Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit der Berufungsbeschränkung. Mangelhafte Feststellungen zur Eigennützigkeit beim unerlaubten Handeltreiben und zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine wirksame Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch setzt jedoch voraus, daß die zum Schuldspruch getroffenen tatsächlichen Feststellungen eine ausreichende Grundlage für eine dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat entsprechende Bemessung der Rechtsfolge darstellen. Die Rechtsmittelbeschränkung ist daher unwirksam, wenn die Schuldfeststellungen widersprüchlich sind oder sie sonst den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht einmal in groben Zügen erkennen lassen.

2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn bei einer Verurteilung wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln das Erfordernis der Eigennützigkeit nicht ausreichend mit Feststellungen belegt ist, und es an der notwendigen Abgrenzung von mittäterschaftlicher Beteiligung zur bloßen Beihilfe fehlt.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 08.09.1999; Aktenzeichen 711 Ns 18/99)

 

Gründe

Gegen das Urteil erster Instanz, in welchem der Angeklagte wegen gemeinschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und 10 Monaten verurteilt worden war, haben der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft (zu Ungunsten des Angeklagten) jeweils eine auf das Strafmaß beschränkte Berufung eingelegt.

Das Landgericht hat unter Verwerfung der Berufung der Staatsanwaltschaft auf die Berufung des Angeklagten die Gesamtfreiheitsstrafe auf "Freiheitsstrafe" von zwei Jahren und sechs Monaten herabgesetzt. Es hat die Berufungsbeschränkung für wirksam erachtet.

Gegen dieses Berufungsurteil rügt der Angeklagte mit der Revision die Unwirksamkeit der Berufungsbeschränkung und erhebt die Sachrüge sowie eine Verfahrensrüge. Die Revision hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Auf die erhobene Verfahrensrüge kommt es deshalb nicht mehr an, weil sich ihr Angriff allein gegen die - hier aufgehobene - Strafzumessung richtet.

I. Hinsichtlich der Verurteilung wegen gemeinschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen kann das Urteil keinen Bestand haben, weil das Landgericht insoweit zu Unrecht von einer wirksamen Berufungsbeschränkung ausgegangen ist. Die - auch vom Revisionsführer in Zweifel gezogene - Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (vgl. BGHSt 27, 70 [72]).

Grundsätzlich ist der Strafausspruch zwar isoliert anfechtbar (BGHSt 33, 59). Eine wirksame Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch setzt jedoch voraus, daß die zum Schuldspruch getroffenen tatsächlichen Feststellungen eine ausreichende Grundlage für eine dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat entsprechende Bemessung der Rechtsfolge darstellen. Die Rechtsmittelbeschränkung ist daher unwirksam, wenn die Schuldfeststellungen widersprüchlich sind oder sie sonst den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht einmal in groben Zügen erkennen lassen (BayObLG VRS 67, 357). Hieran fehlt es insbesondere, wenn den amtsgerichtlichen Feststellungen schon nicht entnommen werden kann, ob der angenommene Tatbestand überhaupt verwirklicht ist (vgl. OLG Köln NStZ-RR 2000, 49 m.w.Nachw.).

Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht in Abschnitt II. 2 seiner Urteilsgründe zweimaliges mittäterschaftlich begangenes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln angenommen. Die diesbezüglich vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen beschreiben jedoch nur das äußere Tatgeschehen, das darin bestand, daß der Angeklagte zwei Mal den Verkauf von je 50 g Kokain zu je 90,- DM pro Gramm an die Zeugin ... durch seinen Bruder vermittelte und jeweils bei der Übergabe zugegen war. Indes hat das Amtsgericht keine Feststellungen zur inneren Tatseite getroffen. Dadurch sind die Feststellungen sowohl im Hinblick auf das schon für das Vorliegen des Grunddelikts erforderliche Merkmal des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (in Abgrenzung zur bloßen Abgabe von Betäubungsmitteln) als auch insoweit lückenhaft, als keine Feststellungen getroffen worden sind, die eine Abgrenzung zwischen mittäterschaftlicher Tatbegehung und Beihilfe ermöglichen.

1. Handeltreiben erfordert das eigennützige Bemühen, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Eigennützig ist eine Tätigkeit nur dann, wenn der Täter vom Streben nach Gewinn geleitet wird oder wenn er sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil verspricht, der ihn materiell oder immateriell besser stellt (BGH StV 1999, 428, 429). Im vorliegenden Fall stellen die Angaben zum objektiven Tatgeschehen allein noch keine ausreichende Tatsachengrundlage für die Annahme der Vorteilserwartung dar. Dies ist nur möglich, wenn andere als eigennützige Beweggründe nach Lage des Fal...

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