Leitsatz (amtlich)
Die strafschärfende Berücksichtigung einer eingeräumten anderen Tatbegehung setzt vor deren rechtskräftigen Verurteilung im Hinblick auf die Unschuldsvermutung gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK voraus, dass diese Tatbegehung im Beisein eines Verteidigers glaubhaft vor einem Richter eingeräumt und dieses Geständnis nicht widerrufen worden ist.
Normenkette
StGB § 46; EMRK Art. 6 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hamburg (Entscheidung vom 26.04.2016; Aktenzeichen 705 Ns 129/15) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 5, vom 26. April 2016 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
I.
Mit Urteil vom 23. September 2015 hat das Amtsgericht Hamburg-Harburg den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.
Gegen dieses Urteil haben die Staatsanwaltschaft am 24. September 2015 und der Angeklagte am 30. September 2015 Berufung eingelegt. Nachdem das schriftliche Urteil auf Anordnung des Vorsitzenden am 22. Oktober 2015 an die Staatsanwaltschaft zugestellt worden ist, hat diese mit am 30. Oktober 2015 eingegangener Berufungsrechtfertigung ihre Berufung "auf den Straffolgenausspruch" beschränkt.
In der Hauptverhandlung am 26. April 2016, in der auch der Angeklagte seine Berufung auf die Überprüfung des Strafmaßes beschränkt hat, hat das Landgericht Hamburg, Kleine Strafkammer 5, das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Harburg vom 23. September 2015 im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt wird. Zugleich hat es die Berufung des Angeklagten verworfen.
Gegen das landgerichtliche Urteil vom 26. April 2016 hat der Angeklagte am 3. Mai 2016 mit Schriftsatz seiner Verteidigerin Revision eingelegt. Nach Fertigstellung des Hauptverhandlungsprotokolls ist das schriftliche Urteil auf Anordnung der Kammervorsitzenden der Verteidigerin am 7. Juni 2016 zugestellt worden. Am 6. Juli 2016 hat der Angeklagte beantragt, das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurückzuverweisen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat darauf angetragen, die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO kostenpflichtig zu verwerfen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision (§§ 333, 341, 344, 345 StPO) hat - vorläufigen - Erfolg. Das wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Urteil des Landgerichts hält der durch die allgemeine Sachrüge des Angeklagten veranlassten revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Zu Recht hat das Landgericht keinen Schuldspruch und keine zugehörigen Feststellungen getroffen. Die Berufungsbeschränkungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten sind formell und materiell wirksam (§ 318 StPO).
a) In formeller Hinsicht liegen sowohl von Seiten des Angeklagten als auch von Seiten der Staatsanwaltschaft Erklärungen vor, aus denen sich der Beschränkungswille eindeutig ergibt.
b) Die Berufungsbeschränkungen von Staatsanwaltschaft und Angeklagtem auf den Rechtsfolgenausspruch sind materiell wirksam.
aa) Sachlich-rechtlich sind Berufungsbeschränkungen nach der so genannten Trennbarkeitsformel insoweit wirksam, als sie einem Rechtsmittelgericht die Möglichkeit eröffnen, den angefochtenen Teil des Urteils losgelöst vom nicht angegriffenen Teil der Entscheidung nach dem inneren Zusammenhang rechtlich und gegebenenfalls tatsächlich zu beurteilen, ohne eine Prüfung des übrigen Urteilsinhalts notwendig zu machen (vgl. zum Ganzen Senat in NStZ-RR 2006, 18, 19 m.w.N.).
(1) Unwirksam ist eine Beschränkung insbesondere, wenn die Feststellungen zur Tat, und sei es auch nur zur inneren Tatseite, so knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgeentscheidung bilden (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 318 Rn. 16 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügen die an verschiedenen Stellen im amtsgerichtlichen Urteil eingestreuten, knappen, aber insbesondere den Tatort, die Tatzeit und die Modalitäten der arbeitsteilig verwirklichten Tat sowie den Vorsatz und die erhebliche Betäubungsmittelintoxikation des Angeklagten zur Tatzeit mit bis zu 7 Gramm Heroin kennzeichnenden Angaben.
(2) Die Beschränkung der Berufung scheitert auch nicht an einer rechtsfehlerhaften Erörterung der Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten als Voraussetzung der Strafbarkeit. Nach der Trennbarkeitsformel steht der materiellen Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch zwar grundsätzlich nicht entgegen, wenn der Schuldspruch fehlerhaft ist, insbesondere die festgestellten Tatsachen nicht die rechtliche Würdigung tragen (Senat, a.a.O.; OLG Koblenz in NStZ-RR 2008, 120; Meye...