Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 24.08.1999; Aktenzeichen 68 F 1956/99) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengerichts – Bremen vom 24.8.1999 wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zwar zulässig, sie erweist sich jedoch als in der Sache unbegründet.
Die Beschwerde gegen Einstellungsentscheidungen des Gerichts, bei denen es sich um Ermessensentscheidungen handelt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, die der herrschenden Meinung folgt (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl., § 769 Rn. 134 m.w.N.), hier ausnahmsweise deswegen zulässig, weil mit ihr der Nichtgebrauch des Ermessens durch die Vorinstanz gerügt wird. Das Familiengericht, das die erhobene Vollstreckungsgegenklage für unzulässig hält, hat folgerichtig nicht geprüft, ob das Begehren des Klägers in der Sache Aussicht auf Erfolg hat und deshalb unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Beklagten die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung geboten ist.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Da die Anpassung des Klagantrages an die Voraussetzungen des § 323 ZPO deswegen nicht weiterhilft, weil über die Abänderungsklage nicht das Gericht des Vorprozesses, sondern das nach allgemeinen Regeln zuständige Gericht zu befinden hat, ist die Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 769 ZPO mangels Erfolgsaussicht der Klage vom Familiengericht zu Recht abgelehnt worden.
Der Kläger macht im Ergebnis den Wegfall der Bedürftigkeit des Beklagten als Voraussetzung dessen Unterhaltsanspruchs (§ 1602 Abs. 1 BGB) geltend, wenn er behauptet, er habe seine Verpflichtungen aus dem Vergleich des Familiengerichts Bremen vom 6.8.1996 (AZ. 68 F 1005/95) und damit den aus § 1610 Abs. 2 BGB folgenden Anspruch des Beklagten auf Finanzierung einer angemessenen Berufsausbildung erfüllt. Dieser Einwand ist mit der Abänderungsklage (§ 323 ZPO), nicht mit der Klage gemäß § 767 ZPO geltend zu machen.
Der Anwendungsbereich dieser beiden Klagen bereitet im Einzelfall Schwierigkeiten. Für eine dogmatische Abgrenzung sind in Lehre und Rechtsprechung verschiedene Lösungsansätze entwickelt worden (vgl. insb. Graba, Die Abänderung von Unterhaltstiteln, Rn. 143 ff, 189 ff, Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht 3. Aufl. § 323 ZPO Rn. 5 ff, Hoppenz FamRZ 1987, 1100 ff, Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl. § 323 Rn. 41 ff, BGH FamRZ 82, 470, 471, FamRZ 89, 159,160, FamRZ 90, 504,505, und 1095, FamRZ 91, 1175, FamRZ 97, 671), denen wohl letztlich gemeinsam ist, daß die Vollstreckungsgegenklage dann der zutreffende Rechtsbehelf ist, wenn es um die Auswirkungen eines scharf umrissenen, zeitlich eher punktuell fixierten Ereignisses ohne Unklarheiten über seinen Entstehungszeitpunkt und seinen Einfluß auf den Anspruch geht, die Klage gemäß § 323 ZPO aber zur Anwendung kommt, wenn sich Auswirkungen auf die Unterhaltspflicht infolge von Abweichungen in der Prognose der stets wandelbaren wirtschaftlichen Verhältnisse ergeben (vgl. die Zusammenstellung bei Stein/Jonas/Leipold Rn. 7, 8). Der BGH (BGH FamRZ 89, 159 und 90, 1095) hat allerdings die Abgrenzung teilweise auch nur dahingehend vorgenommen, ob es um die Auswirkungen für die Vergangenheit – Klage gemäß § 767 ZPO – oder für die Zukunft – Klage gemäß § 323 ZPO – geht (Erhöhung von Renteneinkünften des Berechtigten infolge der Durchführung des Versorgungsausgleichs und der darauf beruhenden Kürzung der Rente des Verpflichteten, Verwirkung). Da bei einem Prozeßvergleich die Abänderungssperre des § 323 Abs. 3 ZPO nicht gilt, verliert die Notwendigkeit einer Abgrenzung der beiden Klagearten erheblich an Bedeutung, sie ist hier letztlich nur noch mit Rücksicht auf die Zuständigkeit vorzunehmen.
Unter diesem Gesichtspunkt hält der Senat im Interesse eines möglichst effektiven Rechtsschutzes auch in Fällen des behaupteten Wegfalls der Bedürftigkeit die Klage gemäß § 323 ZPO für den richtigen Rechtsbehelf. Die Abänderungsklage ermöglicht – im Gegensatz zur Klage gemäß § 767 ZPO – die umfassende Prüfung des titulierten Anspruchs in einem Verfahren, und zwar für Vergangenheit und Zukunft, hinsichtlich der Einwendungen des Klägers als auch möglicher Gegenrechte des Beklagten, und sowohl nach Grund als auch nach Höhe. Falls nämlich das Begehren des Klägers nicht dem Grunde nach erfolgreich ist, könnte unter bestimmten Voraussetzungen eine Reduzierung durch Anrechnung eigener Einkünfte des Berechtigten in Betracht kommen. Auch lassen sich die Auswirkungen des Fortfalls der Bedürftigkeit gemäß §§ 1602, 1610 Abs. 2 BGB (der Senat hält den Anspruch des Beklagten auf Ausbildungsunterhalt allerdings nicht für erfüllt, solange dieser die jetzt begonnene Lehre innerhalb der üblichen Zeit abschließt) auf den titulierten Anspruch wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit des Unterhaltsanspruches nicht immer zeitlich punktuell und sicher abschätzen. Das volljährige Kind kann gegebenenfalls auch dann noch Unterhalt beanspruch...