Leitsatz (amtlich)

1. Werden Zigaretten in mit der Bezeichnung "Calumé" und weiteren Angaben versehenen Packungen in verschiedenen Farben angeboten, die sich von einer viereckigen Zigarettenpackung nur durch leicht abgeschrägte Ecken unterscheiden, misst der Verkehr dieser Formgestaltung keine herkunftshinweisende Bedeutung bei.

2. Zwischen einer u.a. für Zigaretten eingetragenen Formmarke, die eine neutrale Packungsform mit abgeschrägten Ecken schützt (sog. "Prismenpackung"), und den für die Zigaretten "Calumé" verwendeten Packungen besteht keine Verwechslungsgefahr.

 

Normenkette

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 14.12.2004; Aktenzeichen 312 O 406/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg - Zivilkammer 12 - vom 14.12.2004 teilweise abgeändert:

Die Klage wird hinsichtlich der Anträge zu Ziff. I.1 (Unterlassung), Ziff. I.2 (Auskunft) und Ziff. II. (Schadensersatzfeststellung) abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 96 % und die Beklagte 4 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann eine Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien produzieren und vertreiben Zigaretten. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Verwendung von Zigarettenschachteln mit abgeschrägten Ecken - sog. Prismenpackungen - auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung in Anspruch. Ferner verlangt sie die Löschung einer für die Beklagten eingetragenen Marke.

Die Klägerin vertreibt seit 1985 Zigaretten der Marke "Davidoff" in Prismenpackungen. Sie ist Inhaberin einer am 12.12.1996 angemeldeten und am 18.2.1997 eingetragenen dreidimensionalen Marke DE 396 55 722, die die Form einer derartigen Zigarettenpackung zum Gegenstand hat. Auf diese Marke stützt die Klägerin ihre Ansprüche gegen die Beklagte. Denn die Beklagte vertreibt seit dem 31.3.2003 ebenfalls Zigaretten der Marke "Calumé" in Packungen mit abgeschrägten Ecken. Außerdem meldete sie am 23.4.2003 beim DPMA eine dreidimensionale, mit der Klagmarke identische Marke für dieselben Warenklassen an, für die die Marke der Klägerin geschützt ist. Die Marke wurde auch zugunsten der Beklagten eingetragen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich folgende Klaganträge gestellt:

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 EUR, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen, Zigaretten, insb. solche der Marke "Calumé", in einer achteckigen Packung herzustellen, zu bewerben, feilzuhalten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu vertreiben, die wie folgt aussieht: ...

2. der Klägerin ab dem 31.3.2003 Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang ihrer Handlungen gem. dem Antrag zu Ziff. I.1., und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich ergeben:

  • die Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber sowie die Menge der hergestellten und der ausgelieferten Fertigware, aufgeschlüsselt nach Herstellungs-, Bestell- und Auslieferungsdaten sowie unter Angabe der erzielten Verkaufserlöse;
  • der Umsatz, die Gestehungskosten, unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie der erzielte Gewinn;

und zwar unter Vorlage der entsprechenden Bestellschreiben, Einkaufsbelege, Rechnungen und Lieferscheine;

3. in die vollständige Löschung der beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr.: 303 20 465 eingetragenen Marke einzuwilligen.

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in dem Antrag zu I.1. beschriebenen Handlungen entstanden sind und/oder noch entstehen werden;

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte verfolgt mit ihrer hiergegen eingelegten Berufung ihren Klagabweisungsantrag weiter. Sie macht im Wesentlichen geltend:

Die Verpackungsform habe keine Herkunftsfunktion, da im Zigarettenmarkt vielfach dieselben Marken in eckigen Packungen und in solchen mit abgerundeten Ecken angeboten würden (Anlagen BB 1-4). Den Unterschied zwischen abgeschrägten und abgerundeten Ecken nehme der Verkehr praktisch nicht wahr.

Die Klagemarke sei gem. § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schutzunfähig, da ihre Form technisch bedingt sei, nämlich insb. der Materialersparnis diene (Anlagen BB 8, 9). Es bestehe insoweit auch ein Freihaltebedürfnis, da die Form der Marke grundsätzlich dem Patentschutz zugänglich gewesen ...

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