Leitsatz (amtlich)
1. Der Parallelimport eines markenrechtlich geschützten Arzneimittels unter Verwendung einer Blisterpackung, auf der die für den Ursprungsvertrieb in Schweden vorgesehene, vom Konzern des Markeninhabers stammende Angabe betreffend den schwedischen Zulassungsinhaber stehengeblieben und der Parallelimporteur nicht angegeben ist, ist markenrechtlich wegen Erschöpfung des Markenrechts nicht zu beanstanden, wenn der Parallelimporteur mit einem Aufkleber auf der Umverpackung auf seine Funktion hinweist.
Die Herkunftsfunktion der Marke wird nicht beeinträchtigt, weil der Parallelimporteur so nicht für den Hersteller gehalten werden kann. Für die markenrechtliche Beurteilung ist – von Sonderfällen abgesehen – nicht auf die Blisterpackung isoliert abzustellen.
2. Wegen der Neufassung des § 10 Abs. 8 S. 2 AMG muss der Parallelimporteur auch arzneimittelrechtlich nicht mehr auf Blisterpackungen angegeben werden. Es verstößt aber auch nicht gegen § 10 Abs. 8 AMG, wenn die ursprünglichen Angaben zum Hersteller aus dem Ursprungsland auf der Blisterpackung stehen geblieben sind.
Bei Altarzneimitteln, für die § 10 Abs. 8 AMG insgesamt nicht anzuwenden ist, gilt nichts anderes; § 9 AMG 1961 erfasst nicht Blisterpackungen, weil diese weder als Behältnis noch als äußere Umhüllung einzuordnen sind.
3. Eine unlautere Behinderung der Arzneimittelherstellers (§ 1 UWG) ist in so einem Falle nicht gegeben, weil sich aus dem geänderten § 10 Abs. 8 S. 2 AMG insoweit eine andere gesetzliche Wertung ergibt.
Normenkette
AMG § 10 Abs. 8, §§ 84, 109, 132; AMG 1961 § 9; MarkenG §§ 14, 24; UWG § 1
Verfahrensgang
Tenor
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 500.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Antragstellerin – ein in Deutschland ansässiges Pharmaunternehmen – produziert und vertreibt in Deutschland das zur Behandlung der Atemwege dienende Arzneimittel B., an dessen Bezeichnung „B.” sie als Lizenznehmerin Markenrechtsschutz genießt; ihre Muttergesellschaft, die A. AB, ist Inhaberin der deutschen Marke „B.” Nr. 882 157 (Klagemarke).
Die Antragsgegnerin – eine Parallelimporteurin von Arzneimitteln – möchte das Arzneimittel B., das aus Schweden stammt und dort unter der Bezeichnung „B. 2,5” vertrieben wird, gem. den der Antragstellerin übersandten Mustern (Anlagen ASt 3–4) vertreiben.
Die Antragstellerin beanstandet die beabsichtigte Verwendung der Durchdrückpackung (Blisterpackung; vgl. Anlage ASt 4) als Markenrechtsverletzung sowie als wettbewerbswidrig.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urt. v. 11.4.2001 seine einstweilige Verfügung vom 18.9.1998 bestätigt, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten worden ist, das Arzneimittel B. mit den aus der anliegenden Ablichtung ersichtlichen Blisterpackungen in der Bundesrepublik Deutschland feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu bringen (es folgt die Fotokopie der Vorder- und Rückseite der Blisterpackung gem. Anlage ASt 2, die am Ende des Tatbestandes im Urteilsumdruck eingefügt ist).
Soweit es im Urteilsausspruch des LG heißt: „einstweilige Verfügung der Kammer vom 19.09.1998”, handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler. Gegen das landgerichtliche Urteil richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin, die Antragstellerin verteidigt ihren vom LG zuerkannten Verfügungsantrag.
In dem parallelen Rechtsstreits gleichen Rubrums zur Hauptklage ist die Antragsgegnerin durch Urteil des LG vom 14.4.1999 zur Unterlassung entsprechend dem Tenor der Beschlussverfügung verurteilt worden (LG Hamburg 315 O 647/98). Die dagegen gerichtete Berufung der Antragsgegnerin ist durch Urteil des Senats vom 27.4.2000 (HansOLG Hamburg 3 U 106/98) zurückgewiesen worden. Über die dagegen gerichtete Revision der Antragsgegnerin ist noch nicht entschieden worden (BGH I ZR 124/00).
Im Klageverfahren lautete das Aktivrubrum in den Entscheidungen des LG und des Senats noch „A. GmbH”. Inzwischen hat die Antragstellerin ihre Firma geändert, wie schon im vorliegend angefochtenen Urteil des LG ersichtlich.
Die beanstandete Aufmachung der Blisterpackung (im Original ebenfalls: Anlage ASt 4) enthält auf der Rückseite folgenden Hinweis: „N.V. … Pharmaceuticals S.A.B. – 2,5 (terbutalin.) 2,5 mg” (vgl. die Fotokopie am Ende des Tatbestandes = Anlage Anlage ASt 4). Das dort genannte Unternehmen („N.V. … Pharmaceuticals S. A.”) hat das Arzneimittel im Exportland erstmalig in Verkehr gebracht.
(hier: Fotokopie einer Anlage aus der Akte)
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg. Demgemäß ist das angefochtene Urteil des LG abzuändern und die einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrages aufzuheben.
I. Gegenstand des Unterlassungsantrages gem. dem Verbotsausspruch der Beschlussverfügung des LG ist das Feilhalten und/oder Inverkehrbringen des Arzneimittels B. mit der Blisterpackung gem. Anlage ASt 4, d.h. mit dem Hinweis „N.V. A. Pharmaceuticals S.A. B. – 2,5 (terbutalin.) ...