Verfahrensgang
LG Hamburg (Entscheidung vom 29.06.2011; Aktenzeichen 622 Qs 25/11) |
Tenor
Die weitere Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 22, vom 29. Juni 2011 - betreffend die Anordnung des dinglichen Arrestes durch das Amtsgericht Hamburg vom 3. November 2010 (Az.: 162 Gs 442/10) - wird auf Kosten des Beschwerdeführers mit der Maßgabe verworfen, dass der dingliche Arrest in das Vermögen des Beschuldigten in Höhe von 178.377,09 Euro angeordnet wird.
Gründe
I. Das Amtsgericht Hamburg hat auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluss vom 3. November 2010 wegen des Anspruchs der Freien und Hansestadt Hamburg auf Verfall von Wertersatz (§§ 73 Abs. 1 S. 1, 73 a StGB) bzw. wegen der Ansprüche Geschädigter (§§ 73 Abs. 1 S. 2, 73 a StGB, so genannte Rückgewinnungshilfe) gegen den Beschuldigten zugunsten der Freien und Hansestadt Hamburg den dinglichen Arrest gem. §§ 111 b Abs. 2 und 5, 111 d Abs. 1 S. 1, 111 e Abs. 1 S. 1 StPO in Höhe von 178.377,89 Euro in das Vermögen des Beschuldigten angeordnet. Das Amtsgericht war der Auffassung, der Beschuldigte sei durch eine Vielzahl selbständiger Straftaten dringend des Diebstahls in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit Verwahrungsbruch verdächtig, indem er in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 29. Juli 2010 als Mitarbeiter des Krematoriums Hamburg-Ö. die nach Verbrennung der Leichen verbliebene Asche gezielt nach Edelmetallen, insbesondere Zahngold, durchsucht und diese Gegenstände in unbeobachteten Momenten eingesteckt habe, um sie später an Edelmetallhändler zu veräußern, und insgesamt aus diesen Veräußerungen 178.377,89 Euro erlöst habe; es sei zu befürchten, dass ohne die Sicherungsmaßnahme die spätere Vollstreckung des aus der Verfallsanordnung erwachsenen Zahlungsanspruchs der Freien und Hansestadt Hamburg bzw. der Ansprüche der Geschädigten vereitelt oder wesentlich erschwert werden könne. Die hiergegen von dem Beschuldigten am 28. April 2011 eingelegte Beschwerde hat das Landgericht Hamburg durch Beschluss vom 29. Juni 2011 verworfen. Gegen diese Entscheidung hat der Beschuldigte am 16. September 2011 weitere Beschwerde eingelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat auf Verwerfung der weiteren Beschwerde angetragen.
II. Die weitere Beschwerde des Beschuldigten ist zulässig (§§ 304, 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO), aber nach Maßgabe der Entscheidungsformel dieses Beschlusses unbegründet.
1. Gemäß § 310 Abs. 1 StPO können vom Landgericht auf eine Beschwerde hin erlassene Beschlüsse mit weiterer Beschwerde angefochten werden, wenn sie eine Verhaftung, eine einstweilige Unterbringung oder eine qualifizierte Anordnung des dinglichen Arrestes betreffen. Nach dem Wortlaut des § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO ist die weitere Beschwerde nur bei einer durch das Beschwerdegericht ausgesprochenen Anordnung eines dinglichen Arrestes über einen Betrag von mehr als 20.000,-- Euro eröffnet. Dem gleichzustellen ist jedoch die Fallkonstellation einer durch Beschwerdeentscheidung aufrechterhaltenen (ursprünglichen) Arrestanordnung (HansOLG Hamburg in NStZ 2009, 232; KG in wistra 2010, 317; OLG München in wistra 2011, 400; OLG Oldenburg in StV 2011, 613; vgl. auch Senat in StV 2009, 122).
2. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht nach Maßgabe der Entscheidungsformel dieses Beschlusses die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Arrestbeschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 3. November 2010 verworfen. Das weitere Beschwerdevorbringen führt zu keiner abweichenden Bewertung.
a) Der Freien und Hansestadt Hamburg steht als Gläubigerin ein Arrestanspruch gegen den Beschwerdeführer zu, weil die Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz (§§ 111 b Abs. 2 StPO i.V.m. §§ 73 Abs. 1 S. 1, 73 a StGB) bzw. die Voraussetzungen einer Rückgewinnungshilfe (§§ 111 b Abs. 5 StPO i.V.m. §§ 73 Abs. 1 S. 2, 73 a StGB) in Höhe von 178.377,09 Euro hochwahrscheinlich vorliegen.
Gemäß § 111 b Abs. 3 Satz 3 StPO verlangt die Aufrechterhaltung einer Arrestanordnung über die Dauer von zwölf Monaten hinaus das Vorliegen dringender Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen eines späteren Verfalls vorliegen. Der Begriff der "dringenden Gründe" ist identisch mit demjenigen des § 111 a StPO, so dass diese vorliegen, wenn das Ergehen der endgültigen Anordnung in hohem Maße wahrscheinlich ist (KG, aaO., 319; vgl. Nack in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., § 111 b Rdn. 9; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 111 b Rdn. 8 i.V.m. § 111 a Rdn. 2). Dieser höhere Verdachtsgrad ist vorliegend gegeben.
aa) Der Beschuldigte ist dringend verdächtig, in einer Vielzahl von Fällen einen versuchten Diebstahl in einem wegen Gewerbsmäßigkeit besonders schweren Fall in Tateinheit mit Verwahrungsbruch sowie Störung der Totenruhe (§§ 242 Abs. 1 und Abs. 2, 243 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3, § 133 Abs. 1 und Abs. 3, 168 Abs. 1, 1. Alt., 22, 52, 53 StGB) dadurch begangen zu haben, dass er in dem Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 29. Juli 2010 hochwahrscheinlich Edelmetalle, insbesondere Zahngold,...