Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtbarkeit einer Entscheidung über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 ZPO
Leitsatz (amtlich)
Gegen Entscheidungen nach § 769 ZPO ist auf der Grundlage der seit 1.1.2002 geltenden ZPO die befristete Beschwerde nach § 793 ZPO uneingeschränkt statthaft; für eine analoge Anwendung des § 707 Abs. 2 ZPO ist kein Raum mehr (gegen OLG Frankfurt v. 29.8.2002 - 26 W 102/02, OLGReport Frankfurt 2004, 102 = NJW-RR 2003, 140 ff.).
Die inhaltliche Überprüfung der Ermessensentscheidung beschränkt sich aber darauf, ob die Voraussetzungen des § 769 ZPO verkannt worden sind.
Verfahrensgang
AG Rockenhausen (Beschluss vom 15.12.2003; Aktenzeichen 3 F 593/03) |
Tenor
I. Der Beschluss des AG - FamG - Rockenhausen vom 15.12.2003, mit welchem dem Kläger die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert wurde, wird auf dessen sofortige Beschwerde aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Entscheidung an das AG - FamG - Rockenhausen zurückverwiesen.
II. Die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung durch den weiteren Beschluss des AG - FamG - Rockenhausen vom 15.12.2003 wird zurückgewiesen.
III. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens betreffend die Versagung der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung zu tragen.
IV. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren betreffend die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung wird auf einen Betrag zwischen 901 und 1.200 Euro festgesetzt.
Einer Wertfestsetzung für die Beschwerde betreffend die Versagung der Prozesskostenhilfe bedarf es nicht, da der Anfall einer Gerichtsgebühr insoweit nicht streitwertabhängig ist und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden.
V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt in Abänderung des Urteils des AG - FamG - Worms vom 19.6.1991 (1 F 179/90) die Feststellung, dass er der Beklagten, von der er seit 1982 geschieden ist, keinen nachehelichen Unterhalt mehr schulde. Tituliert ist Unterhalt wegen Krankheit i.H.v. monatlich 927 DM, das entspricht 473,97 Euro.
Wegen von der Beklagten nach Zahlungseinstellung des Klägers ausgebrachten Pfändungsmaßnahmen beantragt er zudem, die Zwangsvollstreckung aus dem vorgenannten Unterhaltstitel einstweilen einzustellen.
Das FamG hat dem Kläger die nachgesuchte Prozesskostenhilfe wegen Fehlens hinreichender Erfolgsaussicht versagt und die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung unter Bezugnahme auf die Gründe der Verweigerung der Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Kläger habe keinen hinreichenden Sachvortrag zur Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gehalten, insb. nicht dazu, dass sich die Arbeitsfähigkeit der Antragsgegnerin wesentlich erhöht habe und sie in der Lage sei, ein höheres Einkommen (als das aus geringfügiger Erwerbstätigkeit) zu erzielen. Letzteres sei im Hinblick auf das Alter der Beklagten von 57 Jahren unter Berücksichtigung der derzeitigen Arbeitsmarktsituation auch auszuschließen. Der Beklagten könne nicht vorgehalten werden, dass sie bislang keinen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente gestellt habe, nachdem sie in der Lage sei, einer geringfügigen Beschäftigung nachzugehen.
Mit seinen sofortigen Beschwerden verfolgt der Kläger sein Begehren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Abänderungsklage und auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung weiter. Er meint, das FamG habe sich nicht ausreichend mit seiner Argumentation auseinander gesetzt. Er habe nämlich zur Begründung seines Begehrens nicht darauf abgestellt, dass die Beklagte in der Lage sei, ein höheres Einkommen als das tatsächlich erzielte zu erreichen. Die Abänderung der Unterhaltspflicht sei nach seiner Darlegung deshalb begründet, weil sich die Beklagte trotz der bereits im Jahr 1990 gegebenen Operationsbedürftigkeit ihres Leidens einer erforderlichen Operation nicht unterzogen und sich auch sonst nicht ordnungsgemäß habe behandeln lassen. Nach dem vorgelegten ärztlichen Attest aus dem Jahr 2003 leide sie im Wesentlichen an den gleichen - behandelbaren - Erkrankungen, die schon 1990 attestiert worden seien. Sie sei deshalb offensichtlich ihrer Obliegenheit, sich um die Besserung ihres Gesundheitszustandes zu bemühen, nicht nachgekommen und habe deshalb etwaige Unterhaltsansprüche verwirkt (§ 1579 Nr. 3 BGB). Jedenfalls habe es die Beklagte versäumt, ihm die geforderte Auskunft über den Krankheits- und Behandlungsverlauf zu erteilen.
Fehlerhaft habe das AG auch eine Obliegenheitsverletzung wegen der unterlassenen Beantragung einer Erwerbsunfähigkeitsrente verneint. Nach § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI komme eine Rente wegen Erwerbsminderung bereits in Betracht, wenn die betroffene Person wegen Krankheit auf nicht absehbare Zeit außerstande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; voll erwerbsgemindert sei ein Versicherter bereits, wenn er nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstät...