Leitsatz (amtlich)
1. In Sorge- und Umgangssachen entspricht es regelmäßig der Billigkeit gemäß § 81 Abs. 1 FamFG, die Gerichtskosten einschließlich eventueller Auslagen hälftig zu teilen und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht anzuordnen.
2. Ein Umgangsverfahren wird von Amts wegen geführt, so dass die Kostenregelung des § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG von vornherein nicht anwendbar ist.
3. In einem Umgangsverfahren können die Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 Nr. 3 FamFG vorliegen, wenn ein Beteiligter über seinen Drogenkonsum und damit über eine für das Verfahren wesentliche Tatsache vorsätzlich
Normenkette
FamFG § 21 Abs. 1, 2 Nrn. 2-3
Verfahrensgang
AG Hamburg (Beschluss vom 17.01.2022; Aktenzeichen 280 F 136/20) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Vaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 17. Januar 2022 wird zurückgewiesen.
II. Der Vater trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beschwerdeverfahrens findet nicht statt.
Gründe
I. Der Vater wendet sich gegen die Kostenentscheidung in einem Umgangsverfahren.
Der 40-jährige Vater und die 34-jährige Mutter sind die geschiedenen Eltern des 7-jährigen Noah und des 5-jährigen Elijah. Sie üben das gemeinsame Sorgerecht aus.
Die Kinder leben bei der Mutter. Noah besucht die erste Klasse einer Grundschule, Elijah einen Kindergarten. Die Mutter ist im öffentlichen Dienst beschäftigt. Der Vater ist derzeit arbeitslos. Er lebt mit seiner Mutter und einer seiner vier Geschwister zusammen. Er hat einen weiteren inzwischen volljährigen Sohn, der bei der Mutter in Berlin lebt.
Die Mutter erklärt, dass die Ehe durch den Drogenkonsum des Vaters geprägt gewesen sei, der letztlich auch zur Trennung geführt habe. Der Vater habe eine Haftstrafe absolviert. Nach der ersten Schwangerschaft sei es für zwei Jahre ruhig gewesen. Der Vater leide weiter unter Psychosen. Er habe im Jahr 2016 eine Entgiftung absolviert. Im Jahr 2018 sei er zwangseingewiesen worden. Ihr sei mitgeteilt worden, dass er unter einer drogeninduzierten Psychose gelitten habe. Sie wolle, dass der Vater Umgang mit seinen Kindern habe. Er müsse aber vorher einen negativen Drogentest vorlegen. Je länger der Vater drogenfrei sei, umso besser könne mit ihm kommuniziert werden. Die Kinder bräuchten Stabilität.
Der Vater meint, dass die Mutter versuche ihm die Kinder zu entfremden. Sie wolle ihm schaden. Er bestreitet Drogen zu konsumieren. Einen Drogentest mittels einer Haarprobe lehnte er ab. Ein Krankenhausaufenthalt im Jahr 2018 habe an einem zu hohen Alkoholkonsum gelegen. Er sei in einer psychischen Krise gewesen. Inzwischen habe er sich stabilisiert, lebe in einer Partnerschaft und habe sein Leben im Griff. Sein Therapeut habe ihm gesagt, dass er nicht mehr kommen müsse.
Der letzte Umgang des Vaters mit den Kindern fand im Juli 2019 statt. Im März 2020 trafen sich die Eltern zufällig auf dem Marktplatz. Es kam zu eine lautstarken und handgreiflichen Auseinandersetzung der Eltern vor den Kindern. Nach einer weiteren Auseinandersetzung im April 2020 leitete die Mutter ein Gewaltschutzverfahren ein (Az. 280 F 43/20).
Mit Schriftsatz vom 10. November 2020 bat der Vater um die Regelung des Umgangs mit seinen Söhnen. Den Kindern wurde mit Beschluss vom 16. November 2020 ein Verfahrensbeistand bestellt. Diese regte nach einem Gespräch mit den Eltern und dem Jugendamt einen begleiteten Umgang an. Auch der vom Jugendamt eingesetzte freie Träger sprach sich für einen begleiteten Umgang aus.
In der mündlichen Erörterung am 11. Februar 2021 lehnte der Vater die Entnahme von Haarproben ab. Wörtlich heißt es im Protokoll: "Ich bin mit einem begleiteten Umgang einverstanden, aber keinesfalls, unter überhaupt gar keinen Umständen werde ich zulassen, dass mir Haare abgenommen werden, um einen Drogentest zu machen. Ich gebe gerne Urin ab, aber ich bin überhaupt nicht einverstanden, dass mir wieder büschelweise Haare abgeschnitten werden nur für diese Frau da. Dann lassen wir das alles sein. Meinen Antrag will ich aber auch nicht zurücknehmen. Mir ist mein Aussehen schon wichtig und ich bin nicht bereit, dass mir Haare abgenommen werden. Ich habe schon ganz oft Haartests auf Drogen machen lassen müssen und weiß, dass man hinterher Löcher in der Frisur hat und das geht überhaupt gar nicht. [...] Ich bin bereit für Urinproben, aber ich werde auf keinen Fall einen Haartest machen. Dann sollen die Kinder doch irgendwann auf mich zukommen." Die Sitzung wurde zwischenzeitlich zur Beruhigung für mehrere Minuten unterbrochen, da der Vater der Vorsitzenden ins Wort fiel und auch auf ihre lautstarken Aufforderungen nicht reagierte und "im Sinne eines ordnungsgemäßen Sitzungsbetriebs nicht steuerbar war". Am 20. Mai 2021 hörte das Amtsgericht erneut die Eltern und am 3. Juni 2021 die Kinder in Anwesenheit der Verfahrensbeiständin an. Die Kinder äußerten, dass ihnen egal sei ob sie ihren Vater sehen. Sie wären mit einem begleiteten Umgang einverstanden.
Mit Beschluss vom 11. Juni 2021 ordnete das...