Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung; Auswärtiger PV mit unterbevollmächtigtem Terminsvertreter, PV am Ort mit Reisekosten oder Unterbevollmächtigter im Termin nach neuer Rspr. des BGH
Leitsatz (amtlich)
Die Kostenerstattungspflicht richtet sich grundsätzlich danach, ob eine wirtschaftlich handelnde Partei die kostenverursachende Maßnahme – bei Sicht ex ante – als sachdienlich hat ansehen dürfen.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 11.09.2003; Aktenzeichen 306 O 46/00) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 6, vom 11.9.2003 aufgehoben.
Die Rechtspflegerin wird angewiesen, den Kostenausgleich unter Berücksichtigung der nachfolgenden Gründe vorzunehmen.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens wird der Rechtspflegerin übertragen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und auch begründet.
Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet sich der Kläger dagegen, dass in den Kostenausgleich weder die Beweis- noch die Vergleichsgebühr des von ihm eingeschalteten Unterbevollmächtigten einbezogen wurde.
Auf diese Begrenzung des Kostenausgleichs unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Notwendigkeit der Kostenentstehung oder im Hinblick auf die kostengünstigere Möglichkeit, einen Verkehrsanwalt neben dem Hauptbevollmächtigten einzuschalten, kann der Kläger nicht verwiesen werden.
Der nicht in Hamburg ansässige Kläger hat sich in dem Rechtsstreit vor dem LG Hamburg durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen, die in der Nähe seines Wohnsitzes ansässig sind. Diese haben in Hamburg vor dem Prozessgericht unterbevollmächtigte Anwälte auftreten lassen. Die Rechtspflegerin geht für die Kostenerstattung bei dieser Konstellation richtig von den Grundsätzen aus, die der BGH in seiner Entscheidung vom 16.10.2002 aufgestellt hat (BGH v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, MDR 2003, 233 = BGHReport 2003, 152 = NJW 2003, 898 ff. = RPfleger 2003, 98 ff.).
Der BGH stellt zunächst klar, dass sich die Erstattungspflicht danach richtet, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Die Zuziehung eines in ihrer Nähe ansässigen Anwalts ist i.d.R. (von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen) eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung durch die vor einem auswärtigen Gericht klagende Partei. Der BGH stellt dann weiter klar (BGH NJW 2003, 900 f.), dass die auswärtige Partei nach der Neuregelung der Postulationsfähigkeit vor den LG nicht mehr auf die Alternativen beschränkt ist, entweder die Kosten von Informationsreisen zu ihrem Anwalt am Prozessgericht geltend zu machen oder lediglich einen Verkehrsanwalt in ihrer Nähe zu beauftragen. Die auswärtige Partei kann ebenso gut und auch dann kostenunschädlich an ihrem Wohnsitz den Hauptprozessbevollmächtigten bestellen. Sie kann dann dessen Reisekosten erstattet verlangen oder Ersatz der Kosten eines Unterbevollmächtigten, soweit diese die ersparten Reisekosten nicht wesentlich übersteigen.
Eine Überprüfung der einzelnen zugunsten des Unterbevollmächtigten entstandenen Gebühren im Hinblick darauf, ob sie z.B. bei Einschaltung des Verkehrsanwalts erspart worden wären, kann bei der vom BGH gewählten Betrachtungsweise nicht mehr stattfinden. Entscheidend ist die Sicht der Partei ex ante: Wenn die auswärtige Partei bei Prozessbeginn davon ausgehen durfte, einen auswärtigen Hauptbevollmächtigten und einen am Prozessort residierenden Unterbevollmächtigten einschalten zu dürfen, sind auch alle dem Unterbevollmächtigten entstandenen Gebühren erstattungsfähig. Die Begrenzung ergibt sich dann allein noch aus der Höhe der gegenzurechnenden ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten.
Bei der Neufestsetzung wird neben der Überprüfung der ersparten Reisekosten der Frage nachzugehen sein, ob der Unterbevollmächtilgte tatsächlich eine Beweisgebühr verdient hat. Das setzt nach § 53 S. 3 BRAGO voraus, dass die Beweisaufnahme mit der mündlichen Verhandlung verbunden war. Soweit ersichtlich hat in den vom Unterbevollmächtigten wahrgenommenen Terminen keine Beweisaufnahme stattgefunden.
Fundstellen
Haufe-Index 1112423 |
MDR 2004, 356 |