Normenkette
GVG §§ 95, 98 Abs. 1, § 102; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 281
Tenor
Zuständig ist die Zivilkammer.
Gründe
Die Zuständigkeitsbestimmung beruht auf § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO.
Diese Vorschrift ist bei einem negativen Kompetenzkonflikt zwischen einer Kammer für Handelssachen und einer Zivilkammer desselben Gerichts entsprechend anzuwenden (vgl. OLG Bremen ZinsO 2015, 2196, zitiert nach juris, Tz. 4, m.w.N.).
Die Zivilkammer hat sich durch Beschluss vom 31. 3. 2017 (322 O 601/16) für unzuständig erklärt, die Kammer für Handelssachen durch Beschluss vom 17. 5. 2017 (417 HKO 22/17), so dass die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO erfüllt sind.
Die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen beruht nicht auf einer Bindung an den Verweisungsbeschluss der Zivilkammer. Zwar ist der Verweisungsbeschluss für die Kammer, an die der Rechtsstreit verwiesen wird, gemäß § 102 Satz 2 GVG bindend. Diese Bindungswirkung entfällt aber dann, wenn vor dem Verweisungsbeschluss nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden ist. Die zu § 281 ZPO entwickelte Rechtsprechung ist auf den Fall einer Verweisung durch die Zivilkammer an die Kammer für Handelssachen anwendbar (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 31. 1. 2014, 32 SA 94/13, zitiert nach juris, Tz. 14, m.w.N.; Zöller/Lückemann, ZPO, 31. Aufl., § 102 GVG, Rn. 6).
Nicht richtig ist allerdings die Auffassung der Kammer für Handelssachen im Beschluss vom 17. 5. 2017, die Zivilkammer hätte über den Verweisungsantrag befunden, ohne dem Kläger den Antrag zur Kenntnis und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben. Der Verweisungsantrag ist vielmehr erstmals bereits im Schriftsatz vom 3. 2. 2017 gestellt worden. Dieser Antrag ist am 8. 2. 2017 an die Prozessbevollmächtigten des Klägers abgesandt worden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Schriftsatz nicht ordnungsgemäß zugegangen ist. Lediglich die materielle Klagerwiderung vom 29. 3. 2017, in dem der Verweisungsantrag aber lediglich wiederholt und ergänzend begründet worden ist, ist erst zusammen mit dem Verweisungsbeschluss zugestellt worden.
Ungeachtet dessen ist der Senat der Auffassung, dass die Zivilkammer im vorliegenden Fall das rechtliche Gehör nicht ausreichend gewahrt hat. Allerdings hätte der Kläger in zeitlicher Hinsicht ausreichend Gelegenheit gehabt, nach Antragstellung im Schriftsatz vom 3. 2. 2017 (abgesandt am 8. 2. 2017) bis zum Verweisungsbeschluss Ende März 2017 zum Verweisungsantrag Stellung zu nehmen. Er hatte aber aus seiner Sicht - für das Gericht erkennbar - keinen Anlass, dies zu tun. Eine ausdrückliche Stellungnahmefrist war ihm nicht gesetzt worden. Der Kläger konnte deshalb davon ausgehen, dass ihm eine Stellungnahmefrist zum Verweisungsantrag ggf. zusammen mit der Frist zur Stellungnahme auf die - angekündigte - materielle Klagerwiderung gesetzt werden würde und er sich vorher nicht äußern müsse. Dafür spricht auch der Rechtsgedanke des § 101 GVG. Wenn derjenige, der einen Verweisungsantrag stellt, dies bis zum Ablauf der materiellen Klagerwiderungsfrist tun kann, liegt es nahe, dass der Gegner sich nicht vor Ablauf der materiellen Klagerwiderungsfrist äußern muss, wenn er nicht ausdrücklich dazu aufgefordert wird.
Es kommt hinzu, dass die Beklagte den Verweisungsantrag in der materiellen Klagerwiderung vom 29. 3. 2017 unter Ziff. III. ergänzend begründet hat unter Bezugnahme auf entsprechende Rechtsprechung. Die Zivilkammer hat im Verweisungsbeschluss vom 31. 3. 2017 ausdrücklich auf diese Ausführungen hingewiesen. Der Schriftsatz vom 29. 3. 2017 ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers aber nicht vor Erlass des Beschlusses zur Kenntnis gegeben worden. Vielmehr sind Abschriften des Schriftsatzes und der Beschluss gleichzeitig abgesandt worden (vgl. Verfügung Bl. 41 d.A.). Der Kläger hatte mithin keine Gelegenheit, zu den im Schriftsatz vom 29. 3. 2017 genannten Argumenten (auf die sich die Zivilkammer in der Entscheidung gerade gestützt hat) Stellung zu nehmen.
Der Senat verkennt nicht, dass nicht jeder Verfahrensfehler einen die Bindungswirkung beseitigenden Gehörsverstoß darstellen muss (BGH MDR 2015, 51, zitiert nach juris, Tz. 8). Der Sachverhalt, der der genannten Entscheidung des BGH zugrunde lag, weist aber Besonderheiten auf, die hier nicht gegeben sind. Dort hatte das verweisende Gericht vorab darauf hingewiesen, dass für den geltend gemachten Anspruch seine Zuständigkeit nicht begründet sei und angefragt, ob Verweisung beantragt werde. Der Beklagte hatte dann (nach Verweisung) in der Klagerwiderung erklärt, dass er die Hinweisverfügung erhalten habe, darauf keine Stellungnahme abgegeben habe und die aus seiner Sicht fehlende örtliche Zuständigkeit des Gerichts, an das verwiesen worden war, nicht rüge (vgl. die Sachverhaltsdarstellung a.a.O., juris-Tz. 1). Der BGH hat ausgeführt, dass in dem von ihm entschiedenen Fall der Beklagte nach Verweisung ausdrücklich erklärt habe, die örtliche Zuständigkeit des Gerichts, an das verwiesen worden war, nicht rügen zu wollen. Der BGH hat dar...