Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufung gegen die Ablehnung der Vollstreckbarerklärung des Urteils eines russischen Arbitragegerichts: Voraussetzungen einer wirksamen Berufungsbegründungsschrift; Verbürgung der Gegenseitigkeit im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Russland
Normenkette
ZPO § 130 Nr. 6, § 328 Abs. 1 Nr. 5, § 520 Abs. 5
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 01.09.2011; Aktenzeichen 327 O 764/10) |
Arbitragegerichtshof der Russischen Föderation (Beschluss vom 13.03.2009; Aktenzeichen XX) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg vom 1.9.2011, Geschäfts-Nr. 327 O 764/10, wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 377.418,17 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die Vollstreckbarerklärung eines russischen Urteils.
Die Klägerin hat die Beklagte vor dem Arbitragegericht Moskau auf Zahlung einer Versicherungsleistung in Anspruch genommen. Die Klägerin ist in dem russischen Rechtsstreit als Bareboat Charterer des Schiffes "...", das früher "..." genannt wurde, aufgetreten. Das Schiff war versichert ("Owner's Protection & Indemnity Insurance") beim "...". In der Versicherungspolice (AS 22) sind als "Members" verschiedene Versicherer aufgeführt. Im Briefkopf findet sich hinter "..." der Zusatz: "Management by ... GmbH" (d.h. der Beklagten). Es sind die Anschrift des "Representative Office Moscow" angegeben und die deutsche Anschrift der Beklagten in Hamburg. Es wird weiter aufgeführt, dass das "Claims Handling" bei "Domestic Claims" durch ... GmbH, Moscow, durchgeführt wird, bei Non-domestic Claims durch ... GmbH Hamburg. Am Ende der Versicherungspolice heißt es: "HAMBURG-MOSCOW, 15.03.2004, ON BEHALF OF THE POOL,... GmbH, HAMBURG - MOSCOW. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen AS 22 und AG 5 Bezug genommen. Auf der von der Klägerin eingereichten Anlage AS 22 befindet sich ein Stempel der Beklagten in kyrillischer und lateinischer Schrift mit dem Zusatz "MOCKBA". Auf der von der Beklagten eingereichten Anlage AG 5 befindet sich ein Stempel der Beklagten in lateinischer Schrift "... HAMBURG".
In dem Rechtsstreit vor dem russischen Arbitragegericht ging es um einen Unfall des Schiffs ... am 28.2.2005 in den Hoheitsgewässern der Ukraine. Die Klägerin machte 262.219,08 USD für die Beseitigung von Ölschäden und 241.219,02 USD für Bergungsarbeiten geltend, ferner 19.734,03 USD für Rechts- und Besichtigungskosten.
Durch Urteil vom 13.3.2009 verurteilte das Arbitragegericht Moskau die Beklagte zur Zahlung von 262.219,08 USD (Ölschäden) und von weiteren 241.219,02 USD (Bergungsarbeiten), ferner zur Zahlung von 79.256,90 Rubeln Gerichtsgebühren.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Anlage AS 1 (Urteil in russischer Sprache) und Anlage AS 2 (deutsche Übersetzung des Urteils) Bezug genommen. Rechtsmittel der Beklagten blieben erfolglos. Auf den Beschluss des 9. Berufungsarbitragegerichts Moskau vom 20.10.2009 (Anlage AS 3), auf den Beschluss des Föderalen Arbitragegerichts des Moskauer Bezirks vom 17.3.2010 (Anlage AS 4) und auf den Beschluss des Obersten Wirtschaftsgerichts vom 28.5.2010 (Anlage AS 5, nur in russischer Sprache) wird Bezug genommen.
Die Klägerin hat in 1. Instanz vorgetragen, dass die Voraussetzungen für eine Vollstreckbarerklärung des Urteils des Arbitragegerichts Moskau vorlägen. Die Beklagte habe in Russland als Versicherer agiert. Die russischen Gerichte seien für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig gewesen. Das Verfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Im Verhältnis zu Russland sei die Gegenseitigkeit verbürgt. Das Urteil des Arbitragegerichts Moskau sei richtig. Im Übrigen sei die Richtigkeit des Urteils nicht zu prüfen.
Die Klägerin hat in 1. Instanz beantragt, nachdem sie einen auf Zahlung gerichteten Hilfsantrag zurückgenommen hatte,
das rechtskräftige Urteil des Arbitragegerichts der Stadt Moskau vom 13.3.2009, Az.: A40-73665/08-25-507, i.H.v. 503.438,10 US-Dollar und 79.256,90 Rubel RUS für vollstreckbar zu erklären.
Die Beklagte hat beantragt, nachdem sie eine auf Zahlung von 3.454,60 EUR vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Widerklage zurückgenommen hatte, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Urteils des Arbitragegerichts der Stadt Moskau vom 13.3.2009, Az.: A 40 - 73665/08-25-507, zurückzuweisen.
Die Beklagte hat in 1. Instanz vorgetragen, dass sie keine Versicherungsleistungen anbiete, insbesondere kein Versicherungsunternehmen sei, sondern lediglich sonstige Dienstleistungen im Versicherungsbereich erbringe. Versicherer des Schiffes seien zwölf russische Versicherer, die unter der Bezeichnung "..." ...