Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Ehezeitende nach eigenem Scheidungsantrag des Gegners bei zeitlich vorausgehendem PKH-Verfahren des anderen Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

Schwebt das zeitlich zuerst eingeleitete Scheidungsverfahren eines Ehegatten nur als Prozesskostenhilfeverfahren, handelt es sich bei dem anlässlich der Anhörung zum Prozesskostenhilfeantrag eingereichten eigenen Ehescheidungsantrag des Gegners um die erste Antragsschrift, die mit Zustellung zur Rechtshängigkeit führt und das Ehezeitende zum Ende des Monats begründet, der dem Eintritt der Rechtshängigkeit vorausgeht.

 

Normenkette

BGB § 1587 Abs. 2

 

Verfahrensgang

FamG Hamburg-Blankenese (Urteil vom 17.11.2008; Aktenzeichen 514 F 53/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Wehrbereichsverwaltung Süd wird die im Urteil des Familiengerichts Hamburg-Blankenese, Abt. 514, vom 17.11.2008 (Az. 514 F 53/08) enthaltene Entscheidung über den Versorgungsausgleich wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Zu Lasten der für den Ehemann bei der Wehrbereichsverwaltung Süd (Pers.-Nr. 7/130945 S 10319) bestehenden Versorgungsanwartschaften werden auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Konto-Nr. 68 141147 A 500) für die Ehefrau Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 1.782,40 EUR bezogen auf den 29.2.2008 in Entgeltpunkten begründet.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsmittelverfahrens werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert der Beschwerdeinstanz wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die von der Wehrbereichsverwaltung Süd eingelegte Berufungsbeschwerde ist zulässig (§§ 629a Abs. 2, 621e Abs. 1, 3, 621 Abs. 1 Ziff. 6 ZPO, § 20 FGG) und auch begründet.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung, weil alle Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben und der Sachverhalt ausreichend geklärt ist.

I. Zu bestimmen war zunächst das maßgebliche Ehezeitende.

1. Das Urteil ist insofern widersprüchlich, als es im Tenor den Versorgungsausgleich bezogen auf den 31.3.2008 vornimmt, in den Gründen jedoch auf eine Berechnung Bezug nimmt, in der es vorab heißt: "Die Ehezeit begann am 1.6.1970. Sie endete am 29.2.2008". In der Akte befinden sich inhaltlich unterschiedliche richterliche Vermerke bezogen auf diese beiden Zeitpunkte. Im Ergebnis sind die Versorgungsträger aufgefordert gewesen, ihre Auskünfte bezogen auf den 29.2.2008 zu erteilen und sie sind dem gefolgt.

2. Die Ehezeit endete tatsächlich am 29.2.2008.

Gemäß § 1587 Abs. 2 BGB gilt als Ehezeit die Zeit vom Beginn des Monats, in dem die Ehe geschlossen wurde, bis zum Ende des Monats, der dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages vorausgeht. Der Begriff der Rechtshängigkeit entspricht § 253, § 261 ZPO. Die bloße formlose Zustellung des Scheidungsantrags - etwa im Rahmen eines Prozesskostengesuches - genügt nicht (Johannsen/Henrich-Hahne, 4. Aufl., § 1587 Rz. 33).

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. etwa BGH FamRZ 2006, 260) wird das Ende der Ehezeit durch den Eintritt der Rechtshängigkeit desjenigen Scheidungsantrags bestimmt, der den zur Scheidung führenden Rechtsstreit ausgelöst hat. Dies gilt auch dann, wenn es zur Aussetzung oder zum tatsächlichen Stillstand des Scheidungsverfahrens gekommen war (BGH FamRZ 2004, 1364). In gleicher Weise wird entschieden in Fällen, in denen der ursprüngliche Scheidungsantrag in der mündlichen Verhandlung nicht mehr gestellt wird, die Ehe aber in demselben Verfahren auf den Antrag des Gegners geschieden wird (BGH FamRZ 1982, 153 = NJW 1982, 280; zu weiteren Fallgestaltungen vgl. Johannsen/Henrich-Hahne, § 1587 Rz. 31). Bei verzögerter Zustellung des Scheidungsantrages wegen eines vorgeschalteten Prozesskostengesuches gilt insofern nichts anderes (BGH FamRZ 1982, 1005).

Stellen beide Parteien einen Scheidungsantrag, kann gleichwohl fraglich sein, auf die Zustellung welches der beiden Anträge abzustellen ist. Es kommt dann darauf an, ob der Ehescheidungsantrag des Ehemannes noch im Rahmen des auf die Klage der Ehefrau anhängig gewordenen Scheidungsverfahren gestellt worden ist oder ob ein neues Verfahren in Gang gesetzt worden ist, wobei ein zeitlich späterer Antrag im Allgemeinen als bloßer Gegenantrag zu verstehen ist, weil sonst der Einwand der Rechtshängigkeit entgegenstehen könnte (BGH FamRZ 1983, 38, bei juris Rz. 16; BGH FamRZ 1991, 1042, bei juris Rz. 7).

Der vorliegende Fall weist indes die Besonderheit auf, dass die Ehefrau zunächst nur ein Prozesskostenhilfegesuch für die Scheidungsklage eingereicht hatte, dass dem Ehemann formlos übersandt wurde. Der Ehemann stellte mit Schriftsatz vom 26.3.2008 seinerseits einen eigenen Scheidungsantrag, der der Ehefrau am 31.3.2008 zugestellt wurde, während es zur förmlichen Zustellung der Scheidungsklage der Ehefrau an den Ehemann erst am 11.4.2008 kam.

Würde es sich beim Antrag des Ehemannes um einen bloßen Gegenantrag in einem bereits rechtshängigen Scheidungsverfahren handeln, bliebe für das Ehezeitende maßgeblich d...

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