Leitsatz (amtlich)

Die nach dem Zweiten Weltkrieg neugegründeten Einzelorganisationen des Deutschen Roten Kreuzes genießen in Ermangelung einer landesgesetzlichen Regelung keine Kostenfreiheit vor Gerichten in Hamburg nach § 2 GKG.

 

Normenkette

GKG § 2; HmbLandesjustizkostenG § 11

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 11.05.2006; Aktenzeichen 324 O 928/05)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 24, vom 11.5.2006 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die von der Klägerin eingelegte sofortige Beschwerde ist als einfache Beschwerde nach § 66 Abs. 2 GKG zulässig.

Die Beschwerde ist nicht begründet. Der Kostenansatz des LG ist nicht zu beanstanden. Das gilt nicht nur für die zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitigen Gebührentatbestände und die Gebührenhöhe, sondern auch für die Entscheidung, dass der Klägerin keine Gebührenbefreiung zusteht.

§ 2 GKG sieht eine Gebührenbefreiung zugunsten der Klägerin nicht vor. Auch aus sonstigen Vorschriften lässt sich die von der Klägerin erstrebte Befreiung nicht herleiten.

§ 18 des DRK-Gesetzes vom 9.12.1937 (RGBl. 1937, 1330 f.) stellte das damalige Deutsche Rote Kreuz von Gebühren frei. Es ist unzweifelhaft, dass diese Vorschrift grundgesetzkonform ist und als Bundesrecht fortgilt. Ebenso unzweifelhaft ist aber auch, dass das ursprüngliche Deutsche Rote Kreuz 1945 durch Kontrollratsgesetz vom 10.10.1945 aufgelöst wurde und als Rechtspersönlichkeit aufhörte zu existieren. Die Neugründungen der Einzelorganisationen des Deutschen Roten Kreuzes wie auch der Klägerin selbst als Deutsches Rotes Kreuz e.V. führten zur Entstehung neuer Rechtspersönlichkeiten, auf welche die Vorschriften des DRK-Gesetzes aus dem Jahre 1937 nicht ohne Weiteres anwendbar sind (vgl. zu diesen Fragen eingehend Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, § 2 Rz. 15 f. und Rz. 31, zum Stichwort "Deutsches Rotes Kreuz"). Fast einhellig ist die Rechtsprechung der Auffassung, dass zumindest eine unmittelbare Anwendung des § 18 DRK-Gesetzes wegen der fehlenden Identität der Rechtspersönlichkeiten nicht zulässig ist (vgl. aus neuerer Zeit vor allem OLG München v. 30.9.1997 - 11 W 2536/97, MDR 1998, 184 = OLGReport München 1998, 283 = NJW-RR 1998, 719; OLG Koblenz JurBüro 1995, 650 f.).

Da sich eine ausdrückliche Regelung zugunsten der heutigen DRK-Organisationen nicht findet, wird erwogen, § 18 DRK-Ges. auf diese neugegründeten Rechtspersönlichkeiten analog anzuwenden, und zwar mit der Begründung, die gesetzlichen Regelungen seien lückenhaft, die Zielsetzungen und Aufgaben der früheren und der heutigen Organisationen des DRK aber vergleichbar.

Der Senat stimmt der Entscheidung des LG zu, wenn es davon ausgeht, dass eine Lückenhaftigkeit der gesetzlichen Regelungen nicht angenommen werden kann. Der Hamburger Landesgesetzgeber hat auf der Grundlage seiner ausdrücklichen Ermächtigung durch § 2 Abs. 3 S. 2 GKG eine abschließende Regelung zur Frage der Gebührenbefreiung geschaffen (§ 11 Hmb. Landesjustizkostengesetz v. 18.10.1957). Die Klägerin zählt danach nicht zu den von der Kostenpflicht entbundenen Organisationen, wobei die Aufzählung der gemeinnützigen Organisationen im Zusammenhang mit der Gebührenpflicht in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zeigt, dass dem Gesetzgeber die Problematik durchaus geläufig war.

Zu einer abschließenden Regelung war der Landesgesetzgeber auch angesichts des Umstandes befugt, dass es sich um Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung handelt. Sicher hätte der Landesgesetzgeber keine Regelung des Bundesrechts aufheben dürfen, die der Klägerin Gebührenfreiheit gewährt. An einer solchen Regelung fehlt es indessen. In Frage steht lediglich, ob eine Regelungslücke besteht und ob diese ggf. durch eine Analogie geschlossen werden kann (vgl. insb. die sehr eingehenden Ausführungen des OLG Koblenz in seiner Entscheidung JurBüro 1995, 650 f.). Nach dem in die Kompetenz des Landesgesetzgebers fallenden Regelungsakt kann von einer Regelungslücke, die die Möglichkeit der Anwendung des ursprünglichen DRK-Gesetzes eröffnen würde, keine Rede mehr sein.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1535365

MDR 2007, 55

OLGR-Nord 2006, 610

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