Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 20.12.1994; Aktenzeichen 333 O 130/94)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten wird der Streitwertfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Hamburg, ZK 33, vom 20. Dezember 1994 hinsichtlich der Widerklage abgeändert:

Der Streitwert für die Widerklage wird auf DM 9.450,00 festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO i.V.m. § 25 Abs. 3 GKG) und sachlich gerechtfertigt. Nach der Begründung der Beschwerde will der Beschwerdeführer eine Festsetzung von 42 Monatsraten zu je 225,00 DM erreichen, das ergibt einen Betrag von DM 9.450,00. Offenbar infolge eines Rechenfehlers wird im Beschwerdeantrag eine etwas höhere Summe genannt.

Mit der Widerklage begehrt der Beklagte die Verurteilung der Kläger zur Ausführung von diversen Instandsetzungsarbeiten. Der für die Gebühren maßgebende Streitwert kann in einem solchen Fall nicht nach § 16 Abs. 1 GKG bemessen werden, da die Parteien nicht über das Bestehen oder die Dauer des Mietverhältnisses streiten. Zugrunde zu legen ist vielmehr der Wert, der für die Zuständigkeit des Prozeßgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels gilt (§ 12 Abs. 1 Satz 1 GKG). In Übereinstimmung mit einem großen Teil der Rechtsprechung und Literatur geht der Senat gemäß §§ 3, 9 ZPO von dem 3 1/2fachen Jahresbetrag der Minderungsquote – vor der Änderung des § 9 ZPO haben viele Gerichte den 3fachen Jahresbetrag angewendet – aus (LG Hamburg, WUM 94, 624, WUM 92, 447, MDR 85, 1032; LG München, WUM 89, 432; Bub-Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl., VIII Rn. 239; Baumbach-Lauterbach, 53. Aufl. Anh. § 3 ZPO Rn. 82; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., V Rn. 88 m.Rsprn.). Dieses Ergebnis rechtfertigt sich aus der Überlegung, daß die Mietminderung und der Anspruch auf Instandsetzung einander wertmäßig entsprechen, so daß letzterer nicht geringer zu bewerten ist als die Klage auf künftige Zahlung des – infolge Minderung einbehaltenen – Mietzinses, für die auf den 3 1/2fachen Jahresbetrag der Minderungsquote abzustellen ist (so LG Hamburg, Zivilkammer 16, WUM 94, 624).

Eine davon abweichende Auffassung will in Fällen der vorliegenden Art. den Streitwert über eine analoge Anwendung des § 16 Abs. 1 GKG auf die einjährige Minderungsquote begrenzen (OLG Schleswig, KostRspr GKG, § 16 Nr. 75; LG Hamburg, MDR 91, 1095/1096; Schneider, Streitwertkommentar, 9. Aufl., Rn. 3078; derselbe in der Anmerkung zur Entscheidung des LG Hamburg in KostRspr GKG, § 16 Nr. 76). Sie stellt darauf ab, daß der Ausschnitt aus einem Vertragsverhältnis nicht höher bewertet werden kann als ein Streit über das Bestehen des gesamten Vertragsverhältnisses, den § 16 Abs. 1 GKG grundsätzlich auf den einjährigen Mietzins begrenzt. Das aber widerspricht nicht nur – worauf die Zivilkammer 16 des Landgerichts zutreffend hingewiesen hat (WUM 94, 624) – dem Ausnahmecharakter dieser Vorschrift, sondern ist darüber hinaus auch nicht mit der Tatsache in Einklang zu bringen, daß für andere Ausschnitte aus einem Mietvertragsverhältnis, die dieses nicht grundsätzlich infrage stellen, ebenfalls ein höherer als in § 16 Abs. 1 GKG vorgesehener Wert maßgebend ist. Das ist z. B. nach der ständigen Rechtsprechung dieses Senats und der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur im Bereich der gewerblichen Miete für Mietzinserhöhungsklagen der Fall (vgl. OLG Hamburg, MDR 90, 1024; OLG Köln, MDR 91, 545; OLG Frankfurt, MDR 93, 697; Baumbach-Lauterbach, 53. Aufl., Anh. § 3 ZPO Rn. 79; Thomas-Putzo, 19. Aufl., Rn. 2 zu § 9 ZPO; Hartmann, Kostengesetze, 26. Aufl., Rn. 36 zu § 16 GKG).

Vereinzelt wird die Meinung vertreten, die Mängelbeseitigungskosten bestimmten den Streitwert (Schneider, Streitwertkommentar, 9. Aufl., Rn. 3080; LG Berlin, WUM 95, 320). Dabei wird die bewertungsmäßige Verknüpfung zwischen dem Instandsetzungsanspruch auf der einen und der Minderungsbefugnis des Mieters auf der anderen Seite außer acht gelassen mit der Folge, daß unverhältnismäßig hohe Beseitigungskosten bei einer relativ geringfügigen Gebrauchsbeeinträchtigung den Streitwert bestimmen können. Überzeugender ist es, auf die Minderungsquote abzustellen, die den Unterschied zwischen dem vertragsgemäßen und dem vertragswidrigen Zustand widerspiegelt.

Nach alledem war der Streitwert nach dem 3 1/2fachen Jahresbetrag der Minderungsquote zu bestimmen.

 

Unterschriften

Barthe, Bischoff, Bodenstaff

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1121125

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