Leitsatz (amtlich)

Ein außergerichtliches Gespräch, in dem der Gegner zur Rücknahme der Klage bewegt werden soll, kann eine Terminsgebühr auslösen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Festsetzung einer Terminsgebühr für außergerichtliche Vergleichsgespräche im Kostenfestsetzungsverfahren.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 16.12.2005 gegen die Antragsgegnerin den Erlass einer Einstweiligen Verfügung auf Unterlassung beantragt. Die Einstweilige Verfügung ist mit Beschluss vom 19.12.2006 antragsgemäß erlassen worden. Hiergegen hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 29.12.2005 Widerspruch eingelegt. Mit Schriftsatz vom 16.1.2006 teilte die Antragsgegnerin mit, dass die Parteien sich außergerichtlich geeinigt haben und nahm den Widerspruch daher zurück. Mit Beschluss vom 9.2.2006 setzte das LG zunächst die im Einstweiligen Verfügungsverfahren zu erstattenden Kosten i.H.v. 887,83 EUR fest. Die Antragstellerin begehrte sodann mit Schriftsatz vom 23.1.2006 den Erlass einer Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren um die Erstattung der weiteren Kosten, nämlich die Terminsgebühr nach Teil 3, Vorbemerkung 3, Abs. 3 RVG-VV zum RVG, im Kostenfestsetzungsverfahren zu erreichen. Die Antragsgegnerin wendete insoweit ein, es handele sich bei der Terminsgebühr nicht um Kosten des Rechtsstreits i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Im Übrigen sei auf die Gebühren für die außergerichtliche Einigung § 98 ZPO entsprechend anzuwenden. Mit Beschluss vom 10.4.2006 hat das LG der Antragsgegnerin auch die weiteren Kosten des Verfahrens auferlegt. Auf der Grundlage dieses Beschlusses wurden auf Antrag der Antragstellerin die weiteren von der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten des Verfahrens, eine 1,2 Terminsgebühr zzgl. Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt 787,87 EUR, mit Beschluss vom 26.4.2006 festgesetzt. Die Antragsgegnerin hat sowohl gegen die Kostengrundentscheidung als auch gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss sofortige Beschwerde eingelegt. Die sofortige Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung ist mit Beschluss des Hanseatischen OLG vom 15.6.2006 - Az. 7 W 43/06 - zurückgewiesen worden.

II. Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26.4.2006 ist zulässig, insb. ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1, 569 ZPO.

Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Rechtspfleger hat zu Recht eine Terminsgebühr gem. Nr. 3104 RVG-VV, Vorbemerkung 3 Abs. 3, 3. Alt. RVG-VV zum RVG festgesetzt.

Die Kostengrundentscheidung im Beschluss vom 10.4.2006 umfasst sämtliche weitere Kosten des Widerspruchsverfahrens und damit auch eine möglicherweise entstandene Terminsgebühr (vgl. Beschluss des 7. Zivilsenats des OLG Hamburg - 7 W 43/06). Diese Terminsgebühr ist verdient und ist im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig.

Eine Terminsgebühr ist auch ohne mündliche Verhandlung verdient, wenn eine Besprechung stattgefunden hat, die auf die Erledigung oder Vermeidung des Rechtsstreits gerichtet war, Vorbemerkung 3 Abs. 3, 3. Alt. RVG-VV zum RVG. Ausreichend sind insoweit auch kurze Gespräche, es muss sich jedoch um ein sachbezogenes Gespräch handeln. So löst auch ein Gespräch, in dem der Gegner zur Rücknahme der Klage bewegt werden soll, eine Terminsgebühr aus. Lediglich reine Nachfragen nach dem Sachstand oder das Einholen von Information sind nicht ausreichend. Ein solches Gespräch hat hier unstreitig stattgefunden. Die Antragsgegnerin selbst hat mitgeteilt, dass außergerichtliche Einigungsgespräche stattgefunden haben und daraufhin den Widerspruch zurückgenommen.

Die Terminsgebühr für ein außergerichtliches Einigungsgespräch ist auch im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig.

Erstattungsfähig sind grundsätzlich die notwendigen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gem. § 91 ZPO. Ausnahmsweise können hierunter auch vorprozessuale oder außerprozessuale Kosten fallen, wenn sie notwendig waren und Prozessbezogenheit vorliegt. So sind unter Umständen sogar außergerichtliche Gutachterkosten erstattungsfähig (vgl. auch BGH v. 17.12.2002 - VI ZB 56/02, MDR 2003, 413 = BGHReport 2003, 452). Auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung folgt, dass bei außergerichtlichen prozessbezogenen Einigungsgesprächen eine Berücksichtigung im Kostenfestsetzungsverfahren erfolgen kann (vgl. Gerold/Schmidt, 17. Aufl., RVG-VV Vorbem. 3 Rz. 123). Die Regelung der Vorbem. 3 Abs. 3 Alt. 3 RVG-VV soll dem Rechtsanwalt den Ansporn geben, in jedem Verfahrensstadium auf eine gütliche Einigung und Erledigung des Rechtsstreits hinzuwirken. Werden solche Gespräche nach Anhängigkeit eines Rechtsstreits geführt und daraufhin die Klage oder der Widerspruch zurückgenommen, so wird man den Gesprächen die Prozessbezogenheit nicht absprechen können.

Der Erstattungsfähigkeit steht auch nicht entgegen, dass es häufig nicht einfach sein wird festzustellen, ob eine solche Besprechung stattgefunden hat. Den Schwierigkeiten bei der Feststellung kann man durch die Glaubhaftmachung de...

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