Verfahrensgang

AG Hamburg-Blankenese (Aktenzeichen 571 VI 46/17)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese - Nachlassgericht - vom 22.3.2017 wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 120.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Erteilung eines von der Beschwerdeführerin beantragten Testamentsvollstrecker-Zeugnisses.

Die Beteilligten sind die ehelichen Kinder der Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehemannes Herbert (G. E...). Ein fünftes gemeinsames Kind der Eheleute, (L.), litt unter dem Down-Syndrom und ist ebenfalls vorverstorben. Die Erblasserin und ihr Ehemann haben einen Ehe- und Erbvertrag vom (...) sowie drei eigenhändige gemeinschaftliche Testamente vom 21.7.1990, 8.10.1991 und 21.2.1995 errichtet.

In § 3 des Erbvertrages setzten sich die Eheleute gegenseitig als Erben und ihre (zu diesem Zeitpunkt noch nicht geborenen) Abkömmlinge stammweise zu Nacherben ein.

Durch das gemeinschaftliche Testament vom 21.7.1990 hoben die Eheleute alle bisherigen Verfügungen von Todes wegen auf und regelten weiter u.a. folgendes:

"2. Wir setzen uns hiermit gegenseitig zu alleinigen und ausschließlichen Vollerben ein. Eine Nacherbfolge findet nicht statt; die oder der Überlebende kann über das Erbe der oder des Erstversterbenden frei verfügen.

3. Schlusserben beim Tod des Überlebenden von uns und Erben von uns beiden im Falle unseres gleichzeitigen Versterbens sind unsere Kinder mit Ausnahme unserer Tochter (L.). (...)

5. [enthält Vermächtnisanordnungen für die Tochter (L.)]

6. Für die Erfüllung der Vermächtnisse ordnen wir Dauertestamentsvollstreckung an. Die gemeinsamen Testamentsvollstrecker sollen sein: (...)

9. Es ist uns bewusst, dass die Verfügungen in diesem Testament zu Lebzeiten von uns beiden einseitig nur durch notarielle Urkunde widerrufen werden können."

Die Testamente vom 8.10.1991 und 21.2.1995 enthalten Ergänzungen zu dem Testament vom 21.7.1990, die im vorliegenden Zusammenhang nicht relevant sind.

Im Jahr 2016 führten die Beteiligten mit Blick auf die erwartete Schlusserbschaft ein im Ergebnis erfolgloses Mediationsverfahren durch. Am 15.4.2016 besuchten der Beteiligte zu 4.) und der Sohn (M.) des Beteiligten zu 3) die Erblasserin. Diese unterzeichnete während des Besuchs umfangreiche Schenkungsverfügungen zugunsten ihrer Kinder, durch die nach Darstellung der Beschwerdeführerin die Beteiligten zu 3) und 4) im Verhältnis zu den anderen Kindern bevorzugt wurden. Später - wenige Tage vor ihrem Tod - unterzeichnete die Erblasserin eine eidesstattliche Versicherung mit einer Darstellung des Ablaufs des Besuchs vom 15.4.2016.

Bereits zuvor hatte die Erblasserin durch eigenhändiges Testament vom 16.5.2016 Testamentsvollstreckung über ihren Nachlass angeordnet und die Beschwerdeführerin zur Testamentsvollstreckerin ernannt.

Durch Beschluss vom 22.3.2017 hat das Nachlassgericht den Antrag auf Erteilung des von der Beschwerdeführerin beantragten Testamentsvollstrecker-Zeugnisses zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Erblasserin wegen der Bindungswirkung der Schlusserbeneinsetzung im gemeinschaftlichen Testament vom 21.7.1990 daran gehindert gewesen sei, die Schlusserben durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung zu beschweren. Wegen der Einzelheiten der Argumentation des Nachlassgerichts wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 22.3.2017 und des Nichtabhilfebeschlusses vom 19.4.2017 verwiesen.

Gegen den Beschluss vom 22.3.2017, der der Beschwerdeführerin am 24.3.2017 zugestellt wurde, richtet sich ihre am 16.4.2017 beim Nachlassgericht eingegangene Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin trägt vor:

Aus der Formulierung "(..) die oder der Überlebende kann über das Erbe des Erstversterbenden frei verfügen" in dem gemeinschaftlichen Testament vom 21.7.1990 ergebe sich eine Ermächtigung des überlebenden Ehegatten zur freien Verfügung nicht nur unter Lebenden, sondern auch von Todes wegen. Dies folge aus der Verwendung des Begriffs "Erbe", der auf eine letztwillige Verfügung abziele. Da davon auszugehen sei, dass die Eheleute vor Abfassung des Testaments von einem sehr erfahrenen Juristen beraten worden seien, müsse der Begriff "Erbe" in seiner rechtlichen Bedeutung verstanden werden. Auch der Umstand, dass durch gemeinschaftliches Testament und nicht durch Erbvertrag testiert worden sei, spreche für die Absicht der Eheleute, sich die Testierfreiheit weitestmöglich zu erhalten. Ziel der Eheleute sei es stets gewesen, ihre Kinder zu gleichen Teilen zu bedenken. Insbesondere zu diesem Zweck, nämlich um eine einfache Teilungsmöglichkeit zu schaffen, habe der Ehemann sein früheres Unternehmen veräußert und in Geldvermögen umgewandelt. Durch die Vermögensverfügungen im Zusammenhang mit dem Besuch bei der Erblasserin am 15.4.2016 sei dieser gemeinsame Plan der Eheleute vereitelt worden.

Die Einsetzung der Beschwerdeführerin als T...

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