Leitsatz (amtlich)
Ein aufgrund einer einstweiligen Verfügung vor Verjährung des Unterlassungsanspruchs ergangener und vollstreckter Ordnungsmittelbeschluss nach § 890 ZPO ist nicht gem. §§ 775 Abs. 1 Nr. 1, 776 ZPO aufzuheben, wenn nach Erhebung der Verjährungseinrede das Verfügungsverfahren einseitig für erledigt erklärt und sodann im Urteil die Feststellung der Erledigung infolge Verjährungseintritts ausgesprochen wird.
Normenkette
ZPO §§ 91a, 775 Abs. 1 Nr. 1, §§ 776, 890
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 11.03.2011) |
Tenor
Die Beschwerde der Schuldnerin vom 29.3.2011 gegen den Beschluss des LG Hamburg vom 11.3.2011 wird auf ihre Kosten nach einem Beschwerdewert von EUR 1003,50 zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Schuldnerin begehrt die Aufhebung eines Ordnungsmittelbeschlusses, nachdem auf einseitige Erledigungserklärung der Gläubigerin ein Erledigungsfeststellungsurteil ergangen ist. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Wegen einer fehlerhaften Impressums-Angabe im Internet erwirkte die Gläubigerin gegen die Schuldnerin am 30.5.2008 eine einstweilige Verfügung. Die Schuldnerin erhob am 20.6.2008 Widerspruch, den sie jedoch in der Folge zunächst nicht begründete. Am 25.6.2008 verstieß die Schuldnerin gegen das ihr mit der einstweiligen Verfügung auferlegte Unterlassungsgebot, woraufhin die Gläubigerin am 26.6.2008 Antrag auf Verhängung eines Ordnungsmittels stellte. Am 23.9.2008 unterwarf sich die Schuldnerin strafbewehrt und die Gläubigerin nahm diese Unterwerfung "unter Verzicht auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung ab dem 23.9.2008" an. Am 4.2.2009 verhängte das LG gegen die Schuldnerin ein Ordnungsgeld i.H.v. 1.000 EUR; die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin blieb erfolglos. Sodann zahlte die Schuldnerin das Ordnungsgeld. Im September 2010 forderte die Schuldnerin die Gläubigerin wegen inzwischen eingetretener Anspruchsverjährung erfolglos außergerichtlich dazu auf, vollständig auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung zu verzichten, und erhob sodann erneut - nun mit einer Begründung versehen - Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG erklärte die Gläubigerin ihren Antrag für erledigt. Die Schuldnerin schloss sich der Erledigungserklärung nicht an. Das LG urteilte sodann, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei, und führte zur Begründung aus, dass der Antrag ursprünglich zulässig und begründet gewesen sei, jedoch für die Zeit ab dem 23.9.2008 schon durch die Unterwerfung der Schuldnerin, nach Eintritt der Verjährung auch für den davor liegenden Zeitraum unbegründet geworden sei.
II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Ordnungsgeldbeschluss vom 4.2.2009 ist nicht in (analoger) Anwendung der §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO aufzuheben, weil das LG (auch) für den vor der Unterwerfung liegenden Zeitraum infolge der Verjährungseinrede der Antragsgegnerin und einseitiger Erledigungserklärung der Antragstellerin die Erledigung der Hauptsache festgestellt hat.
Zwar werden mit Rechtskraft eines nach einseitiger Erledigungserklärung des Klägers/Antragstellers ergehenden Erledigungsfeststellungsurteils zuvor ergangene, nicht rechtskräftige Entscheidungen - hier: die einstweilige Verfügung - gegenstandslos (Bork in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1993, § 91a Rz. 41). Die dem Erledigungsfeststellungsurteil innewohnende Entscheidungswirkung rechtfertigt allerdings nach Auffassung des Senats die Aufrechterhaltung des vorliegend ergangenen Ordnungsmittelbeschlusses.
Durch die einseitige Erledigungserklärung des Klägers bei aufrechterhaltenem Klageabweisungsantrag des Beklagten dauert nach in der Rechtsprechung und Literatur herrschender Auffassung, der auch der Senat folgt, die Rechtshängigkeit der Klage - anders als bei übereinstimmender Erledigungserklärung - mit dem geänderten Klageziel fort festzustellen, ob die Klage tatsächlich erledigt ist (s. nur Zöller/Vollkommer, 27. Aufl. 2009, § 91a Rz. 34 m.w.N.). Die Feststellung der Erledigung kann nur dann ausgesprochen werden, wenn der mit der Klage ursprünglich geltend gemachte Anspruch erst infolge des erledigenden Ereignisses unzulässig oder unbegründet geworden ist, bis dahin jedoch zulässig und begründet war (st. Rspr., s. nur BGH NJW 2001, 2262 m.w.N.). Insofern sagt die Erledigungsfeststellung - unabhängig von der streitigen Frage, wie weit ihre Rechtskraft reicht (s. dazu etwa Zöller/Vollkommer, § 91a Rz.. 46: "Hauptsache gegenstandslos"; Bork in Stein/Jonas, § 91a Rz. 45: "ursprünglich zulässig und begründete Klage später unzulässig oder unbegründet geworden") - durchaus etwas über den sachlichen Gehalt des geltend gemachten Anspruchs aus (vgl. OLG Schleswig, JurBüro 1984, 1741). Im vorliegenden Fall ist dem Urteil des LG zu entnehmen, dass dem ursprünglich zulässigen und begründeten, in der einstweiligen Verfügung titulierten Unterlassungsanspruch zwischenzeitlich die Einrede der Verjährung entgegensteht, dass mithin di...