Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückabwicklung gemeinschaftswidrig gewährter Beihilfen (hier: Verstoß gegen Stahlbeihilfenkodex
Leitsatz (amtlich)
1. Erfolgt die Rückabwicklung gemeinschaftswidrig gewährter Beihilfen (hier: Verstoß gegen den Stahlbeihilfenkodex gem. Art. 4 lit. c EGKSV durch staatliche, über eine Landesbank herausgereichte Betriebsmittelkredite an ein Stahlwerk) nach nationalem Recht, so dürfen der Umsetzung der Kommissionsentscheidung rechtliche Schwierigkeiten des nationalen Rechts - mit Ausnahme der absoluten Unmöglichkeit - nicht entgegengehalten werden.
2. Unter Beachtung dieser europarechtlichen Vorgabe steht der Gebietskörperschaft, welche der Landesbank entsprechende Kreditaufträge erteilt hat, unmittelbar ein Bereicherungsanspruch gegen die Stahlwerke als Darlehensnehmerin zu. Dabei ist das europarechtliche Beihilfeverbot als Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB zu würdigen.
3. Auf die Schutzvorschrift des § 818 Abs. 3 BGB kann sich die Darlehnsnehmerin ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme von der Kommissionsentscheidung betreffend die Rückforderung der gewährten staatlichen Beihilfe nicht mehr berufen.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 29.06.2000; Aktenzeichen 303 O 358/96) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 3, vom 29.6.2000 abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.000.000 DM (i.W.: eine Million Deutsche Mark = 511.291,88 Euro) zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten, die Rückzahlung von Beihilfen, welche deren Rechtsvorgängerin nach einer rechtskräftigen Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften unter Verstoß gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht gewährt worden sind.
Der im Jahre 1961 gegründeten HSW-alt gewährte die HLB Investitions- und Betriebsmittelkredite. Zur Sicherung dieser Kredite ließ sich die HLB das gesamte Anlage- und Vorratsvermögen von HSW-alt übertragen. Die Investitionskredite waren darüber hinaus durch eine Bürgschaft der Klägerin i.H.v. 129 Mio. DM abgesichert. Zur Absicherung von weiteren Darlehen, die sie der F. Beteiligungsgesellschaft mbH, einer Gesellschafterin der HSW-alt, gewährt hatte, erwarb die HLB sukzessive Geschäftsanteile an der F., die im Jahre 1982 49 % des Stammkapitals von HSW-alt repräsentierten. Nachdem die HSW-alt 1982 Verluste i.H.v. 172 Mio. DM ausgewiesen hatte, wurde nach einem Vergleichsantrag im folgenden Jahr das Anschlusskonkursverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Im Zeitpunkt der Konkurseröffnung hatte sich die HLB mit einem Kreditvolumen von insgesamt 181 Mio. DM bei der HSW-alt engagiert. Die Forderungen der HLB wurden insoweit nicht als Konkursforderungen behandelt, sondern als eigenkapitalersetzende Darlehen. Die HLB musste deshalb mit dem vollständigen Ausfall ihrer Forderung bzw. die Klägerin mit ihrer Inanspruchnahme aus der Bürgschaft rechnen. Vor diesem Hintergrund entschied man sich, auch um Arbeitsplätze zu erhalten, für die Fortführung des Betriebes von HSW-alt. Nachdem kurzfristig kein industrieller Investor gefunden werden konnte, wurde eine Auffanglösung in die Wege geleitet. Der Geschäftsführer von HSW-alt, G., und Rechtsanwalt W., Konkursverwalter der HSW-alt, gründeten die Pr. Pr. gründete sodann die HSW als 100 %ige Tochtergesellschaft zur Fortführung des Betriebes von HSW-alt. Das Stammkapital wurde der HSW i.H.v. 20 Mio. DM von der Klägerin bereitgestellt und von der HLB finanziert, restliche 200.000 DM brachten G. und W. jeweils zur Hälfte ein. Die HLB ließ sich ihr Darlehen u.a. dadurch absichern, dass sie sich von Pr. deren Ansprüche auf Gewinnausschüttungen der HSW abtreten ließ. Außerdem wurden der HLB Kontrollrechte dergestalt eingeräumt, das Pr. gegen den Willen der HLB Anteile an HSW nicht veräußern durfte. Jedenfalls seit 1986 konnte HLB von Pr. zudem verlangen, dass deren Anteile an HSW an einen von HLB benannten Dritten veräußert werden.
Im Jahre 1984 erwarb die HSW von der HSW-alt deren für die Betriebsfortführung erforderliche Anlagen und Betriebsmittel. Zum Zwecke des Erwerbs dieser Betriebsmittel räumte die HLB der HSW im Jahre 1984 eine Kreditlinie über 130 Mio. DM ein, die die HSW durch Sicherungsübereignung ihres Vorratsvermögens und Abtretung aller Forderungen sowie des Anlagevermögens sicherte. Innerhalb dieser Kreditlinie reichte HLB seit 1984 Betriebsmittelkredite in jährlich zu verlängernden Verträgen aus.
Im Geschäftsjahr 1992 erlitt die HSW wegen der sich verschlechternden Stahlmarktverhältnisse Verluste i.H.v. 19,8 Mio. DM. Die HLB erhöhte daraufhin den der H...