Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 23.03.2015; Aktenzeichen 326 O 22/15) |
Tenor
Auf die Streitwertbeschwerde der Kläger wird die Streitwertfestsetzung in Ziffer II. des Beschlusses des LG Hamburg vom 23.3.2015, Geschäfts-Nr. 326 O 22/15, - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - geändert:
Der Streitwert wird auf 132.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertbeschwerde ist gemäß § 68 GKG zulässig.
Sie ist aber nur zu einem geringen Teil begründet.
Bei einer Klage, die auf Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrages und auf Feststellung der Rückabwicklung gerichtet ist, ist grundsätzlich auf den Nettodarlehensbetrag und nicht auf den Zinsschaden abzustellen.
Diese Frage ist zwar umstritten. Die genannte Auffassung entspricht aber der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 29.9.2009, XI ZR 498/07, zitiert nach juris; vgl. auch den bereits vom LG zitierten Beschluss des BGH vom 10.3.2015, XI ZR 121/14).
Mit der begehrten Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs und der Umwandlung des Darlehensvertrages in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis soll das Wesen des zwischen den Parteien bestehenden Schuldverhältnisses mit Rechtskraftwirkung neu festgelegt werden. Sie betrifft daher das Vertragsverhältnis im Ganzen und nicht einzelne, daraus etwa resultierende materiell-rechtliche Ansprüche. Der Wert dieses Vertragsverhältnisses wird aber entscheidend durch den Nettodarlehensbetrag bestimmt; dieser Betrag ist daher der Streitwertbemessung zugrundezulegen. Dabei ist es unerheblich, dass über die Verpflichtung der Kläger, den Nettodarlehensbetrag im Ergebnis an die Beklagte zurückzahlen zu müssen, letztlich kein Streit besteht (ähnlich auch OLG Köln, Beschluss vom 18.11.2014, 13 W 50/14, zitiert nach juris, Tz. 5, allerdings auf die offene Darlehensvaluta abstellend).
Maßgebend ist dabei nach Auffassung des Senats nicht die offene Darlehensvaluta (die das LG seinem Streitwertbeschluss zugrunde gelegt hat; so auch das OLG Köln a. a. O). Wenn - wie ausgeführt - das gesamte Schuldverhältnis Gegenstand des Rechtsstreits ist, kann es nicht darauf ankommen, in welchem Umfang es bereits erfüllt oder rückabgewickelt worden ist. So versteht der Senat auch die beiden oben zitierten Beschlüsse des BGH vom 29.9.2009 und vom 10.3.2015. Die Entscheidung des BGH NJW 1997, 1787, in der auf die offene Darlehensvaluta abgestellt wird, ändert daran nichts, weil es dort um einen anderen Sachverhalt ging. Dort ging es um die Wirksamkeit einer Kündigung des Darlehensgebers und die mit der negativen Feststellungsklage geltend gemachte Abwehr einer sofortigen Geltendmachung der noch offenen Darlehensvaluta. Auszugehen ist daher hier von 165.000 EUR und nicht nur von 135.625,98 EUR. Auf die offene Darlehensvaluta wäre nur abzustellen, wenn es sich um eine negative Feststellungsklage handeln würde (etwa gerichtet auf Feststellung, dass dem Darlehensgeber keine Ansprüche zustehen; vgl. dazu die im Schriftsatz vom 21.5.2015 zitierte Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 11.4.2015, 17 W 21/05, zitiert nach juris, Tz. 3, wobei die dort gestellten Klaganträge nicht wiedergegeben worden sind; vgl. auch die im Schriftsatz vom 21.5.2015 zitierte Entscheidung des OLG Brandenburg vom 17.1.2007, 3 U 228/05, zitiert nach juris, Tz. 14 (Antrag) und 24).
Nach Auffassung des Senats ist vom Nettodarlehensbetrag (165.000 EUR) ein 20 %-iger Abschlag zu machen, weil es sich (nur) um eine positive Feststellungsklage handelt (vgl. insoweit OLG Köln a.a.O.). Es ergibt sich dann der Streitwert von 132.000 EUR.
Der Senat folgt der Ansicht des OLG Schleswig (Beschluss vom 30.6.2015, 5 W 34/15) nicht, dass eine Klage der vorliegenden Art als (negative) Feststellungsklage, gerichtet auf die Feststellung des Nichtbestehens einer Darlehensverbindlichkeit, zu verstehen ist (vgl. die Anlage zum Schriftsatz vom 7.7.2015). Wie oben ausgeführt, betrifft eine Klage der vorliegenden Art das Schuldverhältnis als Ganzes und nicht einzelne daraus resultierende Ansprüche. Insoweit handelt es sich aber um eine positive und nicht um eine negative Feststellungsklage, so dass - wie in solchen Fällen üblich - ein 20 %-iger Abschlag zu machen ist.
Selbst wenn man das anders sehen wollte, würde sich jedenfalls im vorliegenden Fall kein so erheblich anderer Streitwert ergeben, dass dies zu einem Gebührensprung führen würde. Wenn man den Antrag des Klägers (anders als der Senat, aber so wie das OLG Schleswig in dem zitierten Beschluss) als negative Feststellungsklage verstehen würde, wäre diese auf Abwehr der Geltendmachung der noch offenen Darlehensvaluta gerichtet (so auch das OLG Schleswig), so dass der (gesamte und teilweise bereits zurückgezahlte) Nettodarlehensbetrag nicht maßgebend wäre. Das wären dann die vom LG festgesetzten 135.625,98 EUR.
Fundstellen
Haufe-Index 8696024 |
NJW 2015, 8 |
NJOZ 2016, 1180 |