgesache Versorgungsausgleich durch Beschluss vom 29.9.2004 ist die Ehe der Beteiligten zu 1) und 2) im November 2004 rechtskräftig geschieden worden.
Bei Eheschließung war der Antragsteller Fernmeldehandwerker und arbeitete als Briefzusteller, wobei er das staatliche Abendgymnasium besuchte. Die Antragsgegnerin begann zum 1.10.1978 ein Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung. Der Antragsteller studierte ab dem 1.4.1979 Physik und Sport für das höhere Lehramt, nahm jedoch nach dem ersten Staatsexamen zum 1.3.1986 eine angestellte Erwerbstätigkeit in einem anderen Bereich auf. Nach mehrfachem Wechsel der Arbeitsstellen und Arbeitslosigkeit von April 1995 bis März 1996 machte sich der Antragsteller zum 1.4.1996 in der Computerbranche selbständig.
Die Antragsgegnerin arbeitete ab dem 1.10.1981 vollschichtig als Beamtin in der Verwaltung. Nach der Geburt der Kinder war die Antragsgegnerin von September 1989 bis Ende 1998 beurlaubt. In dieser Zeit lebte die Familie im Wesentlichen vom Erwerbseinkommen des Antragstellers. Zum 1.1.1999 nahm die Antragsgegnerin i...