Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Arena-Betreibers für Verletzung eines Zuschauers durch Eishockey-Puck

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 23.10.2003; Aktenzeichen 310 O 167/03)

 

Tenor

Die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1) gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 10, vom 23.10.2003 - G.-Nr. 310 O 167/03 - werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Die Nebenintervenientin zu 1) trägt die durch ihre Nebenintervention im Berufungsverfahren entstandenen Kosten.

 

Gründe

1. Die Berufungen haben aus den mit Beschluss vom 15.4.2004 dargelegten Gründen keine Aussicht auf Erfolg. In erster Instanz war es seitens der Beklagten unstreitig, dass die Klägerin, auf Platz 13 der 5. Reihe sitzend, am 13.3.2003 von einem aus dem Spielfeld geschlagenen Puck mit solcher Gewalt an der linken Kinnseite getroffen wurde, dass sie einen Kieferbruch erlitt. Soweit die Nebenintervenientin zu 1) erstinstanzlich dies bestreiten wollte mit der Argumentation, dieser Unfallverlauf sei so nicht möglich, kann sie damit gem. § 67 ZPO nicht gehört werden, da sie sich damit in Widerspruch zu dem prozessualen Handeln der Beklagten setzen würde, die den von der Klägerin geschilderten Unfallverlauf gerade nicht bestritten hatte. Soweit in der Berufungsbegründung der Beklagten auf S. 6 Mitte etwa jetzt ein Bestreiten der Unfallschilderung der Klägerin zu sehen sein sollte, wäre die Beklagte damit gem. § 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO ausgeschlossen.

Ausgehend davon, dass somit der von der Klägerin dargestellte Unfallverlauf nach wie vor als unstreitig anzusehen ist, dürfte sich die Beweislast umkehren:

Da die Klägerin nun einmal unstreitig dort von dem Puck getroffen worden ist, spricht der Anschein dafür, dass die Sicherungseinrichtungen dort eben nicht ausreichend waren. Die Beklagte müsste dann beweisen, dass die Sicherheitseinrichtungen gleichwohl ausreichend waren, insb. der DIN 18036 entsprachen. Daran vermögen die Ausführungen der Beklagten mit Schriftsatz vom 14.5.2004 nichts zu ändern:

Der unstreitige Wortlaut der unstreitig maßgeblichen DIN 18036 Ziff. 4.3.6 (S. 6 der DIN, Anlage B 1) ist eindeutig. Danach müssen an den längsseitigen Tribünen die Sicherheitseinrichtungen so hoch sein, dass sie mindestens bis zu einer (gedachten) Geraden reichen, die von der Unterkante der gegenüberliegenden Bande (Spielfeldrand) bis zu einem 2,3 m über der Vorderkante der obersten Tribünenstufe liegenden Punkt verläuft. Diese eindeutige Regelung ist auch einleuchtend und sinnvoll, weil sie dem Sicherungsbedürfnis bis in die obersten Tribünenstufen auch bei unterschiedlicher Höhe und unterschiedlichem Neigungswinkel des Tribünenaufbaues sowie ggf. unterschiedlicher Breite des Spielfeldes und ggf. unterschiedlichem Abstand der Tribüne vom Spielfeldrand Rechnung trägt. Im Gegensatz dazu würde der von der Beklagten behauptete starre Regelungsgehalt, wonach eine 2,30 m hohe Sicherheitseinrichtung genügen solle, den jeweils unterschiedlichen Sicherungsanforderungen nicht genügen können. Unstreitig erreicht vorliegend die Höhe der Sicherungseinrichtung nicht die (gedachte) Linie zwischen der gegenüberliegenden Bande und einem Punkt, der 2,30 m über der Vorderkante der obersten Tribünenlinie liegt (Erklärung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem LG vom 3.9.2003, Bl. 3 des Protokolls).

Erstinstanzlich hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 19.6.2003 zunächst die bereits erwähnte DIN-Norm zutreffend zitiert (S. 1 des Schriftsatzes) und sodann ausgeführt:

"Es ist also davon auszugehen, dass an der längsseitigen Tribüne Bande und Plexiglas 2,30 m hoch sein müssen. Diese Voraussetzungen sind in dem von der Beklagten genutzten Veranstaltungsort erfüllt.

Beweis: Sachverständigengutachten."

Damit hat die Beklagte lediglich ihre eigene diesbezügliche Meinung vorgetragen, die sich, gemessen an dem Wortlaut der DIN-Norm, eindeutig als unzutreffend erweist.

Mit weiterem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 22.8.2003 S. 2 hat die Beklagte sodann weitere Ausführungen dazu gemacht, dass die Höhe von 2,30 m bzw. sogar 2,85 m die DIN-Norm und sogar die weiter gehenden Anforderungen der DEL (Deutsche Eishockey Liga) und der nordamerikanischen IHL (Ice Hockey League) erfüllt. Wieso dies der Fall sein soll, obwohl die vorhandene Sicherungseinrichtung unstreitig die Höhe nicht erreicht, die nach dem eindeutigen Wortlaut der DIN-Norm gefordert wird, hat die Beklagte nicht erläutert.

Erstmalig mit der Berufungsbegründung vom 29.1.2004 hat die Beklagte als "Erklärung" vorgetragen, die DIN-Norm 18036 enthalte insoweit einen "redaktionellen Fehler", der "in den Expertenkommissionen" jedoch bekannt sei. Die Norm werde deshalb hinsichtlich der Sicherheitseinrichtungen an den Seitenlinien so verstanden, dass dort eine Erhöhung der Bande durch Plexiglas auf insgesamt mindestens 2,30 m ausreichend ist, um den Regeln der Technik zu entsprechen (Beweis: Zeugnis des Geschäftsführers der DEL, G. T.). Auch nach dem Wi...

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