Normenkette
InsO § 343 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 327 O 194/12) |
Tenor
Das Verfahren ist unterbrochen.
Gründe
I. Die Klägerin ist eine russische Bank, die auch in Deutschland zum Geschäftsverkehr zugelassen ist.
Die Klägerin erwirkte gegen den (auch) in Hamburg lebenden Beklagten bereits zwei Urteile in Russland.
Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, diese russischen Urteile in Deutschland für vollstreckbar zu erklären. Aufgrund eines vom erkennenden Senat eingeholten Gutachtens im Verfahren 6 U 152/11, in dem es um die Frage ging, ob Urteile russischer Gerichte in Deutschland für vollstreckbar erklärt werden können (vgl. das nicht rechtskräftige Urteil des Senats vom 13.7.2016), hat die Klägerin die Hauptanträge auf Vollstreckbarerklärung zurückgenommen und nur noch (entsprechend ihrem ursprünglichen Hilfsantrag und jetzigen Hauptantrag) aus materiellem Recht geklagt.
Die Klägerin hat in 1. Instanz behauptet, dass der Beklagte zu ihren Gunsten am 19.1.2009 zwei selbstschuldnerische Bürgschaften erteilt habe. Die Bürgschaften hätten Ansprüche der Klägerin gegen die "M. OAO" (auch als M... OAO bezeichnet, Hauptschuldnerin) aus Kredit- bzw. Akkreditivverträgen gesichert.
Die Klägerin hat in 1. Instanz vorgetragen, dass ihr aus den Bürgschaftsverträgen Ansprüche in Höhe von 1.051.571,34 EUR nebst einer Vertragsstrafe in Höhe 0,05 % pro Tag seit dem 20.4.2011 zuständen.
Die Klägerin konnte sodann in Russland einen Betrag in Höhe von 623.702,86 EUR beitreiben. Die Klägerin hat den Rechtsstreit in dieser Höhe für erledigt erklärt. Der Beklagte hat der Erledigungserklärung weder widersprochen noch ausdrücklich zugestimmt.
Die Klägerin hat in 1. Instanz zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 427.868,48 EUR nebst 0,05 % Vertragsstrafe pro Tag seit dem 20.04.2011 zu zahlen.
Der Beklagte hat in 1. Instanz beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat in 1. Instanz den Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit/Rechtskraft erhoben.
Er hat bestritten, dass zwischen den Parteien selbstschuldnerische Bürgschaftsverträge geschlossen worden seien. Er hat auch den Inhalt der zugrunde liegenden Kreditverträge und Akkreditiveröffnungsverträge zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin bestritten. Er hat ferner bestritten, dass die Hauptschuldnerin ihre Verpflichtungen gegenüber der Klägerin nicht erfüllt habe. Er hat die Einrede der Vorausklage erhoben, die Bürgschaftsverträge angefochten und sich auf Verjährung berufen.
Im Übrigen wird auf die in 1. Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Landgericht Hamburg hat den Beklagten durch Urteil vom 15.9.2015 (327 O 194/12) verurteilt, an die Klägerin 427.868,48 EUR nebst 0,05 Prozent Vertragsstrafe pro Tag hieraus auf einen Betrag in Höhe von 298.084,95 EUR seit dem 18.6.2011 und auf einen Betrag in Höhe von 117.563,12 EUR seit dem 10.09.2011 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Hinsichtlich der Feststellungen in 1. Instanz und hinsichtlich der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses seinen Prozessbevollmächtigten am 23.9.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.10.2015 eingelegte und - nach entsprechender Fristverlängerung - am 23.12.2015 begründete Berufung des Beklagten.
Der Beklagte trägt in 2. Instanz vor, dass der durch das Urteil des Landgerichts Hamburg ausgeurteilte restliche Betrag in Russland bezahlt sei.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 15.09.2015 aufzuheben und die Klage des Klägers/Berufungsbeklagten abzuweisen.
Die Klägerin beantragt
Zurückweisung der Berufung.
Auf die in 2. Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird Bezug genommen.
Der Beklagte teilte mit Schriftsatz vom 31.3.2017 mit, dass durch Beschluss des Wirtschaftsgerichts der Stadt Moskau vom 02.02.2017 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten eröffnet worden sei (Anlage BK 2, Übersetzung Anlage BK 2a).
Die Parteien streiten über die Frage, ob das Verfahren hierdurch unterbrochen worden ist.
II. Wenn die Parteien darüber streiten, ob ein Verfahren tatsächlich unterbrochen ist, ist über die Unterbrechung durch Zwischenurteil im Sinne von § 303 ZPO zu entscheiden (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., Rn. 3 vor § 239 und § 303, Rn. 5; BGHZ 82, 209, zitiert nach juris, Tz. 21; BGH ZIP 2009, 2217, zitiert nach juris, Tz. 5; vgl. auch BGH ZInsO 2012, 878 = NZI 2012, 572, zitiert nach juris, 10).
Maßgebend ist, da die Insolvenzeröffnung im Ausland war, § 352 InsO. Eine Unterbrechung nach dieser Vorschrift setzt allerdings voraus, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach deutschem Recht anerkannt wird, was in § 343 InsO geregelt ist.
Die Voraussetzungen für eine Unterbrechung gemäß §§ 352 i.V.m. 343 InsO liegen vor. Die Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch.
Im Einzelnen:
Voraussetzung für die Anerkennung nach § 343 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO ist, dass das russische Gericht für die Insolvenzeröffnung (international) zuständig ist. Di...