Entscheidungsstichwort (Thema)
Falschbeantwortung eindeutiger Fragen im Fragebogen durch Versicherungsnehmer
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 08.04.2004; Aktenzeichen 323 O 330/03) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 23, vom 8.4.2004 - G.-Nr. 323 O 330/03 - durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Der Kläger kann hierzu innerhalb von 2 Wochen Stellung nehmen.
Gründe
Der Beschluss beruht auf § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO.
Der Senat ist davon überzeugt, dass
1. die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat,
2. die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und
3. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert.
Zu Ziff. 2. und 3. bedarf es keiner näheren Begründung.
Ziff. 1.:
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
Zunächst sei klarstellend darauf hingewiesen, dass das LG die Klagabweisung ausschließlich auf die Obliegenheitsverletzung der Nichtbenennung der Zeugen für das Abstellen des Pkw gestützt hat, nicht aber auch auf die Nichtbenennung eines Zeugen für das Nichtwiederauffinden desselben.
Der Senat folgt der Bewertung durch das LG. Die Ausführungen der Berufung können demgegenüber kein anderes Ergebnis rechtfertigen:
Dass der Kläger der deutschen Sprache und insb. des Lesens der deutschen Sprache nur unzureichend mächtig sei, ist neu. Nach seinem erstinstanzlichen Vortrag wollte er der deutschen Sprache nur "nicht uneingeschränkt" mächtig sein, was ein Unterschied ist. Mit seinem neuen Vortrag ist der Kläger gem. § 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO nicht mehr zuzulassen.
Dessen ungeachtet ist das neue Vorbringen des Klägers aber auch nicht schlüssig. Denn der Kläger trägt selbst vor, dass die Zeugin W. ihm die entsprechenden Fragen vorgelesen hat. Auf die behauptete Leseschwäche des Klägers kann es also nicht ankommen. Dass im Übrigen eine ausreichende Verständigung mit dem Kläger in deutscher Sprache möglich ist, hat das LG in der Verhandlung vom 26.2.2004 festgestellt und dies in seinem Urteil auch festgehalten.
Darauf, ob die Zeugin W. dem Kläger die ihm vorgelesenen Fragen (Ziff. I 3 des Fragebogens Anlage B 2) dahin gehend interpretiert hat, dass damit nach Zeugen für den Diebstahl selbst gefragt sei, kommt es nicht an, deshalb war und ist die Vernehmung der Zeugin dazu nicht geboten. Denn die eindeutige Frage "Sind dafür Zeugen vorhanden?", nämlich für das unmittelbar zuvor abgefragte Abstellen des Fahrzeugs am späteren Diebstahlsort, konnte nicht in dem Sinne missverstanden werden, dass damit nach Zeugen für den Diebstahl selbst gefragt worden sei. Darüber musste sich der Kläger aus eigenem Verständnis klar sein, selbst wenn die Zeugin ihm etwas anderes als ihre Auffassung erklärt haben sollte. Soweit der Kläger weiterhin behauptet, den Sinn der ihm vorgelesenen Frage falsch verstanden zu haben, vermag ihm das auch der Senat ebenso wie schon das LG nicht zu glauben. Daran bestehen jedenfalls weiterhin erhebliche Zweifel, und die gehen zu Lasten des hier beweisbelasteten Klägers, der die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG auszuräumen hat.
Zu Recht hat das LG auch angenommen, dass die vorsätzliche Obliegenheitsverletzung des Klägers relevant ist, also generell geeignet, die berechtigten Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden. Das entspricht gefestigter Rechtsprechung auch des Senates. Auch das von der "Relevanzrechtsprechung" des BGH geforderte erhebliche Verschulden liegt vor, weil es sich bei der vorsätzlichen Nichtbenennung von Zeugen nicht um solche Obliegenheitsverletzung handelt, die auch einem redlichen Versicherungsnehmer einmal unterlaufen kann.
Darauf, ob dem Kläger das Fahrzeug tatsächlich gestohlen worden ist, kommt es danach nicht mehr an, so dass auf die diesbezüglichen Ausführungen der Berufungsbegründung nicht weiter einzugehen ist. Es sei nur darauf hingewiesen, dass der diesbezügliche neue Vortrag des Klägers auf S. 11 f. der Berufungsbegründung gem. § 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO nicht mehr zugelassen werden könnte, da er ersichtlich bereits in erster Instanz hätte gebracht werden können - jedenfalls hat der Kläger nicht dargelegt, was ihm oblegen hätte, dass und ggf. wieso er diesen Vortrag in erster Instanz noch nicht bringen konnte. Darauf kommt es aber wie gesagt nicht mehr an, nachdem die Beklagte wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung des Klägers leistungsfrei ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1305096 |
OLGR-BHS 2005, 83 |