Normenkette

EGRL 24/2009 Art. 4 Abs. 2; UWG § § 3, 5, 5a Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 5a Nr. 8; UrhG § 69c Nr. 3 S. 2, § 69d

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 19.04.2016; Aktenzeichen 327 O 160/16)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 27 vom 19.4.2016 (327 O 160/16), abgeändert.

Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, verboten,

bloße Produktschlüssel für Microsoft-Computerprogramme zu vertreiben und/oder anzubieten, ohne den Verbraucher darüber zu informieren, wie seine Rechte zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Programms ausgestaltet sind und wenn dies geschieht wie im streitgegenständlichen Angebot in der Anlage zum vorliegenden Beschluss wiedergegeben.

2. Der weiter gehende Antrag der Antragstellern aus dem Schriftsatz vom 30.5.2016 (dort Ziffer 1.) sowie der Hilfsantrag werden zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Verfahrens haben die Antragstellern und die Antragsgegnerin jeweils die Hälfte zu tragen.

4. Der Streitwert wird auf 150.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin wegen eines ihrer Auffassung nach wettbewerbswidrigen Angebots von Produktschlüsseln für Microsoft-Computerprogramme in Anspruch. Beide Parteien vertreiben gebrauchte Software im Internet. Die Antragstellerin bot ausweislich des in der Anlage ASt3 wiedergegebenen Angebots auf der Plattform rakuten. de zu einem Preis von 9,99 EUR folgendes Produkt an:

"Windows 7 Home Premium 32/64 Bit inkl. kostenloses Upgrade -≫ Windows 10 Home (ESD-Lizenz)".

Auf der Grundlage dieses Angebots erwarb ein Testkäufer am 2.2.2016 bei der Antragsgegnerin das angebotene Produkt. Dem Testkäufer wurde am 27.2.2016 per elektronischer E-Mail ein sog. Produktschlüssel übermittelt.

Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 3.3.2016 (Anlage ASt4) ab. Die Antragsgegnerin gab keine Unterlassungserklärung ab (vgl. E-Mail vom 5.3.2016 in der Anlage ASt5).

Die Antragstellerin hat daraufhin am 31.3.2016 den Erlass einer einstweiligen Verfügung dahingehend beantragt, der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, bloße Lizenzkeys als Lizenzen für Microsoft-Computerprogramme zu vertreiben und/oder anzubieten, wenn dies geschieht wie in Anlage ASt3 wiedergegeben,

a) ohne den Verbraucher darüber zu informieren, wie die Rechte zur bestimmungsgemäßen Benutzung des Programms entsprechend der Entscheidung des BGH (GRUR 2015, 272, 278 Rn. 64 - UsedSoft III) ausgestaltet sind;

b) ohne dem Verbraucher gegenüber anzugeben, dass zu keinem Zeitpunkt mehr Programmkopien existierten und existieren als nach dem Lizenzvertrag dem Lizenzinhaber erlaubt sind;

c) ohne den Verbraucher darauf hinzuweisen, dass dem Verbraucher nach Erwerb die Vorerwerber der Programmkopien mitgeteilt und entsprechende Nachweise zur Verfügung gestellt werden.

Zur Begründung hat die Antragstellerin vorgetragen, das Verkaufsangebot der Antragsgegnerin sei irreführend gemäß §§ 3, 5a UWG, da es keinerlei Information dahingehend enthalte, ob es sich bei dem Key um einen gebrauchten oder einen neuen handele. Der Verbraucher könne ohne weiteres den Eindruck gewinnen, eine gültige Lizenz zu erwerben, zumal die Antragsgegnerin das Produkt als "ESD-Lizenz" anbiete, wobei ESD für Electronic Software Distribution stehe. Dabei sei dem Verbraucher die Rechtekette mitzuteilen, was hier nicht geschehen sei. Der Verkauf eines solchen Lizenzkeys ohne die entsprechenden Informationen stelle eine grobe Irreführung durch Unterlassen der Mitteilung von wichtigen Verkaufsinformationen dar.

Das LG hat mit Verfügung vom 5.4.2016 (Bl. 23 d.A.) darauf hingewiesen, dass der Verfügungsantrag nicht hinreichend bestimmt und damit unzulässig sein dürfte.

Die Antragstellerin hat ihren Antrag mit Schriftsatz vom 11.4.2016 (Bl. 26 ff.) neu gefasst und beantragt,

der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, bloße Lizenzkeys als Lizenzen für Microsoft-Computerprogramme zu vertreiben und/oder anzubieten, wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben:

[es folgt eine Bezugnahme auf das streitgegenständliche Verkaufsangebot]

a) ohne den angesprochenen Käuferkreis (sowohl Endverbraucher wie auch Wiederverkäufer) deutlich und unmissverständlich darüber aufzuklären, ob es sich bei dem verkauften Produkt um einen neuen oder einen gebrauchten Produktkey handelt;

b) für den Fall, dass ein neuer Produktkey angeboten und/oder verkauft wird, dem Käufer spätestens bei Übersendung der Kaufunterlagen und des Keys den Nachweis zu erbringen, dass dieser "neue" Produktkey vom Veräußerer direkt vom Rechteinhaber Microsoft und/oder mit dessen Zustimmung erworben wurde,

c) den Käufer deutlich und unmissverständlich darauf hinzu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?