Leitsatz (amtlich)
Werden ärztliche Leistungen von Stellvertretern eines Wahlarztes in einer Klinik aufgrund einer Vielzahl von unzutreffend als Individualvereinbarungen deklarierten, tatsächlich aber formularmäßig verwendeten Stellvertretervereinbarungen erbracht, obwohl bereits bei Abschluss der die Grundlage des Honoraranspruchs bildenden Wahlleistungsvereinbarung für den Wahlarzt feststand, dass er seiner persönlichen Leistungspflicht nicht durchgehend wird nachkommen kann und will, sondern die den Kern seiner Leistungspflicht betreffenden ärztlichen Behandlungen auf eine Vielzahl von jeweils zur Verfügung stehende Ober-, Fach- und Assistenzärzte, die alle als seine Stellvertreter vorgesehen sind, übertragen werden, dann ist dem Wahlarzt die Durchsetzung seines Honoraranspruchs nach dem Grundsatz von Treu und Glauben als unzulässige Rechtsausübung verwehrt.
Normenkette
BGB §§ 242, 305 Abs. 1 S. 3, § 613 S. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 30.08.2016; Aktenzeichen 310 O 80/15) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 30.08.2016, Aktenzeichen 310 O 80/15, durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Kläger kann hierzu binnen 2 Wochen Stellung nehmen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Pflicht des Beklagten zur Bezahlung ärztlicher Behandlungen im Rahmen von Stellvertretervereinbarungen nach einer geschlossenen Wahlleistungsvereinbarung.
Der - privatliquidationsberechtigte - Kläger ist Direktor der Klinik X. Der Beklagte ist der Erbe der am 1. September 2014 verstorbenen Frau Dr. B., zuletzt wohnhaft in S., die sich in der Zeit vom 8. Mai 2014 bis zum 26. August 2014 in der Klinik X zur stationären Behandlung befand. Dazu schloss die Ehefrau des Beklagten mit der Klinik einen "Behandlungsvertrag" sowie eine "Wahlleistungsvereinbarung" (Anlage K1), letztere zwecks Behandlung durch den Kläger. Dafür unterzeichnete sie eine "Einverständniserklärung über privatärztliche Behandlung" (Anlage B5).
Die "Wahlleistungsvereinbarung" verweist auf die Anlage "Übersicht über die Wahlärzte" der Klinik (vgl. Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 27. Januar 2016), aus der hervorgeht, dass der Kläger "Ärztlicher Direktor" bzw. "Sonstiger Wahlarzt" des "Zentrums für operative Medizin" ist. Weitere 13 Ärzte - darunter vorwiegend Oberärzte - sind "ständige Vertreter" in einem dort näher bezeichneten "Kompetenzbereich". Stellvertretender Direktor der Klinik und Leitender Oberarzt ist Prof. O. (Anlage B25). Der Kläger operierte die Erblasserin - nachfolgend auch "Patientin" genannt - an insgesamt drei Tagen, und zwar am 9. Mai 2014, 27. Mai 2014 und am 6. Juni 2014 (vgl. dazu OP-Berichte und -Protokolle gemäß Anlagen K50, K51 und K52), wobei seine durchgehende Anwesenheit streitig ist. Die nachfolgenden Behandlungen der Patientin, die wegen einer infizierten Operationswunde erforderlich wurden - insgesamt 23 Operationen -, wurden von verschiedenen Ärzten durchgeführt, und zwar von Oberarzt (OA) Dr. E., OA Dr. F., OA Dr. G., OA Dr. H., OA Dr. I. und OA'in Dr. J. sowie (Fach-)Arzt Dr. K., Dr. L. und Dr. M. (vgl. OP-Berichte gemäß Anlagen K4, K6, K8, K10, K12, K14, K16, K18, K20, K22, K24, K26, K28, K30, K32, K34, K36, K38, K40, K42, K44, K46 und K48). Anlässlich dieser Nachfolgebehandlungen wurden der Patientin bzw. ihrer Tochter jeweils mit "Schriftliche Fixierung der Stellvertretervereinbarung vom ..." (zwischen dem Kläger und der - weitgehend per Stempel/Vordruck eingetragenen - Patientin) überschriebene Formulare vorgelegt (vgl. dazu Anlagen K5, K7, K9, K11, K13, K15, K17, K19, K21, K23, K25, K27, K29, K31, K33, K35, K37, K39, K41, K43, K45, K47 und K49), die diese unterschrieben. Auf insgesamt neun dieser Formulare fehlt die Unterschrift des Arztes, auf drei Formularen ist die Wahlmöglichkeit "Stellvertreterleistung" nicht angekreuzt. Weitgehend fehlen Eintragungen, zu welcher Uhrzeit und durch wen die "Patientin" / der "Patientenvertreter" in einem "(...) Gespräch darüber aufgeklärt worden [ist], dass [der Kläger] in der Zeit vom ... bis ... wegen ... persönlich nicht verfügbar ist und deshalb die ärztlichen Leistungen der bei [ihr] geplanten Behandlung nicht höchstpersönlich durchführen kann. (...)"; handschriftliche Eintragungen zur Zeit und zum Grund der Abwesenheit des Klägers fehlen in allen Formularen. Im Übrigen ist angekreuzt, dass "(...) die Verschiebung der Operation bis zur Rückkehr [des Klägers] (...) medizinisch nicht vertretbar ist", die Patientin "die Verlegung des Operationstermins nicht wünsche" und sie - aufgrund ihrer folgenden Wahlmöglichkeiten - "(...) zu den Bedingungen des Wahlarztvertrages unter Beibehaltung des Liquidationsrechts des [Klägers]" ärztliche Leistungen "vom Stellvertreter des [Klägers] Oberarzt Dr. med ... [es folgen handschriftliche Eintragungen]" erhalte. Ob die Formulare vor oder nach der Behandlung unterzeichnet worden sind, ist streitig. Wegen des Inhalts der Patientenakte wird auf die An...