Leitsatz (amtlich)
Der Antragsgegner, der in einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit im Hinblick auf den sog. fliegenden Gerichtsstand Schutzschriften bei allen deutschen LG eingereicht hat, kann eine prozessuale Kostenerstattung nur hinsichtlich derjenigen Kosten verlangen, die durch die Einreichung der Schutzschrift bei dem Gericht angefallen sind, bei dem später der Verfügungsantrag eingegangen ist.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 16.07.2013; Aktenzeichen 416 HKO 75/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 16.7.2013 in der Fassung des Beschlusses vom 22.8.2013 geändert.
Die von der Antragstellerin an die Antragsgegner nach dem vollstreckbaren Beschluss des LG Hamburg vom 6.6.2013 zu erstattenden Kosten werden festgesetzt auf EUR 1.235,00 nebst einer Verzinsung von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.6.2013.
Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert i.H.v. EUR 2.477,75 zu tragen.
Gründe
Das LG hat im Verhandlungstermin vom 6.6.2013 der Antragstellerin nach Rücknahme ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die Kosten des Verfügungsverfahrens auferlegt. Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag haben die Antragsgegner neben einer Verfahrens- und einer Terminsgebühr i.H.v. insgesamt EUR 1.215 auch Kosten für die Einreichung von Schutzschriften beim LG Hamburg sowie bei 117 anderen Deutschen LG geltend gemacht. Dabei handelte es sich um Kosten für Fotokopien, Verpackungen, Kurier und Porto i.H.v. insgesamt EUR 2.477,75. Die Antragsgegner haben sich zur Begründung darauf berufen, dass sie, nachdem sie die Abgabe einer Unterlassungserklärung abgelehnt hätten, wegen des bestehenden sog. fliegenden Gerichtsstands in der wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit nicht wissen konnten, bei welchem LG die Antragstellerin den Verfügungsantrag einreichen werde.
Gegen den antragsgemäß erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 5.8.2013 hat die Rechtspflegerin der sofortigen Beschwerde teilweise abgeholfen und sie im Übrigen dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. In der Begründung dieser Entscheidung hat die Rechtspflegerin ausgeführt, die Kosten für die Einreichung von Schutzschriften seien nur i.H.v. EUR 1.616,20 erstattungsfähig, nämlich die Kosten für die Hinterlegung von Schutzschriften bei 74 LG und im zentralen Schutzschriftenregister. 44 LG hätten sich verpflichtet, beim Eingang eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Einsicht in das zentrale Schutzschriftenregister zu nehmen. Hinsichtlich dieser 44 Gerichte hätte es ausgereicht, wenn die Antragsgegner die Schutzschrift beim Zentralen Schutzschriftenregister eingereicht hätten. Die nach §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist ganz überwiegend begründet. Erstattungsfähig ist neben der zutreffend festgesetzten 1,3-Verfahrensgebühr und der 1,2-Terminsgebühr - beides mit dem Rechtsmittel nicht angegriffen - nur eine Postpauschale i.H.v. EUR 20,00.
Ein Anspruch der Antragsgegner auf Erstattung der Kosten für die Einreichung von Schutzschriften besteht nicht. Die für Eilverfahren in Wettbewerbssachen entwickelte Schutzschrift wird vorprozessual zur Abwehr eines befürchteten Verfügungsantrags oder unmittelbar nach Eingang des Verfügungsantrags bei Gericht eingereicht. Sie soll dem Gericht des Eilverfahrens Kenntnisse verschaffen und es davon abhalten, eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu treffen (Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 91 Rz. 13 Schutzschrift"). Die Kosten der Schutzschrift sind grundsätzlich erstattungsfähig, wenn die Schutzschrift beim Gericht des einstweiligen Verfügungsverfahrens eingegangen ist und eine Kostenentscheidung gegen den Antragsteller ergeht. Voraussetzung ist mithin, dass es zu einem Prozessrechtsverhältnis der Parteien kommt, das schließlich die Grundlage des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs bildet (OLG Düsseldorf JurBüro 2000, 423; OLG Rostock NJW-RR 2011, 575; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 55, Rz. 55; Baumbach/Lauterbach-Hartmann, ZPO, 71. Aufl., § 91 Rz. 192; MünchKomm/Schulz, ZPO, 4. Aufl., § § 103 Rz. 8). Ein Prozessrechtsverhältnis ist hier nur beim LG Hamburg entstanden, bei dem die Antragstellerin den Verfügungsantrag eingereicht hat. Bei allen anderen 117 LG ist kein Prozessrechtsverhältnis begründet worden, so dass im Hinblick auf die durch die dortige Einreichung von Schutzschriften entstandenen Kosten kein prozessualer Kostenerstattungsanspruch der Antragsgegner besteht. Eine Einbeziehung dieser Kosten in die Kosten des beim LG Hamburg geführten einstweiligen Verfügungsverfahrens kommt daher nicht in Betracht, sondern allenfalls eine Erstattung nach Maßgabe eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs, über den im Kostenfestsetzungsverfahren jedoch...