Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandsgleichheit und Einforderung mehrerer Beträge
Normenkette
RVG-VV Nr. 1008
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 18.04.2007; Aktenzeichen 417 O 128/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg, Kammer 17 für Handelssachen, vom 18.4.2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde tragen die Klägerinnen nach einem Wert von 48,93 EUR.
Gründe
Mit Beschluss vom 5.2.2007 wurde festgestellt, dass die Parteien sich u.a. dahingehend verglichen haben, dass die Klägerinnen 25 %, die Beklagte 75 % der Kosten des Rechtstreits tragen sollen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.4.2007 hat daraufhin die Rechtspflegerin des LG im Wege der Ausgleichung gem. § 106 ZPO die von der Beklagten an die Klägerinnen als Gesamtgläubiger zu erstattenden Kosten auf 3.231,25 EUR festgesetzt. Nicht berücksichtigt wurde bei der Berechnung eine von den Klägerinnen beantragte Erhöhung der Gebühr wegen einer Tätigkeit für mehrere Auftraggeber (1.287,90 EUR).
Dieser Kostenfestsetzungsbeschluss wurde den Klägerinnen 24.4.2007 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 25.4.2007, eingegangen am 26.4.2007, haben sie hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt. Das LG hat diesem Rechtsmittel nicht abgeholfen.
Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde gem. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1, 2 ZPO 567 Abs. 2 ZPO statthaft; auch der Beschwerdewert gem. § 567 Abs. 2 ZPO ist erreicht (dazu im Einzelnen unten III.). Die Beschwerde ist ferner gem. § 569 Abs. 1 zulässig, insb. rechtzeitig eingelegt worden.
In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg, weil die Kostenfestsetzung durch das LG zutreffend erfolgt ist. Eine Erhöhungsgebühr gemäß 1008 RVG-VV war aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht anzusetzen.
Voraussetzung hierfür ist nämlich nicht allein ein Tätigwerden für mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit. Es muss vielmehr darüber hinaus auch Gegenstandsgleichheit gegeben sein. Bei unterschiedlichen Gegenständen findet eine Berücksichtigung etwaiger Mehrarbeit demgegenüber durch eine Addition der Werte statt (Riedel/Sußbauer/Fraunholz, RVG, 9. Aufl., § 7 Rz. 39). Würde man sodann auf die zusammengerechneten Werte noch eine Erhöhungsgebühr berechnen, würde sich eine doppelte Begünstigung ergeben (Gerold/Schmidt/van Eicken, RVG, 16. Aufl., RVG-VV 1008 Rz. 68).
Gegenstandsgleichheit liegt nur dann vor, wenn der Anwalt wegen desselben Rechts oder Rechtsverhältnisses tätig wird. Daran fehlt es entgegen der Ansicht der Klägerinnen. Gegenstandsgleichheit wird u.a. dann angenommen, wenn mehrere Berechtigte als Gesamtgläubiger gegen einen Schuldner vorgehen und in dieser Eigenschaft Erfüllung in einer Summe verlangen (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, AnwBl. 1988, 70 f.). Demgegenüber fehlt es daran, wenn mehrere Berechtigte unterschiedliche Beträge fordern (OLG Frankfurt, JurBüro 1983, 1191; vgl. zu allem auch Gerold/Schmidt/von Eicken, RVG, 16. Aufl., RVG-VV 1008 Rz. 70 m.w.N.)
Vorliegend machen die Klägerinnen nicht etwa einheitlich einen Anspruch geltend. Sie begehren - wie sie im Verlauf des Rechtsstreits klargestellt haben - gerade nicht Erfüllung insgesamt an sich als Einheit. Es werden vielmehr entsprechend der jeweiligen quotalen Beteiligung und in Höhe des auch nur insoweit anteilig übergegangenen Schadensersatzanspruchs des Versicherungsnehmers Rechte geltend gemacht. Dies folgt aus der Tatsache, dass bei einer Transportversicherung in Gestalt einer sog. offenen Mitversicherung in Wahrheit mehrere (gebündelte) Verträge vorliegen (Thume/de la Motte/Ehlers, Transportversicherungsrecht 2004, 3 AV Güter Rz. 627).
Die Nebenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich des Beschwerdewertes war zu berücksichtigen, dass sich im Fall einer Festsetzung durch Ausgleichung gem. § 106 ZPO die jeweilige Beschwer danach richtet, in welchem Umfang sich bei einem Erfolg - durch Einbeziehung bzw. Außerachtlassung einzelner Kostenpositionen - das Endergebnis ändert (vgl. MK-Belz, ZPO, 2. Aufl., § 106 Rz. 13; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 106 Rz. 7); es kommt nicht auf die Einzelposition als solche an. Danach sind die Klägerinnen hier lediglich i.H.v. 248,93 EUR beschwert.
Fundstellen
MDR 2007, 1044 |
RVGreport 2008, 105 |
OLGR-Nord 2007, 533 |