Verfahrensgang
AG Hamburg-Barmbek (Beschluss vom 15.03.2012; Aktenzeichen 884 F 161/11) |
Tenor
1. Der Antrag des Antragsgegners/Beschwerdeführers auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Familiengerichts Hamburg-Barmbek vom 15.3.2012 (Az. 884 F 161/11) wird zurückgewiesen.
2. Der Antragstellerin/Beschwerdegegnerin wird eine Frist zur Beschwerdeerwiderung von 4 Wochen gesetzt.
Gründe
Der Antrag hat zur Zeit jedenfalls keine Aussicht auf Erfolg.
I.) Das Familiengericht hat gem. § 116 Abs. 3 S. 3, S. 2 FamFG die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses vom 15.3.2012 angeordnet. Mit Schriftsatz vom 10.4.2012 hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt hinsichtlich des für die Zeit ab Januar 2012 titulierten Kindes- und Ehegattentrennungsunterhalts, und zwar beschränkt auf die Höhe.
In einem weiteren Schriftsatz vom 10.4.2012 hat der Antragsgegner beim AG die Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt. Diesen Antrag hat das Familiengericht mit Beschluss vom 18.4.2012 zurückgewiesen, weil er unzulässig sei.
Nunmehr hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 25.4.2012 einen entsprechenden Antrag an das Beschwerdegericht gerichtet.
II.) Der Antrag dürfte zulässig sein.
Einen Vollstreckungsschutzantrag gem. § 120 Abs. 2 S. 2 FamFG hätte der Antragsgegner beim Familiengericht entsprechend § 714 ZPO vor Schluss der mündlichen Verhandlung unter Glaubhaftmachung der Voraussetzungen stellen müssen (Keidel/Weber, § 120 Rz. 18).
Nach Einlegung der Beschwerde kann aber gem. § 120 Abs. 2 S. 3 FamFG i.V.m. §§ 707, 719 ZPO ein Antrag an das Beschwerdegericht gestellt werden, wobei hinsichtlich der Voraussetzungen § 120 Abs. 2 S. 2 gilt (S. 3: "unter denselben Voraussetzungen"), hinsichtlich der Rechtsfolgen verweist die Vorschrift auf die §§ 707 Abs. 1, 719 Abs. 1 ZPO (Keidel, a.a.O.).
Der Antrag an das Beschwerdegericht dürfte nicht voraussetzen, dass vor Abschluss der ersten Instanz (hier Hauptsachebeschluss vom 15.3.2012) überhaupt ein Schuldnerschutzantrag nach § 120 Abs. 2 S. 2 FamFG gestellt wurde. Der Senat neigt insoweit der Ansicht des OLG Bremen (FamRZ 2011, 322) zu. Die Gegenansicht des OLG Frankfurt (FamRZ 2012, 576 = NJW-RR 2011, 1303) überzeugt nicht, weil kein sachlicher Grund ersichtlich ist, den Schuldner zur Vermeidung von Rechtsnachteilen zu einem Antrag in erster Instanz zu zwingen, ohne dass er überhaupt weiß, ob und zu welchen Zahlungen er verurteilt wird (OLG Bremen, a.a.O., Griesche, FamRB 2012, 93, 96; Keidel, § 120 Rz. 18 a.E.). Die Regelungen des § 120 Abs. 2 S. 2 und S. 3 FamFG stehen unabhängig nebeneinander (Griesche, FamRB 2009, 258, 259).
III.) Der Antrag ist jedoch jedenfalls zur Zeit unbegründet.
Im Schriftsatz vom 10.4.2012 begründete der Antragsgegner seinen Antrag damit, die ab Januar 2012 geschuldeten Beträge seien geringer als vom Familiengericht tituliert. Seine Rücklagen habe er zum Ausgleich der titulierten Rückstände aufgebraucht. Die errechneten Beträge könne er schlicht nicht erwirtschaften. Ferner habe er weitere Minussalden auszugleichen. Bei Vollstreckung des titulierten Unterhalts würde ihm ein nicht zu ersetzender Nachteil entstehen, weil davon auszugehen sei, dass die Antragstellerin den Unterhalt verbrauchen werde und nach Beendigung der Beschwerdeinstanz nicht in der Lage sein werde, die Differenzbeträge zurückzuzahlen.
Im Schriftsatz vom 25.4.2012 führt er nunmehr aus, er riskiere im Falle der Vollstreckung berufliche Nachteile. Würden Vollstreckungsmaßnahmen beim Arbeitgeber bekannt, könnte seine Position in der Firma gefährdet sein. Von ihm werde Bonität erwartet und Unstimmigkeiten in der privaten wirtschaftlichen Situation gereichten ihm zum Nachteil.
Dieser Vortrag genügt nicht, um die Einstellung der Zwangsvollstreckung zu rechtfertigen.
Die Einstellung der Zwangsvollstreckung setzt zunächst gem. § 120 Abs. 2 S. 3 i.V.m. S. 2 FamFG die Glaubhaftmachung eines nicht zu ersetzenden Nachteils voraus. Die Einstellung ohne Sicherheitsleistung erfordert gem. § 707 Abs. 1 S. 2 ZPO zusätzlich die Glaubhaftmachung, dass der Schuldner zur Leistung einer Sicherheit nicht in der Lage ist.
An beidem fehlt es hier:
a) Bei der Definition des unersetzbaren Nachteils ist der Zweck des § 116 Abs. 3 S. 3 FamFG zu beachten. Wenn das Gericht bei der Verurteilung zu Unterhaltszahlungen die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen soll, weil der Unterhaltsberechtigte auf die Zahlungen zur Bestreitung seines aktuellen Lebensunterhalts angewiesen ist (vgl. Griesche, FamRB 2012, 93, 95 m.w.N.; FamRB 2009, 258 262), liefe diese Wertung vollständig leer, wenn der bestimmungsgemäße Verbrauch des Unterhalts sofort als unersetzbarer Nachteil für den Schuldner angesehen würde. Damit würde der Regelfall, dass der Unterhaltsbeschluss ohne weiteres vollstreckbar ist und der Verpflichtete die Vollstreckung nicht durch Sicherheitsleistung abwenden kann (vgl. Keidel/Weber, § 120 Rz. 13, § 116 Rz. 10), zur Ausnahme.
Der Begriff des unersetzbaren Nachteils bezieht sich der Sache nach auf die wirtsch...