Leitsatz (amtlich)
Der EU-Parallelimport eines markenrechtlich geschützten Arzneimittels unter Verwendung einer Blisterpackung, auf der die für den Ursprungsvertrieb in Belgien vorgesehene, vom Konzern des Markeninhabers stammende Angabe betreffend den belgischen Zulassungsinhaber stehen geblieben und der Parallelimporteur nicht angegeben ist, ist markenrechtlich wegen Erschöpfung des Markenrechts nicht zu beanstanden, wenn der Parallelimporteur auf der Umverpackung auf seine Funktion hinweist. Die Herkunftsfunktion der Marke wird nicht beeinträchtigt, wenn durch die Packungsaufmachung insgesamt der Parallelimporteur nicht für den ursprünglichen Hersteller gehalten wird. Auf die Blisterpackung isoliert ist insoweit nicht abzustellen.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 14.04.1999; Aktenzeichen 315 O 647/98) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 14.4.1999 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschl. des Revisionsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 255.646 Euro (= 500.000 DM) festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin – ein in Deutschland ansässiges Pharmaunternehmen – produziert und vertreibt in Deutschland das Arzneimittel BRICANYL zur Behandlung der Atemwege. Sie ist Lizenznehmerin der deutschen Marke „Bricanyl” Nr. … (Klagemarke), eingetragen für „pharmazeutische Erzeugnisse”, deren Inhaberin ihre Muttergesellschaft (A. AB) ist.
Die Beklagte – eine Parallelimporteurin von Arzneimitteln – möchte das Arzneimittel BRICANYL, das im Exportland Belgien (und nicht in Schweden, wie der Senat im Verfügungsverfahren versehentlich angenommen hat) unter der dort geltenden Bezeichnung „Bricanyl 2,5” vertrieben wird, gem. den von ihr der Klägerin übersandten Mustern vertreiben (vgl. zur Blisterpackung in Ablichtung: Anlage K 2; vgl. außerdem zur Faltschachtel in Ablichtung und im Original: Anlagen K 1 und K 1.1 und zur Gebrauchs information in Ablichtung: Anlage K 2a).
Die Klägerin beanstandet die beabsichtigte Verwendung der Durchdrückpackung (Blisterpackung: Anlage K 2) als Markenrechtsverletzung sowie als wettbewerbswidrig. Sie nimmt mit der vorliegenden Klage die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.
In dem vorangegangenen Verfügungsverfahren gleichen Rubrums hat das LG Hamburg mit Urteil vom 11.4.2001 (LG Hamburg, Urt. v. 11.4.2001 – 315 O 502/98) seine einstweilige Verfügung vom 18.9.1998 bestätigt, mit der der Beklagten das Feilhalten und Vertreiben des Arzneimittels unter Verwendung der Blisterpackung entspr. dem hiesigen erstinstanzlichen Klageantrag verboten worden ist. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat der Senat durch Urteil vom 1.11.2001 (OLG Hamburg, Urt. v. 1.11.2001 – 3 U 188/01) unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beschlussverfügung aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag der Klägerin zurückgewiesen (OLG Hamburg MD 2002, 365).
Auf die Beiakte OLG Hamburg 3 U 188/01 (= LG Hamburg 315 O 502/98) nebst Schutzschrift LG Hamburg 315 AR 395/98 wird Bezug genommen. Die beanstandete Aufmachung der Blisterpackung (im Original: Anlage ASt 4 der Beiakte 3 U 188/01) enthält auf der Rückseite den Hinweis: „N.V.A.. Pharmaceuticals S. A. BRICANYL (r) 2,5 (terbutalin.) 2,5 mg” (vgl. die Fotokopie zum Klageantrag = Anlage K 2). Das genannte Unternehmen hat das Arzneimittel im Ausfuhrmitgliedstaat Belgien mit Zustimmung der Markeninhaberin erstmals in den Verkehr gebracht.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Die Angabe „N.V.A. Pharmaceuticals S. A.” auf der Blisterpackung (Anlage K 2) werde als Hinweis auf den pharmazeutischen Unternehmer verstanden. Dieser sei die Beklagte als Parallelimporteurin des Arzneimittels, auf sie werde aber auf der Blisterpackung nicht hingewiesen.
Außerdem stehe dort die in Deutschland unzutreffende Arzneimittelbezeichnung „Bricanyl 2,5”, in Deutschland sei das Arzneimittel unter „Bricanyl” zugelassen (Registriernummer B 1404).
Diese Aufmachung beeinträchtige den Originalzustand der Ware, insoweit liege eine mittelbare Markenrechtsverletzung vor. Die Blisterpackung müsse den zutreffenden Namen des pharmazeutischen Unternehmers und die richtige (zugelassene) Arzneimittelbezeichnung tragen. Außerdem verstoße die Beklagte gegen § 10 Abs. 8 S. 1 AMG (§ 1 UWG): Nach dieser Vorschrift müssten auf der Blisterpackung der pharmazeutische Unternehmer und die Arzneimittelbezeichnung angegeben sein, und zwar selbstverständlich zutreffend. Das sei vorliegend nicht der Fall. Ferner fehlten auf der Blisterpackung das Verfalldatum und der Hinweis „Verwendbar bis”, beide Angaben seien ebenfalls nach § 10 Abs. 8 S. 1 AMG vorgeschrieben.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu veru...