Leitsatz (amtlich)
Eine Umgangspflegschaft nach § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB kann auch dann einzurichten sein, wenn ausschließlich der Umgangsberechtigte gegen seine Wohlverhaltenspflicht aus § 1684 Abs. 2 BGB verstößt (entgegen BGH, Beschl. v. 31.10.2018 - XII ZB 135/18, Tz. 22).
Verfahrensgang
AG Coesfeld (Aktenzeichen 5 F 120/20) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Kindeseltern wird der am 08.04.2021 erlassene Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Coesfeld teilweise abgeändert.
Es bleibt bei der Anordnung der Umgangspflegschaft. Als Umgangspflegerin bleibt Frau (..) A, Zstraße 00, X bestellt. Die Aufgabe der Umgangspflegerin ist die Durchsetzung und die Begleitung der nachfolgenden Umgangsregelung:
Der Umgang des Kindesvaters mit dem betroffenen Kind findet beginnend mit dem 21.12.2021 alle vier Wochen dienstags in der Zeit von 16:00 bis 17:00 Uhr in den Räumlichkeiten des Kreisjugendamtes X, Ystraße 00, X, in begleiteter Form statt. Die Begleitung erfolgt durch die bestellte Umgangspflegerin.
Der Umgang der Kindesmutter mit dem betroffenen Kind findet beginnend mit dem 21.12.2021 alle acht Wochen dienstags in der Zeit von 15:00 bis 16:00 Uhr in den Räumlichkeiten des Kreisjugendamtes X, Ystraße 00, X, in begleiteter Form statt. Die Begleitung erfolgt durch die bestellte Umgangspflegerin.
Der Termin vom 21.12.2021 stellt sogleich den Weihnachtskontakt für das Jahr 2021 dar.
Umgangskontakte der Kindeseltern mit dem betroffenen Kind finden unter Einhaltung der Bestimmungen nach §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 4 Abs. 1 der jeweils gültigen Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (Maskenpflicht in Innenräumen, Zugangsbeschränkungen/Testpflicht) statt. Es bleibt der Umgangspflegerin vorbehalten, die Einhaltung der geltenden Corona-Regelungen vor Beginn des Umgangskontakts zu überprüfen.
Die Umgangskontakte sind sowohl von dem betroffenen Kind als auch von den Eltern pünktlich wahrzunehmen. Die Kindeseltern haben sich 15 Minuten vor Beginn des eigentlichen Umgangskontakts an dem Umgangsort einzufinden, damit die Einhaltung der Corona-Regeln kontrolliert werden kann. Wenn die Kindeseltern unentschuldigt bis zum Beginn des Kontaktes nicht erscheinen, liegt es in der Befugnis der Umgangspflegerin, zu entscheiden, dass der Kontakt ersatzlos ausfällt.
Im Interesse einer bestmöglichen Gewährleistung des Umgangs bleibt der Umgangspflegerin vorbehalten, im Einvernehmen mit den Kindeseltern und der Vormünderin einen anderen Umgangstag und/oder eine andere Umgangszeit zu bestimmen.
Die Umgangspflegschaft wird berufsmäßig geführt und ist befristet auf den 30.11.2022.
Die weitergehende Beschwerde der Kindeseltern wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; die außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf insgesamt 8.000,00 EUR (elterliche Sorge: 4.000,00 EUR, Umgangsrecht: 4.000,00 EUR) festgesetzt.
Gründe
I. Das am 00.00.2020 geborene Kind C B stammt aus der ehelichen Beziehung seiner Eltern. Beide Eltern haben Kinder aus vorangegangenen Beziehungen, die nicht in ihrem Haushalt leben. Die drei vorehelichen Kinder der Kindesmutter stammen aus der Beziehung zu einem Herrn D. Nach der Trennung der Kindesmutter von Herrn D im Jahr 2014 zeigte sich, dass die Kindesmutter mit der Erziehung und Betreuung der in ihrem Haushalt verbliebenen Kinder überfordert war. Durch Beschluss des Familiengerichts Coesfeld vom 10.07.2017, Az.:12 F 276/16, wurde die elterliche Sorge für die Tochter F E, geb. am 00.00.2006, auf den Kindesvater übertragen. Die elterliche Sorge für die Söhne G E, geb. am 00.00.2010, und H E, geb. am 00.00.2012, wurde der Kindesmutter entzogen, zum Vormund wurde das Jugendamt des Kreises X bestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Familiengerichts Coesfeld vom 10.07.2017, Az.: 12 F 276/16, verwiesen.
Das Jugendamt zeigte dem Familiengericht unter Hinweis auf das Vorverfahren 12 F 276/16 noch vor der Geburt von C eine mögliche Kindeswohlgefährdung an. C wurde am 17.02.2020 gegen den Willen der Kindeseltern in Obhut genommen. Das Jugendamt begründete die Inobhutnahme u.a. mit einem defizitären Erziehungsverhalten der Kindesmutter sowie mit dem Verweis auf fortwährende, zum Teil gewalttätig verlaufende Auseinandersetzungen zwischen den Eltern, die sich auch nach der Inobhutnahme des Kindes fortsetzten und mehrere Polizeieinsätze erforderlich werden ließen. Am 09.04.2020 wechselte C in den Haushalt der Großeltern väterlicherseits, die das Kind seitdem betreuen. Professionell begleitete Umgangskontakte der Eltern mit dem Kind finden seit Anfang Mai 2020 statt. Die Kontakte fanden zunächst wöchentlich und sodann 14-tägig montags statt. Die Kindeseltern nahmen die Umgangskontakte zuletzt getrennt voneinander wahr, um die Belastung der Kontakte zu dem Kind durch Streitigkeiten zu vermeiden.
Das Jugendamt hat vor dem Amtsgericht beantragt, den Kindeseltern die elterliche Sorge für das betroffene Kind zu entziehen und auf einen Vor...