Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen bewilligter Verfahrenskostenhilfe für ein Umgangsregelungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Beteiligter, dem aus wirtschaftlichen Gründen Verfahrenskostenhilfe zu gewähren ist, hat nicht in allen Fällen Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts. Die maßgeblichen Voraussetzungen ergeben sich aus § 78 Abs. 2 FamFG.
2. Ausschlaggebend ist insoweit der konkrete Einzelfall unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG (Kammerbeschluss vom 22.6.2007, 1 BvR 681/07 und Kammerbeschluss vom 6.5.2009, BvR 439/08).
Normenkette
FamG § 78 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Hamburg-Altona (Beschluss vom 08.10.2009; Aktenzeichen 350 F 233/09) |
Tenor
Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des AG Hamburg-Altona, Familiengericht, vom 8.10.2009 (Geschäftsnummer 350 F 233/09) wird zurückgewiesen.
Gründe
Der im Verfahren anwaltlich nicht vertretene Vater hat im September 2009 eine Umgangsregelung beantragt. Im Anhörungstermin vom 7.10.2009 haben die Eltern vor dem Familiengericht unter Mitwirkung der Verfahrensbevollmächtigten der Mutter eine Zwischenvereinbarung über den Umgang getroffen. Durch Beschluss vom 8.10.2009 hat das Familiengericht der Mutter antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt, ihren Antrag auf Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten jedoch zurückgewiesen. Gegen den am 14.10.2009 zugestellten Beschluss hat die Mutter am 12.11.2009 Beschwerde eingelegt, der das Familiengericht nicht abgeholfen hat.
Gemäß Art. 111 FGG-RG richtet sich die vorliegende Entscheidung nach dem FamFG, weil das Verfahren nach dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist.
Nach den somit anwendbaren §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO hat über die Beschwerde die Einzelrichterin zu entscheiden. Das Rechtsmittel ist zulässig, insb. fristgerecht eingelegt, bleibt aber im Ergebnis ohne Erfolg.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Familiengericht im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe die Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten der Mutter abgelehnt. Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Ein Beteiligter, dem aus wirtschaftlichen Gründen Verfahrenskostenhilfe zu gewähren ist, hat nicht in allen Fällen auch Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts. Die maßgeblichen Voraussetzungen ergeben sich aus § 78 Abs. 2 FamFG wie vom Familiengericht erörtert. Das Familiengericht hat die Bestimmung auch richtig ausgelegt, insb. ohne Verletzung verfassungsrechtlicher Vorgaben. Inwieweit die Gesetzesbegründung zu § 78 Abs. 2 FamFG diesen Vorgaben Rechnung trägt, braucht dabei nicht entschieden zu werden. Ausschlaggebend ist der konkrete Einzelfall. Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Kammerbeschluss v. 22.6.2007 - 1 BvR 681/07 - und Kammerbeschluss v. 6.5.2009 - 1 BvR 439/08) ist hinsichtlich der Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht pauschal auf den Amtsermittlungsgrundsatz abzustellen. Vielmehr beurteile sich die Frage der Erforderlichkeit nach Umfang und Schwierigkeit der Sache und auch nach der Fähigkeit der Beteiligten, sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Entscheidend sei, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Davon sei regelmäßig dann auszugehen, wenn im Kenntnisstand und in den Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht bestehe.
Die dargestellten Grundsätze hat das Familiengericht vollen Umfangs beachtet. Werden die vom BVerfG herausgearbeiteten Kriterien auf den vorliegenden Fall angewendet, so ergibt sich, dass eine anwaltliche Vertretung der Mutter nicht geboten ist. Die Regelung der Umgangsmodalitäten weist keine Schwierigkeiten auf, die besondere juristische Kenntnisse erfordern würden. Der Umfang des Verfahrens ist bislang als unterdurchschnittlich einzustufen. Der Vater, der das Verfahren eingeleitet hat, ist seinerseits anwaltlich nicht vertreten. Dass er über weitergehende Rechtskenntnisse verfügt als die Mutter oder dass sie ihm intellektuell oder hinsichtlich ihrer schriftlichen und mündlichen Ausdrucksmöglichkeiten unterlegen ist, lässt sich nicht erkennen. Unter solchen Umständen würde ein Beteiligter, der selbst für die Kosten aufkommen muss, von der Einschaltung eines Rechtsanwalts absehen.
Der von der Mutter angeführte Gesichtspunkt, der Vater pflege sich vorgerichtlich bzw. außergerichtlich von einem Anwalt beraten zu lassen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Auch der Mutter ist es unbenommen, außergerichtlich juristischen Rat bei der Öffentlichen Rechtsauskunft in Anspruch zu nehmen, wenn sie dies für ratsam hält.
Die Beschwerde ist zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 FamFG) liegen nicht vor.
Fundstellen