Leitsatz (amtlich)
Gegen Entscheidungen nach § 769 ZPO über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist nach der Zivilprozessrechtsreform ein außerordentliches Rechtsmittel nicht (mehr) gegeben.
Verfahrensgang
AG Homburg (Beschluss vom 04.12.2003; Aktenzeichen 10 F 331/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des AG - FamG - in Homburg vom 4.12.2003 - 10 F 331/03 - wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: bis 1.500 Euro.
Gründe
I. Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Die Beklagte betreibt gegen den Kläger die Zwangsvollstreckung aus einem am 25.3.1998 vor dem 9. Zivilsenat des OLG Saarbrücken - 9 UF 65/97 - geschlossenen Prozessvergleich. Darin hat der Kläger sich verpflichtet, der Beklagten bis zum 12.5.1998 einen einmaligen Abfindungsbetrag i.H.v. 30.000 DM - damit sollten jegliche nachehelichen Unterhaltsansprüche der Beklagten abgegolten sein - und für den Fall, dass ihm die Zahlung dieses Betrages innerhalb der Frist nicht möglich sein sollte, für die Zeit ab 26.11.1996 eine monatliche Unterhaltsrente i.H.v. 600 DM zu zahlen.
Am 15.8.2003 hat der Kläger beim AG - FamG - in Homburg eine Vollstreckungsgegenklage eingereicht, mit der er zugleich um vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Prozessvergleich gebeten hat. Die Klageschrift ist der Beklagten am 1.12.2003 mit der Bitte um "kurzfristige" Stellungnahme zum Einstellungsantrag zugestellt worden.
Mit Beschluss vom 4.12.2003, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat das FamG die Zwangsvollstreckung aus dem Prozessvergleich für die Zeit ab September 2002 gegen Hinterlegung einer Sicherheitsleistung i.H.v. 2.400 Euro vorläufig eingestellt.
Am 10.12.2003 ist ein Antrag der Beklagten auf Zurückweisung des Einstellungsantrages beim FamG eingegangen. Mit Eingang am 12.12.2003 hat die Beklagte gegen die Einstellungsentscheidung sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie in erster Linie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses erstrebt, hilfsweise gegen eine von ihr zu leistende Sicherheit.
Mit Verfügung vom 5.2.2004 hat das FamG die Akten dem Saarländischen OLG zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist.
Nach der bisherigen Senatsrechtsprechung war die vom Erstgericht - wie hier - gem. § 769 ZPO getroffene Einstellungsentscheidung zwar im Rahmen einer Beschwerdeentscheidung nach § 793 ZPO nachprüfbar; die Nachprüfung war aber auf grobe Gesetzesverstöße und Ermessensfehler beschränkt (vgl. etwa OLG Saarbrücken, Beschl. v. 6.9.2000 - 6 WF 60/00, m.w.N.). Daran wird im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene gefestigte Rechtsprechung des BGH zur Statthaftigkeit außerordentlicher Rechtsmittel zum BGH nach In-Kraft-Treten des Zivilprozessreformgesetzes am 1.1.2002 (vgl. etwa BGH v. 7.3.2002 - IX ZB 11/02, BGHReport 2002, 431 = MDR 2002, 901 = NJW 2002, 1577) nicht festgehalten. Danach ist ein außerordentliches Rechtsmittel zum BGH auch dann nicht (mehr) statthaft, wenn die Entscheidung ein Verfahrensgrundrecht des Beschwerdeführers verletzt oder aus sonstigen Gründen "greifbar gesetzwidrig" ist; in einem solchen Fall ist die angefochtene Entscheidung vielmehr durch das Gericht, das sie erlassen hat, auf - fristgebundene - Gegenvorstellung zu korrigieren. Dem schließt sich der Senat auch für die Beschwerdeinstanz in denjenigen Fällen, in denen - wie hier - gegen die Entscheidung der ersten Instanz kein ordentliches Rechtsmittel stattfindet, an (vgl. bereits OLG Frankfurt v. 29.8.2002 - 26 W 102/02, OLGReport Frankfurt 2004, 102 = NJW-RR 2003, 140; OLG Koblenz OLGReport Koblenz 2003, 332; OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.11.2003 - 16 WF 112/03, OLGReport Stuttgart 2004, 168; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 707 Rz. 22 sowie § 769 Rz. 13; Lipp in MünchKomm/ZPO, § 567 Rz. 18; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 567, Rz. 8). Dementsprechend ist die Korrektur auch - namentlich wegen Verletzung von Verfahrensgrundrechten - "greifbar gesetzeswidriger" Entscheidungen künftig nur noch innerhalb der Instanz auf Gegenvorstellung oder durch das BVerfG im Wege der Verfassungsbeschwerde vorzunehmen (BGH v. 7.3.2002 - IX ZB 11/02, BGHReport 2002, 431 = MDR 2002, 901 = NJW 2002, 1577; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 707 Rz. 22 sowie § 769 Rz. 13).
Die somit gebotene Behandlung der sofortigen Beschwerde als Gegenvorstellung gibt dem FamG Gelegenheit zur - in Ermangelung einer ausreichend bemessenen Stellungnahmefrist vor der Entscheidung und einer an sich gebotenen Abhilfeentscheidung (§ 572 Abs. 1 ZPO) bislang unterbliebenen - Befassung mit dem Vorbringen der Beklagten. In diesem Zusammenhang kann insb. erneut geprüft werden, ob das vom Kläger angestrebte Klageziel nach dem Vergleichsinhalt mit der hier erhobenen Vollstreckungsgegenklage - wovon die angefochtene Einstellungsentscheidung ersichtlich ausgeht - in zulässiger Weise erreicht werden kann.
Die Kos...