Leitsatz (amtlich)
1. Ein berufsmäßig tätiger Ergänzungspfleger steht einem ehrenamtlich tätigen Ergänzungspfleger im Rahmen des § 1886 BGB i.V.m. § 1915 BGB gleich.
2. Die Erschütterung des Vertrauensverhältnisses zwischen Elternteil und Ergänzungspfleger führt nicht per se zur Gefährdung der Interessen des Pfleglings im Sinne des § 1886 BGB i.V.m. § 1915 BGB.
Normenkette
BGB §§ 1886, 1915
Verfahrensgang
AG Amberg (Aktenzeichen 50 F 59/20) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers N. wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - A. vom 29.09.2021 (Az.: 50 F 59/20) aufgehoben.
2. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,- EURO festgesetzt.
Gründe
I. Der bisherige Ergänzungspfleger N. wendet sich mit seiner Beschwerde gegen seine Entlassung durch das Amtsgericht - Familiengericht - A.
Der allein sorgeberechtigten Mutter des Pfleglings R., geboren am ... 2005, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - A. vom 23.01.2020 in einem Hauptsacheverfahren wegen elterlicher Sorge (Az.: 2 F 24/19) wesentliche Teile der elterlichen Sorge entzogen, Ergänzungspflegschaft angeordnet und der Beschwerdeführer zum Ergänzungspfleger für R. bestellt. Dies war zuvor bereits im einstweiligen Anordnungsverfahren zur elterlichen Sorge (Az.: 2 F 23/19) mit Beschluss vom 19.03.2019 so angeordnet worden. Der Beschwerdeführer übte die Ergänzungspflegschaft berufsmäßig aus. Der Jugendliche D. lebt seit 2018 im W. in A.
Mit Schreiben vom 19.04.2021 beantragte die Mutter von R. beim Amtsgericht einen Wechsel des Ergänzungspflegers. Zur Begründung machte sie geltend, dass ein völlig gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen ihr und dem Ergänzungspfleger vorliege, weshalb eine zielführende Zusammenarbeit mit diesem nicht mehr möglich sei. Ihr Antrag werde auch von der bei ihr tätigen Familienhilfe und dem Jugendamt unterstützt. Mit Schreiben vom 21.05.2021 konkretisierte sie gemeinsam mit der Familienhelferin, K., ihre Angaben. Wegen der Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.
Der Ergänzungspfleger wies in seiner Stellungnahme die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück und führte aus, dass die Mutter des Pfleglings bis heute nicht akzeptiert habe, dass sie mit ihm zusammenarbeiten und in seinen Aufgabenbereichen akzeptieren müsse, dass er zum Wohl des Kindes auch Entscheidungen treffe, die sie so nicht wünsche. Entscheidungen gegen das Kind habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Er arbeite eng mit den Ärzten, den Fachkräften in der Einrichtung zusammen und halte sich an die Vorgaben im Hilfeplan. Der Antrag auf Wechsel des Ergänzungspflegers sei daher abzulehnen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 09.07.2021 verwiesen.
In einer fachlichen Stellungnahme vom 30.07.2021 schilderte das Jugendamt A. ebenfalls die aus seiner Sicht schwierige Zusammenarbeit zwischen Mutter und Ergänzungspfleger.
Insbesondere die Kontaktaufnahme mit dem Ergänzungspfleger gestalte sich für Mutter und Familienhelferin als schwierig.
Mit Beschluss vom 29.09.2021 ordnete das Amtsgericht - Familiengericht - A. die Entlassung des Ergänzungspflegers N. an und bestellte als neue Ergänzungspflegerin Dipl. Soz.-Päd. B.. Zur Begründung führte das Amtsgericht an, dass die Entlassung des Ergänzungspflegers nicht auf Grund eines rechtlichen Fehlverhaltens erfolge, sondern zum Wohl der Kinder, dass die anstehenden Aufgaben konstruktiv in deren Sinn gelöst werden könnten. Da eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Ergänzungspfleger und Mutter nicht mehr möglich erscheine und damit zu keiner Verbesserung des Familiensystems führen könne, sei ein Wechsel in der Person des Ergänzungspflegers vorzunehmen.
Mit Schreiben vom 29.10.2021, eingegangen bei Gericht am selben Tag, wandte sich der Beschwerdeführer gegen den ihm am 02.10.2021 zugestellten Beschluss. Mit der am 10.01.2022 eingegangenen Beschwerdebegründung vom 01.01.2022 machte der Beschwerdeführer geltend, dass die Voraussetzungen für seine Entlassung, insbesondere ein Pflichtverstoß, nicht vorgelegen hätten. Wegen der umfangreichen Einzelheiten wird auf das Schreiben verwiesen.
II. Die nach § 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
1. Die Voraussetzungen für die Entlassung von N. als Ergänzungspfleger für das Kind D. R. richten sich nach § 1915 Abs. 1 BGB i. V.m. § 1886 BGB.
Der Beschwerdeführer war als Einzelergänzungspfleger tätig und übte die Pflegschaft berufsmäßig aus.
Die Voraussetzungen für die Entlassung eines Einzelergänzungspflegers sind, unabhängig davon, ob dieser die Pflegschaft ehrenamtlich oder berufsmäßig ausübt, der Vorschrift des § 1886 BGB zu entnehmen.
Soweit demgegenüber vertreten wird, dass bei der Entlassung eines Berufsvormunds - und damit infolge von § 1915 Abs. 1 BGB auch bei der eines Einzelergänzungspflegers, der die Pflegschaft berufsmäßig ausübt - nicht § 1886 BGB, sondern § 1887 BGB, der die Entlas...