Leitsatz (amtlich)
1. Die Prüfung des subjektiven Rechts auf Löschung personenbezogener Daten im Verfahrensregister nach § 489 Abs. 2 S. 1 StPO erfordert auch in Fällen des § 484 Abs. 1 StPO (Speicherung für Zwecke künftiger Strafverfahren) jedenfalls auf Antrag des Betroffenen eine staatsanwaltschaftliche Einzelfallbearbeitung.
2. Die (weitere) Datenspeicherung für Zwecke künftiger Strafverfahren kann zumal dann entscheidend erforderlich sein, wenn gegen den Betroffenen ein weiteres Ermittlungsverfahren mit gleich gelagertem Tatvorwurf eingeleitet worden ist (Ergänzung zu OLG Hamburg, Beschluss v. 24. Oktober 2008, OLGSt StPO § 483 Nr. 1 = StV 2009, 234 ff. = StraFo 2009, 24 ff. und OLG Hamburg, Beschluss v. 9. Oktober 2009, 2 VAs 1/09).
Tenor
1. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Geschäftswert wird auf Euro 3.000,-- festgesetzt.
Gründe
I. 1. a) Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat das gegen den Antragsteller als Beschuldigten geführte Ermittlungsverfahren 2110 Js 259/09 mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Dem Antragsteller war (zusammen mit Mitbeschuldigten) zur Last gelegt worden, einen Betrug nach § 263 Abs. 1, Abs. 4 StGB begangen zu haben, indem er als Geschäftsführer der M. S. und P. GmbH ("msp"), einer Tochtergesellschaft des G. J. Verlages, im Januar 2009 der späteren Anzeigenden und Strafantragstellerin eine von dieser nicht bestellte Zeitschrift sowie anschließend eine Abonnementsrechnung übersenden ließ, um die Anzeigende durch Täuschung über ihre angebliche Verpflichtung zur Zahlung zu veranlassen, wobei die sodann abgebuchten Bezugsgebühren auf Remonstration der Anzeigenden zurückerstattet wurden. Auf die Mitteilung der "msp", die Bestellung sei offenbar missbräuchlich unter Benutzung der Daten der Anzeigenden von unbekannter dritter Seite über das Internet erfolgt, stellte die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 12. März 2009 das Verfahren ein.
In dem staatsanwaltschaftlichen Bescheid wurde ausgeführt, das Ermittlungsverfahren gegen sämtliche Beschuldigte sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, weil Täterschaft, Tat oder Tatumstände nicht nachzuweisen seien. Den beschuldigten Geschäftsführern könne schon deshalb kein strafrechtlich relevanter Tatvorwurf gemacht werden, weil nicht ersichtlich sei, dass diese in vorwerfbarer Art und Weise an dem genannten Tatgeschehen mitgewirkt hätten. Ein Betrug könne aber auch mangels Täuschungshandlung nicht nachgewiesen werden. Seitens der "msp" sei erklärt worden, dass der Übersendung der Zeitschrift eine Bestellung zu Grunde gelegen habe, jedoch könne nicht mehr nachvollzogen werden, wie diese Bestellung zustande gekommen sei. Diese Einlassung sei nicht zu widerlegen, insbesondere habe nicht geklärt werden können, wie es zu der Bestellung auf den Namen der Anzeigenden gekommen sei.
Die Anzeigende legte gegen diesen Bescheid am 20. April 2009 bei der Staatsanwaltschaft Beschwerde ein. Zur Begründung führte sie aus: Es seien überhaupt keine ernst zu nehmenden Ermittlungen getätigt worden. Die Beschuldigten seien verantwortliche Geschäftsführer des handelnden Unternehmens. Die dort beschäftigten Mitarbeiter hätten sich nach den Weisungen ihrer Vorgesetzten zu verhalten und täten dies in der Regel auch. Wie die Staatsanwaltschaft zu dem Schluss komme, dass dem Beschuldigten schon deshalb kein Vorwurf gemacht werden könne, weil nicht ersichtlich sei, dass diese an dem genannten Tatgeschehen mitgewirkt hätten, verschließe sich einem einigermaßen lebenskundigen Mitbürger. Soweit die Einstellung im Übrigen darauf gestützt werde, dass das Unternehmen mitgeteilt habe, die Übersendung der Zeitschrift habe auf einer Bestellung beruht, deren Zustandekommen nicht mehr nachvollzogen werden könne, sei dies auf der Hand liegend eine wahrheitswidrige Schutzbehauptung. Die Bestellung durch eine dritte Person zu Lasten der Anzeigenden wäre völlig sinnlos gewesen. Rechtlich würde die Anzeigende dadurch nicht gebunden gewesen sein und der Dritte hätte keinerlei wirtschaftlichen Vorteil gehabt. Sinn mache allein die in der Anzeige geschilderte Vorgehensweise, die mit System betrieben werde.
Mit im Wege der Dienstaufsicht ergangenen Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg vom 8. Mai 2009 wurde die Beschwerde der Anzeigenden zurückgewiesen. Die Staatsanwaltschaft habe das Verfahren im Ergebnis zu Recht eingestellt. Es sei mit Übersendung der Rechnung vom 28. Januar 2009 zwar möglicherweise wahrheitswidrig behauptet worden, dass ein Abonnementsvertrag geschlossen worden sei. Es könne jedoch dahingestellt bleiben, ob diese Tatsachenbehauptung falsch sei. Denn jedenfalls sei eine solche von vornherein nicht geeignet gewesen, einen Irrtum zu erregen. Der Adressat einer solchen Behauptung könne diese nämlich ohne weiteres auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfen, da er als unmittelbar am Geschehen Beteiligter sichere eigene Kenntnis vom wahren Sachverhalt habe. So verhalte es sich auch im vorliegenden Fall. Die Anzeigen...