Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Genehmigungsfähigkeit eines entschädigungslosen Verzichts auf Durchführung des Versorgungsausgleichs
Normenkette
BGB § 1587o Abs. 2
Tenor
Der Senat übernimmt den Rechtsst reit zur Entscheidung.
Auf die Beschwerde der Antragsteller in gegen das Verbundurteil des Amtsgerichts Hamburg vom 10.6.2004, Aktenzeichen 289 F 279/03, wird dieses hinsichtlich der Folgesache Versorgungsausgleich abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.
Die Vereinbarung der Parteien über den Versorgungsausgleich wird genehmigt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nach einem Beschwerdewert von EUR 500 gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
I.
Die Übernahme des Rechtsstreits durch den Senat beruht auf §§ 629a, 621 e Abs. 3, 526 Abs. 2 S. 2 ZPO.
Die am 12.9.1976 geborene Antragstellerin und der am 9.10.1977 geborene Antragsgegnerheirateten am 6.7.2002 und trennten sich im Oktober des gleichen Jahres zunächst innerhalb der ehelichen Wohnung.
Am 13.10.2003 trafen sie eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung, in der sie auf Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich verzichteten.
Die Ehe der Parteien wurde auf den am 4.11.2003 zugestellten Scheidungsantrag am 10.6.2004 geschieden.
Das Familiengericht hat die Genehmigung des Vergleichs abgelehnt, da ein möglicher Ausschlussgrund im Sinne des § 1587 c BGB nicht vor lag. Es hat den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, dass vom Versicherungskonto der Antragsteller in auf das des Antraggegners Rentenanwartschaften in Höhe von EUR 9,49 übertragen wurden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist zulässig gemäß §§ 629a Abs.2, 621 e Abs. 1 (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Auflage, § 621 e Rdnr. 27). Sie ist auch begründet. Die Vereinbarung der Parteien über den Versorgungsausgleich ist zu genehmigen, ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.
Gemäß § 1587 o Abs.2 S.4 BGB soll die Genehmigung des Verzichts auf den Versorgungsausgleich nur dann verweigert werden, wenn die vereinbarte Leistung nicht zu einer dem Ziel des Versorgungsausgleichs entsprechenden Sicherung des Berechtigten oder zu keinem angemessenen Ausgleich unter den Ehegatten führt. Diese Vorschrift wird teilweise dahingehend verstanden, dass ein entschädigungsloser Verzicht grundsätzlich nicht genehmigungsfähig sei (OLG Düsseldorf FamRZ 1986, 68,70; OLG Zweibrücken FamRZ 3 1998,1377; Rotax, Praxis des Familienrechts, 2. Auflage Teil 9, Rdnr. 659). Das gilt nach dieser Auffassung auch, wenn ehebedingte Einbußen nicht eingetreten sind.
Nach anderer Ansicht kann auch ein gegenleistungsfreier Verzicht des Berechtigten genehmigt werden, wenn die Angemessenheitsprüfung zu dem Ergebnis führt, dass der Ausgleichsberechtigte auf den ihm an sich zustehenden Zuwachs an Versorgungsanrechten nicht angewiesen ist oder der Wert – unterschiedgering ist (Palandt/Brudermüller, BGB, 64. Auf lage, § 1587 o Rdnr. 14).
Demnach steht auch ein ausgleichsloser Verzicht der familiengerichtlichen Genehmigung nicht entgegen, wenn der Ausgleichsberechtigte auf den ihm an sich zustehenden Zuwachs an Versorgungsanrechten nicht angewiesen ist, etwa im Falle beiderseitiger Berufstätigkeit. (so auch KG Berlin FamRZ 2000, 1157).
Aus dem Wort laut der Vorschrift ergibt sich nicht, ob auch ein gegenleistungsfreier Verzicht genehmigungsfähig ist. Aus diesem ergibt sich nur, dass die Genehmigung jedenfalls nicht abzulehnen ist, wenn eine Kompensat ion vorhanden ist; ob darüber hinaus auch unter anderen Umständen Verträge zu genehmigen sind, ist nicht ausdrücklich geregelt.
Nach der Auffassung des Senats gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die Vertragsfreiheit nur soweit einzuschränken, wie dies nach dem Schutzzweck der Norm notwendig ist (so auch OLG Köln FamRZ 2002, 829 f). Zweck des Genehmigungserfordernisses ist es, den ausgleichsberechtigten Ehegatten vor Übervorteilung zu schützen (BGH FamRZ 1982, 471, 472).
Im vorliegenden Fall sind beide Parteien berufstätig und erwerben deshalb eigene Rentenanwartschaften. Sie waren nur kurz verheiratet und haben nur ca. 3 Monate zusammengelebt. Eine dauerhafte Wirtschaftsgemeinschaft ist nicht entstanden. Beide sind noch jung und haben Gelegenheit, weitere Rentenanwartschaften zu erwerben. Es gibt keine Anhaltspunkte für eine Übervorteilung des Antraggegners durch die Antragstellerin. Es ist daher nach dem Schutzzweck der Norm nicht geboten, den Versorgungsausgleich trotz ihres Verzichts durchzuführen.
Etwas Abweichendes ergibt sich auch nicht bei Beachtung der zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen entwickelten Grundsätze (BGH NJW 2004, 930 f f).
Eheverträge sind danach zulässig, soweit sie Ausdruck einer gleichberechtigten Partnerschaft sind. Die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewähr leistete Privatautonomie setzt nämlich voraus, dass die Voraussetzungen der Selbstbestimmung auch tatsächlich gegeben sind. Der im Vertrag zum Ausdruck gebrachte übereinstimmende Wille der Vertragsparteien lässt zwar in der Regel auf einen durch den Vertrag hergest...