Leitsatz (amtlich)
Das Jugendamt als Ergänzungspfleger ist zu entlassen, wenn ein anderer geeigneter Einzelvormund zur Verfügung steht. Dabei ist der Nachrang der Bestellung des Jugendamtes nach § 1887 Abs. 1 BGB auch in dem Fall anzuwenden, in dem ein geeigneter Einzelvormund die Vormundschaft berufsmäßig führt.
Tenor
I. Die Beschwerde der Freien und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Hamburg - Mitte, Abteilung Amtsvormundschaften/Beistandschaften, gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg - St. Georg vom 4. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
II. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt. Der Wert des Verfahrens wird auf 1.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der bisherige Ergänzungspfleger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen seine Auswechslung gegen einen Einzelvormund durch das Amtsgericht.
Die Mutter des inzwischen 6-jährigen E. und des 1-jährigen J. ist alkoholkrank. Ihre Kinder wurden deswegen mehrfach in Obhut genommen. So wurde E. am 22. Mai 2017 sowie am 12. August 2017 und J. und E. am 2. November 2018 und am 9. Mai 2019 in Obhut genommen. Beide Kinder befinden sich seit der letzten Inobhutnahme in einem Kinderschutzhaus in Hamburg.
Mit Beschluss vom 13. Juni 2019 (Az. 985 F 144/19) entzog das Amtsgericht Hamburg - St. Georg im einstweiligen Anordnungsverfahren der allein sorgeberechtigten Mutter gemäß § 1666 BGB das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Erziehungsrecht sowie das Recht zur Regelung der ärztlichen Versorgung für beide Kinder. Soweit die Rechte der Mutter entzogen wurden, ordnete das Amtsgericht eine Ergänzungspflegschaft an und wählte das Bezirksamt Hamburg - Mitte, Abteilung Amtsvormundschaften, als Ergänzungspfleger aus. In den Entscheidungsgründen des Beschlusses führte das Amtsgericht aus, dass der Ergänzungspfleger nach Prüfung der Situation zu entscheiden habe, ob die Mutter zusammen mit den Kindern für die kommenden zwei Jahre in das Suchttherapiezentrum in Lokstedt gehen dürfe, oder ob die Kinder - wie vom Jugendamt favorisiert - von der Mutter getrennt in einer familienanalogen Wohngruppe unterzubringen seien. Im Ergebnis werde allein das Kindeswohl entscheidend sein.
Unter dem 15. August 2019 regte der Ergänzungspfleger zur Klärung der Fragestellung die Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Darauf leitete das Amtsgericht mit Beschluss vom 9. September 2019 von Amts wegen ein Hauptsachverfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls ein (Az. 985 F 241/19).
Im gerichtlichen Anhörungstermin am 2. Oktober 2019 führte der Ergänzungspfleger aus, dass er sich mit den einzelnen Optionen beschäftigt habe. Das Jugendamt habe aber eine Unterbringung der Mutter mit den Kindern in dem Suchttherapiezentrum abgelehnt. Die geäußerten Zweifel seien nicht von der Hand zu weisen. Eine Unterbringung gegen den Willen des Jugendamtes sei nicht in Frage gekommen, da dann die Finanzierung nicht gesichert gewesen wäre. Die Vorsitzende berichtete, dass sie sich vor dem Hintergrund der unveränderten Situation der Kinder im Kinderschutzhaus um eine private Ergänzungspflegschaft bemüht habe und Frau H. bereit sei, die Ergänzungspflegschaft zu übernehmen. Der Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter befürwortete diesen Vorschlag. Die Verfahrensbeiständin erklärte ausweislich des Protokolls der Anhörung, dass es gut wäre, wenn etwas passiere.
Mit Beschluss vom 2. Oktober 2019 stellte das Amtsgericht das Hauptsacheverfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls ein. Zur Begründung führte es aus, dass die Voraussetzungen des § 1666 BGB nicht vorgelegen hätten und nicht vorlägen. Das Gericht habe allein vor dem Hintergrund der Mitteilung des Ergänzungspflegers vom 15. August 2019 ein Hauptsachverfahren eingeleitet, um mit den Beteiligten die Situation erörtern zu können. Die Kindesmutter kooperiere mit dem Jugendamt. Bereits mit Beschluss vom 13. Juni 2019 seien der Kindesmutter im Wege der einstweiligen Anordnung Teilbereiche der elterlichen Sorge entzogen worden. Weitere darüber hinausgehende Maßnahmen zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung seien weder im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung noch derzeit erforderlich. Im Anhörungstermin sei erörtert worden, dass nunmehr ein Vormundswechsel geboten sei. Dieser werde im Wege der einstweiligen Anordnung in Ergänzung des Beschlusses vom 13. Juni 2019 erfolgen.
Mit Beschluss vom 4. Oktober 2019 (Az. 985 F 277/19) entließ das Amtsgericht im Wege der einstweiligen Anordnung den bisherigen Ergänzungspfleger und wählte als neuen Ergänzungspfleger einen privaten Einzelvormund aus, der die Ergänzungspflegschaft berufsmäßig führt. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass der bisherige Ergänzungspfleger zu entlassen sei, da dies dem Wohle der Betroffenen entspreche und eine andere als Ergänzungspfleger geeignete private Person vorhanden sei. Eine Privatperson sei vorrangig vor der Auswahl des Jugendamtes. Der Wechsel des Ergänzungspflegers sei mit den Beteiligten im Termin am 2. Oktober 2019 erörtert und allseits befü...