Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzung: Erstattungsfähigkeit von Übersetzungskosten einer ausländischen Partei trotz eigenen elektronischen Übersetzungsdienstes, sprachkundiger Rechtsanwältin und inländischer Tochtergesellschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Eine englischsprachige Partei kann die Übersetzungskosten für einen Schriftsatz ihrer eigenen Prozessbevollmächtigten, der juristische und technische Fachbegriffe enthält, auch dann als notwendige Kosten des Rechtsstreits erstattet verlangen, wenn sie einen elektronischen Übersetzungsdienst betreibt.
2. Der Erstattungsfähigkeit steht es nicht entgegen, dass die Partei durch eine Rechtsanwältin vertreten wird, die die englische Sprache beherrscht und zu deren täglicher Routine englisch-sprachige Korrespondenz gehört.
3. Der Erstattungsfähigkeit steht es auch nicht entgegen, dass in der mündlichen Verhandlung eine Mitarbeiterin der Rechtsabteilung des deutschen Tochterunternehmens der Partei als instruierte Vertreterin aufgetreten ist.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 12.05.2015; Aktenzeichen 324 O 243/13) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des LG Hamburg vom 12.05.2015, Az. 324 O 243/13, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 1.450,89 Euro.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Festsetzung von Übersetzungskosten auf Seiten der Beklagten in Höhe von 1.450,89 Euro. Diese Kosten hat die in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässige Beklagte für die Übersetzung einer Duplik aufgewandt. Die Beklagte betreibt im Internet einen eigenen elektronischen Übersetzungsdienst, verfügt über der englischen Sprache mächtige Prozessbevollmächtigte und hat den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem LG durch eine Mitarbeiterin einer deutschen Tochtergesellschaft begleiten lassen.
II. Die nach §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Rechtspfleger des LG hat in seinem Nichtabhilfebeschluss - zu dem die Parteien Stellung haben beziehen können - ausgeführt:
"Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gemäß §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässig, bleibt aber ohne Erfolg. Der sofortigen Beschwerde wird nicht abgeholfen. Die Beschwerdebegründung vermag eine anderweitige Entscheidung nicht zu rechtfertigen.
Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren um die Erstattungsfähigkeit von Übersetzungskosten.
Grundsätzlich gilt, dass einer der deutschen Sprache nicht kundigen ausländischen Prozesspartei die Kosten der Übersetzung aller wesentlichen Schriftstücke, vorzulegenden Urkunden, gerichtliche Entscheidungen und Verfügungen zu erstatten sind (vergl. LAG Rh-Pf 21.1.2013 - 9 Ta 246/12); allerdings obliegt es der Partei, die Kosten für Übersetzungen niedrig zu halten (BVerfG NJW 90, 3072). Der 2. Zivilsenat des OLG Düsseldorf hat in seinem Beschluss vom 17.09.2009 - 2 W 29/09 - ausgeführt, dass die Übersetzungskosten, die eine der deutschen Sprache nicht mächtige ausländische Partei aufwendet, um jederzeit dem Rechtsstreit folgen zu können und an ihm beteiligt zu bleiben, sind zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Das gilt insbesondere für die Übersetzung der im Prozess gewechselten Schriftsätze, von Urkunden, Beweisprotokollen und Gutachten sowie gerichtlichen Protokollen, Verfügungen und Entscheidungen. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Übersetzung gewechselter Schriftsätze kann sich nicht auf Schriftsätze des Gegners beschränken, sondern schließt die Kosten für die Übersetzung der vom eigenen Prozessbevollmächtigten gefertigten Schriftsätze ein. Schon aus Gründen der Gleichstellung einer der deutschen Sprache nicht mächtigen Partei mit einer solchen, die die deutsche Sprache beherrscht, ist es geboten, die diesbezüglichen Übersetzungskosten im Obsiegensfall als erstattungsfähig anzuerkennen. Für eine deutschsprachige Partei liegt es in der Natur der Sache und versteht sich von selbst, dass sie auch die von ihren Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze mit ihrem wörtlichen Inhalt zur Kenntnis nehmen kann. Die selbe Möglichkeit muss auch die des Deutschen nicht mächtige Partei haben. Die wörtliche Kenntnis des Inhalts ist unerlässlich, um der Partei eine möglichst genaue und vollständige Kenntnis über den aktuellen Sach- und Streitstand des von ihr betriebenen Verfahrens zu verschaffen und auf der Grundlage dieses Kenntnisstandes über das weitere Vorgehen im Prozess entscheiden zu können. Es kann ihr nicht zugemutet werden, sich insoweit nur auf den Rat ihrer anwaltlichen Vertreter zu verlassen, vielmehr muss sie auch deren Schriftsätze daraufhin überprüfen können, ob sie inhaltlich den eigenen Standpunkt zutreffend wiedergeben. Darüber hinaus gehören die Schriftsätze des eigenen Prozessbevollmächtigten mit zum Prozessstoff und bilden damit auch die Grundlage für ...