Leitsatz (amtlich)
Die Einsetzung eines Umgangspflegers im eA-Verfahren Umgang führt gemäß § 57 S. 1 FamFG an sich nicht zur Eröffnung der Beschwerde, wohl aber dann, wenn der Umgangspfleger ausdrücklich als Ergänzungspfleger eingesetzt und ihm ein Umgangsbestimmungsrecht eingeräumt wird, da in diesem Fall die elterliche Sorge eingeschränkt wird.
Verfahrensgang
AG Hamburg-Harburg (Aktenzeichen 638 F 106/21) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Harburg - Familiengericht - vom 14.6.2021 wird zurückgewiesen.
2. Die Anträge des Kindesvaters gemäß Schriftsatz vom 14.10.2021 werden als unzulässig verworfen.
3. Die Kindeseltern tragen die Gerichtskosten je zu 1/2. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.
4. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Zwischen den gemeinsam sorgeberechtigten Kindeseltern besteht ein hochstreitiger Konflikt, dem von der Mutter erhobene Vorwürfe sexuellen Missbrauchs der betroffenen Kinder durch den Vater und weitere Mitglieder der väterlichen Familie zugrunde liegen. In dem beim Familiengericht anhängigen Hauptsacheverfahren elterliche Sorge sind Gutachten in Auftrag gegeben worden, die u.a. der Aufklärung der Vorwürfe dienen sollen. Die Gutachten liegen noch nicht vor.
Im einstweiligen Anordnungsverfahren Umgang hat das Familiengericht mit Beschluss vom 14.6.2021 u.a. folgende Regelungen getroffen:
"1. Zur Anbahnung und Durchführung von Umgangskontakten mit dem Vater wird für die (...) Kinder A... und D... C... eine Umgangspflegschaft als Ergänzungspflegschaft gemäß § 1909 BGB eingerichtet.
2. Zum Umgangspfleger bestellt wird Herr Rechtsanwalt S... (...).
3. Der Vater hat das Recht und die Pflicht zu begleiteten Umgangskontakten mit den gemeinsamen Kindern A... und D... C... im Umfang von zwei Mal zwei Stunden wöchentlich an Werktagen (Montag bis Freitag) nach Maßgabe des Umgangspflegers.
4. Die Umgangskontakte sind durch den Umgangspfleger zu begleiten (...).
(...)
10. Der Umgangspfleger hat das Recht, in Absprache mit den Eltern die Umgangskontakte unter Berücksichtigung des Kindeswohls auch auszuweiten oder abzuändern.
(...)"
Hinsichtlich der weiteren Details der Umgangsregelung und der Begründung des Familiengerichts wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 14.6.2021 verwiesen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Kindesmutter mit ihrer am 22.6.2021 beim Familiengericht eingegangenen Beschwerde. Die Kindesmutter macht geltend, dass die angeordnete Umgangspflegschaft in ihrer konkreten Form einen Eingriff in das elterliche Sorgerecht darstelle, für den eine Rechtsgrundlage fehle.
Die Kindesmutter beantragt,
die eingerichtete Umgangspflegschaft aufzuheben.
Der Kindesvater beantragt mit Schriftsatz vom 14.10.2021,
den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Harburg vom 14.6.2021 aufzuheben.
Weiter stellt er "im einstweiligen Anordnungsverfahren" den Antrag, einen unbegleiteten Umgang des Kindesvaters mit beiden betroffenen Kindern nach näherer Maßgabe seines Schriftsatzes zu regeln. Zur Begründung verweist er darauf, dass die Missbrauchsvorwürfe der Kindesmutter ohne jede Substanz seien und nur darauf abzielten, das väterliche Umgangsrecht auszuhebeln. Das Verhalten der Kindesmutter habe kindeswohlgefährdenden Charakter.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze verwiesen.
Der Senat hat die Beteiligten mit Ausnahme der Kinder angehört. Auf das Sitzungsprotokoll und den Gedächtnisvermerk des Vorsitzenden vom 19.10.2021 wird verwiesen.
II. 1. Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Kindesmutter ist auch im Übrigen zulässig. Obwohl der Beschluss des Familiengerichts in einem einstweiligen Anordnungsverfahren zum Umgang ergangen ist, stellt die Einrichtung einer Umgangspflegschaft in der konkret angeordneten Form einen Eingriff in die elterliche Sorge dar, so dass die Beschwerde gemäß § 57 S. 2 Nr. 1 FamFG eröffnet ist. Dies ergibt sich daraus, dass die Umgangspflegschaft ausdrücklich als "Ergänzungspflegschaft gemäß § 1909 BGB" eingerichtet wurde und der Umgangspfleger befugt sein soll, Zeit und Ort der Umgänge zu bestimmen und die Umgänge in Absprache mit den Eltern und unter Berücksichtigung des Kindeswohls auch auszuweiten oder einzuschränken. Damit gehen die Befugnisse des Umgangspflegers über eine Umgangspflegschaft im Sinne des § 1684 BGB erheblich hinaus und stellen in der Sache eine sog. Umgangsbestimmungspflegschaft dar, deren Einrichtung im Falle des Entzugs des elterlichen Umgangsbestimmungsrechts unter den Voraussetzungen des § 1666 BGB möglich ist (BGH v. 6.7.2016, XII ZB 47/15; OLG Frankfurt v. 13.5.2015, 4 UF 385/14; Staudinger/ Peschel-Gutzeit, § 1684 BGB, Rn. 126). Aus dem Umstand, dass im Beschluss des Familiengerichts lediglich auf § 1684 Abs. 3 BGB Bezug genommen wird, folgt nichts anderes, da sich der Umfang der Befugnisse, die dem Umgangspfleger zustehen sollen, aus der Tenorierung des Beschlusses klar erg...