Leitsatz (amtlich)
Ein privater Rentenversicherungsvertrag, deren Versicherungsnehmerin die bezugsberechtigte Ehefrau ist, der aber auf das Leben des gemeinsamen Kindes abgeschlossen ist und als Rentenbeginn das 67.Lebensjahr des Kindes vorsieht, unterfällt nicht dem Versorgungsausgleich, wenn die bezugsberechtigte Ehefrau zum Leistungsbeginn planmäßig 96 Jahre als sein wird.
Verfahrensgang
AG Hamburg-Altona (Aktenzeichen 351 F 26/21) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der L. Lebensversicherung AG wird der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg Altona vom 27.9.2022 dahingehend abgeändert, dass im Tenor zu Ziff. 2 am Ende folgender Absatz hinzugefügt wird:
Ein Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der L. Lebensversicherung AG (ehemals ... Lebensversicherung AG) (Vers Nr. ...) findet nicht statt.
Kosten und Auslagen für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin heirateten am 26.7.2001. Sie leben seit Februar 2020 getrennt voneinander. Der Scheidungsantrag wurde am 26.4.2021 zugestellt. Beide Ehegatten erwarben während der Ehezeit verschiedene Versorgungsanwartschaften. Die Antragsgegnerin erwarb bei der L. Versicherung AG (ehemals ... Lebensversicherung AG) eine Anwartschaft aus einem privaten Rentenversicherungsvertrag, zu dem der Versorgungsträger gegenüber dem Familiengericht erstinstanzlich eine Auskunft erteilte. Laut dem Versicherungsvertrag ist die Antragsgegnerin zwar Versicherungsnehmerin, versicherte Person ist aber der gemeinsame, am 28.2.2008 geborene Sohn A. Als Rentenbeginn ist der 1.5.2075 vorgesehen. Die Rente wird - bezogen auf das Leben des Sohnes als versicherter Person - lebenslang gezahlt. Bezugsberechtigt ist die Antragsgegnerin.
Mit Beschluss vom 27.9.2022 sprach das Familiengericht die Scheidung der Ehe der Beteiligten aus und regelte den Versorgungsausgleich. Weder im Tenor noch in den Gründen wird die Anwartschaft bei der L. erwähnt. Der Beschluss ist dem Versorgungsträger am 21.10.2022 zugestellt worden.
Mit beim Familiengericht am 16.11.2022 eingegangenem Schriftsatz erhob der Versorgungsträger gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich Beschwerde, weil das Familiengericht die Anwartschaft im Rahmen seiner Ausgleichsentscheidung nicht berücksichtigt habe.
Mit Verfügung vom 5.6.2023 wies das Familiengericht darauf hin, dass eine Berücksichtigung unterblieben sei, weil das Anrecht nicht in den Versorgungsausgleich falle und bat um Mitteilung, ob die Beschwerde aufrechterhalten bleibe. Mit Schreiben vom 19.7.2023 bat der Versorgungsträger erneut um eine Einbeziehung des Anrechts in den Versorgungsausgleich und verwies auf die Bezugsberechtigung der Antragsgegnerin. Das Familiengericht legte das Verfahren daraufhin dem Senat zur Entscheidung vor.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet, führt aber lediglich dazu, dass das Anrecht zwar in die Entscheidung einbezogen wird, in der Sache aber auszusprechen ist, dass ein Ausgleich des Anrechts nicht stattfindet.
Das Anrecht bei der Beschwerdeführerin ist kein gem. § 2 Abs. 2 VersAusglG im Versorgungsausgleich auszugleichendes Anrecht. Bei einer sogn. Kinderrentenversicherung, wie sie hier vorliegt, kommt es auf die konkrete vertragliche Ausgestaltung an, ob die Anwartschaft im Versorgungsausgleich auszugleichen ist. Vorliegend scheidet ein Ausgleich deswegen aus, weil nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG nur Anrechte ausgeglichen werden, die der Absicherung im Alter des betreffenden Ehegattens dienen. Ausweislich des vorgelegten Vertrages ist als Rentenbeginn aber der 1.5.2075 vereinbart. Zu diesem Zeitpunkt ist die Antragsgegnerin 96 Jahre alt, der gemeinsame Sohn hingegen 67 Jahre. Ersichtlich dient der Vertrag damit nicht der Altersabsicherung der Antragsgegnerin, sondern der des Sohnes. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Antragsgegnerin Versicherungsnehmerin und Bezugsberechtigte ist. Dies führt allein dazu, dass der Vertrag ggfs. im Rahmen des ehelichen Güterrechts auszugleichen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 FamFG. Es entspricht der Billigkeit, keine Kosten zu erheben. Hinsichtlich des Verfahrenswertes war der Mindestwert anzusetzen. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Der Beschluss ist mit Rechtsmitteln nicht anfechtbar.
Fundstellen