Leitsatz (amtlich)

Wer über das Internet Computerprogramme eines bekannten Herstellers mit dem Angebot der bloßen Übermittlung eines Produktschlüssels vertreibt, kann lauterkeitsrechtlich dazu verpflichtet sein, den Verbraucher im Internet-Angebot über die Ausgestaltung seiner Rechte zur bestimmungsgemäßen Nutzung zu informieren (Anschluss OLG Hamburg v. 16.06.2016 - 5 W 36/16 - juris).

 

Normenkette

UWG §§ 3, 5a

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 102 O 98/17)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Kammer für Handelssachen 102 des Landgerichts Berlin vom 13. September 2017- 102 O 98/17 - geändert:

Dem Antragsgegner wird

bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt,

bloße Produktschlüssel für Microsoft-Computerprogramme an Verbraucher zu vertreiben und/oder anzubieten, ohne den Verbraucher darüber zu informieren, wie seine Rechte zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Programms ausgestaltet sind, wenn dies geschieht wie aus nachfolgend eingeblendeter Anlage SW01 ersichtlich:

"Anmerkung: Die Wiedergabe entfällt aus technischen Gründen."

II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 34.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, bundesweiter Softwarevertreiber zu sein, und dass der Antragsgegner ebenfalls Software vertreibt, und zwar über eBay, wie beispielsweise aus obigem Verbotsausspruch ersichtlich, was der Antragsteller hinsichtlich der (vermeintlich) verschafften urheberrechtlichen Nutzungsrechte für informationsdefizitär hält. Das Landgericht hat den diesbezüglichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die - form- und fristgerecht eingelegte - sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 567 ff. ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die begehrte einstweilige Verfügung ist gemäß §§ 3, 5a, 8, 12 Abs. 2 UWG zu erlassen. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Ob das Landgericht Berlin die Frage seiner örtlichen Zuständigkeit (gemäß § 14 Abs. 2 UWG; dazu näher Hess in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl., § 14 Rn. 18 ff. m.w.N.) vollumfänglich zu Recht bejaht hat, ist im aktuellen Verfahrensstadium mit Blick auf § 571 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht zu prüfen.

2. Ein Vorliegen des gemäß §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Verfügungsgrundes wird im Streitfall gemäß § 12 Abs. 2 UWG vermutet.

3. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass der Antragsteller gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG zur Geltendmachung des hier in Rede stehenden Unterlassungsanspruchs gegen den Antragsgegner sachbefugt ist.

4. Das Landgericht hält den (obigem Verbot im Wesentlichen entsprechenden) Antrag für nicht hinreichend bestimmt, weil unklar bleibe, welche konkreten Informationen über die Rechte zur bestimmungsgemäßen Nutzung der Software nach Auffassung des Antragstellers vom Antragsgegner verlangt würden. Dem wird nicht zugestimmt. Der Senat hält den Antrag für hinreichend bestimmt i.S. von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (ebenso OLG Hamburg v. 16.06.2016 - 5 W 36/16, juris Rn. 26, 29, 35, 36; OLG Frankfurt v. 17.11.2016 - 6 U 167/16, juris Rn. 9, 11, 18).

a) Nach besagter Vorschrift darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (BGH GRUR 2016, 1076, Rn. 11 - LGA tested).

b) Diesen Anforderungen genügt der Verbotsantrag. Der Antragsteller hat ein Verbot des Angebots und Vertriebs begehrt, wenn nicht darüber informiert wird, wie die Rechte des Verbrauchers zur bestimmungsgemäßen Nutzung der Software ausgestaltet sind. Aus dieser Formulierung erschließt sich zwar nicht, auf welche fehlenden Informationen sich der Verbotsantrag bezieht. Insofern handelt es sich auch nicht um eine Ausnahme von dem erstrebten Verbot, sondern um die Umschreibung seines Gegenstands und seiner Zielrichtung. Der Antragsteller beanstandet das Angebot und den Vertrieb der Software nicht als solches, sondern deshalb, weil es keine Informationen zu den diesbezüglichen Rechten enthält.

Zur Auslegung eines Unterlassungsantrags ist jedoch nicht allein auf den Wortlaut abzustellen, sondern ist ergänzend der zur Begründung gehaltene Klagevortrag heranzuziehen (BGH GRUR 2016, 1076, Rn. 14 - LGA tested). Aus dem Vorbringen des Antragstellers ergibt sich, dass er - zusammengefasst - Angaben dazu für geboten hält, ob dem Verbraucher der versprochene Kaufgegenstand in Umsetzung der - im Einzelnen dargestellten - aktuellen höchstrichterlichen Rechtssprechung zu den Voraussetzungen des legalen Vertriebs und Gebrauchs von "gebra...

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