Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Strafzumessung und zu den Voraussetzungen einer kurzen Freiheitsstrafe nach § 47 StGB
Leitsatz (amtlich)
Bei Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe im Sinn des § 47 StGB muss aus den Urteilsgründen nachvollziehbar hervorgehen, dass sich die Sanktion bei Gesamtwürdigung der die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände als unverzichtbar erweist, also ultima ratio ist. Es ist erforderlich, dass alle tat- und täterbezogenen Umstände, die unter Beachtung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses für und gegen die Unverzichtbarkeit einer freiheitsentziehenden Einwirkung sprechen, umfassend festgestellt und erschöpfend gewürdigt werden. Dies gilt umso mehr, wenn die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Dabei hat das Gericht auf den Zeitpunkt der Entscheidung (Urteilsberatung) abzustellen.
Tenor
1. Dem Angeklagten zu 1. wird von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-........ vom ............... gewährt. Kosten der Wiedereinsetzung werden nicht erhoben.
2. Auf die Revisionen der Angeklagten zu 1. und zu 2. wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-..............
a) im Schuldspruch dahingehend neu gefasst, dass das Wort "gemeinschaftlich" entfällt
b) und im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
4. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Hamburg-.............. hat die Angeklagten am .................. wegen "gemeinschaftlichen" Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Die Bewährungszeit wurde durch Beschluss vom selben Tag jeweils auf drei Jahre festgesetzt.
Gegen dieses Urteil haben die dem Angeklagten zu 2. beigeordnete Verteidigerin zu 2. wie auch die dem Angeklagten zu 1. beigeordnete Verteidigerin zu. 1 am 8. November 2018 jeweils ein noch unbestimmtes Rechtsmittel eingelegt. Mit Schriftsatz vom 3. Januar 2019, eingegangen per Fax am selben Tag, hat die Verteidigerin des Angeklagten zu 2., Rechtsanwältin zu 2., nach am 5. Dezember 2018 erfolgter Zustellung des am 30. November 2018 zur Geschäftsstelle gelangten Urteils, das zunächst unbestimmt eingelegte Rechtsmittel als (Sprung-) Revision konkretisiert und unter Erhebung der allgemeinen Sachrüge und einer Verfahrensrüge die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache beantragt. Die zunächst erhobene Verfahrensrüge wurde dann - nach erteilter Akteneinsicht - nicht mehr aufrechterhalten.
Mit dem auf den 7. Januar 2019 datierten Schriftsatz hat die Verteidigerin des Angeklagten zu 1., Rechtsanwältin zu. 1, das Rechtsmittel als (Sprung-) Revision konkretisiert und unter Erhebung der allgemeinen Sachrüge und einer Verfahrensrüge die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache beantragt. Allerdings ging am 7. Januar 2019 bei der gemeinsamen Annahmestelle des Amtsgerichts die letzte Seite des Schriftsatzes nicht ein, auf der sich auf dem Original die Unterschrift der Verteidigerin und der Revisionsantrag befinden. Dabei weist der Sendebericht der Verteidigerin zehn Seiten sowie eine Übertragungsdauer von 04.56 Minuten auf, was auch oben auf dem in der Akte befindlichen per Fax eingegangenen Schriftsatz durch das Gerät der Rechtsanwaltskanzlei aufgedruckt ist. Die auf dem eingegangenen Schriftsatz befindliche untere Empfängerzeile weist jedoch nur neun Seiten aus, als Übersendungsdauer wurde 04.52 Minuten angegeben. Warum dies - trotz des Sendeberichts der "ok" für zehn Seiten angegeben hat - der Fall war, konnte nicht aufgeklärt werden. Der vollständige Schriftsatz ging im Original am 10. Januar 2019 beim Amtsgericht ein.
Die/der Vorsitzende der Kleinen Strafkammer .... hat am 10. Mai 2019 - rechtsirrig - den Verteidigerinnen mitgeteilt, dass beide Revisionsbegründungen nach Ablauf der Frist eingegangen seien und das jeweilige Rechtsmittel somit als Berufung zu werten sei. Daraufhin hat Rechtsanwältin zu. 1 am 16. Mai 2019 die Kopie der Faxbestätigung vom 7. Januar 2019 übersandt. Ferner hat sie beantragt, dem Revisionsverfahren Fortgang zu geben. Am 21. Mai 2019 hat Rechtsanwältin zu 1. die Faxbestätigung vom 3. Januar 2019 übersandt. Nachdem eine Klärung über den Verbleib der Seite 10 des Schriftsatzes vom 7. Januar 2019 nicht erfolgen konnte, hat die Vorsitzende der Kleinen Strafkammer 8 den Verteidigerinnen mitgeteilt, dass sie den Eingang des Schriftsatzes der Verteidigerin zu 1. - trotz fehlender Seite 10 - wegen der Unaufklärbarkeit des Verbleibs als fristgerecht erachte und die Rechtsmittel als Sprungrevision werte und an das Hanseatische Oberlandesgericht weiterleite.
Sodann hat die dem Angeklagten zu 2. beigeordnete Verteidigerin Rechtsanwältin zu 2. Wiedereinsetzun...