Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafaussetzung zur Bewährung: Versagung der Reststrafenaussetzung infolge Weigerung zur Abgabe von Urinkontrollen

 

Leitsatz (redaktionell)

Wenn es dem Beschwerdeführer nicht einmal für eine verhältnismäßig kurze Übergangszeit gelingt, keine Betäubungsmittel zu konsumieren und Vollzugslockerungen nicht zu mißbrauchen, dann besteht auch keine genügende Wahrscheinlichkeit dafür, daß er in Freiheit in der Lage sein wird, ein Leben ohne Straftaten zu führen.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 22.11.2005; Aktenzeichen 609 StVK 721/05 - 609 StVK 722/05)

 

Gründe

Die gemäß §§ 454 Abs. 3 S. 1, 311 Abs. 2 StPO zulässige sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die Ablehnung seines Antrags, die Vollstreckung der restlichen Freiheitsstrafen aus den Urteilen des Landgerichts Dortmund vom 29. März 2001 und des Landgerichts Hamburg vom 9. Dezember 1994 (i.V.m. dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 23. November 1993) zur Bewährung auszusetzen, ist unbegründet. Denn die dafür erforderlichen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB sind nicht erfüllt. Unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit kann eine vorzeitige bedingte Haftentlassung weiterhin nicht verantwortet werden, da die Kriminalprognose für den Verurteilten nicht hinreichend günstig ist. Vielmehr besteht die konkrete Gefahr, daß er auch in Zukunft Betrugstaten von nicht unerheblichem Gewicht begehen wird.

Der Beschwerdeführer ist bereits vielfach - insbesondere auch einschlägig wegen zahlreicher Betrugsdelikte - vorbestraft. Selbst die vollständige Verbüßung mehrjähriger Freiheitsstrafen vermochte ihn bisher nicht von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. So mußte der Verurteilte die durch Urteil des Landgerichts Hamburg vom 4. August 1983 verhängte Freiheitsstrafe von immerhin sechs Jahren, deren restliche Vollstreckung zunächst zur Bewährung ausgesetzt worden war, nach dem Widerruf der Strafaussetzung bis zum 12. Juni 1991 verbüßen. Danach wurde die vom Landgericht Lüneburg durch Urteil vom 21. Dezember 1990 wegen Hehlerei sowie Betrugs in zehn Fällen erkannte Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren bis zum 19. Oktober 1994 vollständig vollstreckt. Aber auch diese Inhaftierung hat den Verurteilten nicht nachhaltig beeindruckt. Vielmehr beging er danach noch zahlreiche neue Straftaten, deretwegen er sich gegenwärtig in Haft befindet. Die über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrzehnten mit hoher Rückfallgeschwindigkeit verübten Vermögensdelikte zeugen von fest eingeschliffenen Verhaltensmustern, von denen sich der Verurteilte offenbar nur schwer zu lösen vermag, so daß die Kriminalprognose ungünstig ist.

An dieser schon im Beschluß des Senats vom 21. Juni 2004 geäußerten Einschätzung hat sich im Ergebnis nchts geändert.

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß der Beschwerdeführer künftig - anders als in der Vergangenheit - keine Straftaten mehr begehen wird, sind (noch) nicht ersichtlich. Zwar hatte der neue - damals für den Verurteilten zuständige - Abteilungsleiter, Herr _, im Mai 2005 erstmals von einer positiven Veränderung im Verhalten des Beschwerdeführers berichtet. Auch hatte der Strafgefangene _ anläßlich seiner mündlichen Anhörung durch den seinerzeitigen Vorsitzenden der Strafvollstreckungskammer _ am 10. Juni 2005 eine etwas selbstkritischere Haltung gezeigt und seinen zu jenem Zeitpunkt aussichtslosen Antrag auf vorzeitige bedingte Entlassung aus der Strafhaft mit der erklärten Absicht zurückgenommen, sich verstärkt um die Aufarbeitung seiner Persönlichkeitsdefizite zu bemühen, um sodann bei positivem Verlauf des weiteren Strafvollzuges ein neues Reststrafengesuch zu stellen. Der jetzige Abteilungsleiter _ der JVA Fuhlsbüttel hat jedoch in seinem Führungsbericht vom 20. September 2005 eine Aussetzung der Vollstreckung der restlichen Freiheitsstrafen nicht befürwortet, sondern zunächst eine Verlegung des Verurteilten in den offenen Vollzug empfohlen. Nach diesem Bericht sind dem Beschwerdeführer bisher keine Vollzugslockerungen gewährt worden, weil er die im Vollzugsplan aufgeführten Grundbedingungen nicht erfüllt habe. Danach sollte der Strafgefangene vor Gewährung von Lockerungen seine Drogenabstinenz durch drei Urinkontrollen nachweisen. Das ist indes nicht geschehen. Der Verurteilte hat nach Aktenlage lediglich vor etlichen Monaten eine einzige Urinprobe abgegeben. Deren Ergebnis war zwar negativ. Die Probe war aber derart verwässert, daß eine exakte Messung und zuverlässige Auswertung nicht möglich war. Eine weitere Urinkontrolle hat der Beschwerdeführer mit der Begründung verweigert, daß er diese allenfalls nach ärtlicher Anordnung - nicht aber aufgrund einer Anordnung des Abteilungsleiters - abgeben werde. Da die Überprüfung des Verurteilten auf etwaigen Drogenkonsum in der Justizvollzugsanstalt ohne irgendeinen ärztlichen Eingriff durchgeführt werden kann und für den Beschwerdeführer mit keinem gesundheitlichen Risiko verbunden ist, erscheint die Verweigerung der Kontrolle mutwi...

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