Leitsatz (amtlich)
Zu Ziff. 20.02 der DTV-Kaskoklauseln und zur "Liner Negligence Clause" in der "Loss of Hire" - Versicherung.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 31.07.2008; Aktenzeichen 409 HKO 149/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 9 für Handelssachen, vom 31.7.2008 (Geschäfts-Nr. 409 O 149/06) geändert.
Die Klage wird - soweit sie nicht durch den durch Beschluss vom 9.5.2011 festgestellten Teilvergleich der Parteien erledigt ist - abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz haben die Klägerin 85 % und die Beklagte 15 % zu tragen. Von den Kosten des Rechtsstreits in 2. Instanz haben die Klägerin 79 % und die Beklagte 21 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für die 1. Instanz wird auf EUR 9.056.678 festgesetzt.
Der Streitwert für die 2. Instanz wird auf EUR 8.692.066,31 festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht Ansprüche aus einer sog. "Loss of Hire" -Versicherung gegen die Beklagte geltend.
Eine Firma N. in Hamilton/Bermuda, die ab dem 20.11.2000 als A. firmierte, gab 1996 und 1997 den Bau von zehn Schiffen in Auftrag. Die Klägerin finanzierte diese Schiffe. Fünf Schiffe baute die Howaldtswerke Deutsche Werft AG (HDW), fünf Schiffe bauten die Werft Jiangnan Shipyard bzw. die China Shipbuilding Trading Co. Ltd. in China. HDW bestellte im Jahr 1997 bei der John Crane Lips Marine Propulsion Systems B. V. (später Wärtsilä Propulsion Nederland B. V.) Verstellpropeller für die zehn Schiffe. Die Schiffe wurden 1998 bis 2000 an Eigentumsgesellschaften (Ersteigentümer) ausgeliefert. Am 24.9.2000 wurden alle zehn Schiffe an die A. verkauft und umbenannt. Die Eigentumsübertragung fand zu unterschiedlichen Zeitpunkten zwischen September und November 2000 statt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf S. 4 der Klagschrift Bezug genommen.
Über die J. Versicherungsmakler GmbH wurden unter einer Flottenpolice des Schiffsmanagers G. GmbH u.a. die zehn Schiffe gegen Kaskorisiken und Risiken des Frachtausfalls versichert. Als Ende der Versicherungsperiode war der 31.12.2000 vereinbart. Die Kaskopolice unterlag der Anwendung deutschen Rechts unter Einbeziehung der Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen (ADS) und der DTV-Kaskoklauseln von 1978 in der Fassung von 1992 (DTV-KK). Für die Frachtausfallversicherung sollten grundsätzlich die Bedingungen des Norwegian Marine Insurance Plan 1996 (NMIP) gelten. Ansprüche aus der Frachtausfallversicherung sollten Ansprüchen aus der Kaskoversicherung folgen (wörtlich: "Claims hereunder to follow a claim which is recoverable under the vessel's Hull & Machinery Policy including Liner Negligence Clause whether agreed or not ...). Die Frachtausfallversicherung wurde zu 100 % von der Beklagten übernommen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den ersten Teil der Anlage K 2 Bezug genommen.
Für den Zeitraum 1.1.2001 bis 31.12.2001 wurde am 29.12.2000 für die Frachtausfallversicherung eine Folgepolice erstellt, die im Gegensatz zur ersten Police eine "Error in Design Exception Clause" enthielt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den zweiten Teil der Anlage K 2 Bezug genommen.
Der Klägerin wurden die Ansprüche aus der Frachtausfallversicherung abgetreten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Anlage K 4 sowie auf den Vortrag der Klägerin auf Seiten 1 - 4 des Schriftsatzes vom 19.7.2007 (Bl. 101 - 104 d.A.), auf Seiten 2 - 4 des Schriftsatzes vom 5.11.2007 (Bl. 152 - 154 d.A.) und insbesondere auf Seiten 1 - 16 des Schriftsatzes vom 5.11.2009 (Bl. 492 ff. d.A.) Bezug genommen. Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin in 2. Instanz ausdrücklich unstreitig gestellt (S. 10 des Schriftsatzes vom 8.12.2009 = Bl. 539 d.A.).
Gegenstand des Rechtsstreits waren zunächst sieben der zehn Schiffe, nämlich A. Samantha, A. Savannah, A. Shamsha, A. Sheba, A. Scarlet, A. Sultana und A. Selina. Nach einigen Monaten Betriebszeit ergaben sich bei allen Schiffen erste Probleme mit den Verstellpropelleranlagen, wobei die Ursache hierfür zwischen den Parteien streitig ist. Die Schäden wurden - zu im Einzelnen unterschiedlichen Zeitpunkten - bei allen Schiffen im Laufe des Jahres 2000 festgestellt.
Sechs Schiffe (A. Samantha, Savannah, Shamsha, Sheba, Scarlet und Selina) wurden zunächst repariert - wobei der dauerhafte Erfolg dieser Reparaturen streitig ist - und im Jahr 2000 wieder in Dienst gestellt, und zwar in allen Fällen vor Eigentumsübertragung an A.. Die Ausfallzeiten während dieser Reparaturen im Jahr 2000 sind nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits, sondern waren Gegenstand eines inzwischen durch Vergleich erledigten Rechtsstreits der Ersteigentümer gegen die Bekl...