Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer konkludenten Einwilligung in die Ausstrahlung von Filmaufnahmen, die den Betroffenen während einer polizeilichen Vernehmung als Beschuldigten zeigen.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 24.10.2003; Aktenzeichen 324 O 634/03) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 24, v. 24.10.2003 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten der Berufung nach einem Gegenstandswert von 20.000 Euro.
Tatbestand
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin, der Produzentin eines deutschlandweit ausgestrahlten Fernsehmagazins, die Unterlassung der Ausstrahlung von Filmaufnahmen, die ihn bei einer polizeilichen Vernehmung wegen des gegen ihn erhobenen Vorwurfs eines Betruges zeigen. Der vernehmende Polizeibeamte war, gefolgt von einem Kamerateam, unangemeldet bei dem Antragsteller erschienen, hatte erklärt, dass das Team ihn begleite und im Übrigen kurz auf den Inhalt eines zuvor in der Lokalzeitung erschienenen Artikels verwiesen, in welchem berichtet worden war, dass ein Kamerateam für eine Fernsehsendung den örtlichen Polizeibeamten für ein paar Tage begleiten werde. Der Antragsteller duldete, dass der Polizeibeamte und das Kamerateam seine Wohnung betraten und dass die Vernehmung, die mit der Eröffnung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe begann, gefilmt wurde. Als ihm im unmittelbaren Anschluss an die Vernehmung von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin einige Fragen gestellt wurden, beantwortete er diese spontan vor laufender Kamera.
Das LG hat eine zuvor erlassene einstweilige Verfügung bestätigt, mit der der Antragsgegnerin verboten wurde, in identifizierbarer Weise über den Antragsteller als Beschuldigten eines Verfahrens wegen Trickbetruges/Trickdiebstahls zu berichten.
Entscheidungsgründe
I. Die Antragsgegnerin begehrt mit ihrer Berufung die Abänderung eines Urteils, welches eine einstweilige Verfügung bestätigt hat, mit der ihr untersagt worden ist, in identifizierbarer Weise über den Antragsteller als Beschuldigten eines Ermittlungs-/Strafverfahrens wegen Trickbetruges/Trickdiebstahls zu berichten. Nachdem im Februar 2003 in seiner Wohnung Aufnahmen gemacht worden waren, die den Antragsteller bei der Vernehmung durch einen Polizeibeamten zeigen, hat der Antragsteller erstmals am 1.10.2003 die Antragsgegnerin auffordern lassen, die Sendung nicht auszustrahlen, nachdem er am 29.9.2003 eine Vorschau zu dieser Sendung gesehen hatte, auf der er zu erkennen gewesen war. Die Antragsgegnerin meint, der Antragsteller habe in die Verbreitung der Aufnahmen eingewilligt.
II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung der Berichterstattung entsprechend §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG bzw. - bezüglich der Bildberichterstattung - gem. §§ 22 S. 1, 23 KUG, da diese den Antragsteller in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Recht am eigenen Bild verletzt.
1. Wie das LG zutreffend ausgeführt hat, könnte die Ausstrahlung im vorliegenden Fall nur dann rechtmäßig sein, wenn der Antragsteller darin wirksam eingewilligt hätte.
Eine wirksame Einwilligung liegt indessen nicht vor. Da der Antragsteller nicht ausdrücklich die Einwilligung erklärt hat, käme hier allenfalls eine konkludente Einwilligung in Betracht, sofern das Verhalten des Antragstellers aus der Sicht des Empfängers als Einwilligung aufzufassen war, und wenn ihm Zweck und Umfang der geplanten Veröffentlichung bekannt war.
2. Zweifel bestehen hier bereits daran, ob der Antragsteller überhaupt ein Verhalten zum Ausdruck gebracht hat, welches aus objektiver Sicht als Einwilligungserklärung zu bewerten ist. Voraussetzung hierfür ist nämlich, dass ihm bekannt war, dass er die Aufnahmen und deren Ausstrahlung nicht hinnehmen musste, d.h., dass seine Einwilligung für die Veröffentlichung überhaupt erforderlich war. Das Kamerateam erschien bei ihm unangemeldet und in Begleitung eines Polizeibeamten, der dem Antragsteller eröffnete, dass er wegen eines Ermittlungsvorgangs gegen ihn komme und auf dessen Frage nach den Begleitern lediglich mit einem Satz auf einen zuvor erschienenen Zeitungsartikel hinwies. In dieser Konstellation erscheint es zweifelhaft, ob dem Antragsteller überhaupt klar war, dass er dem Team den Zutritt verweigern konnte, oder ob er nicht vielmehr annahm, die Aufnahmen seien von der Polizei genehmigt und daher - ebenso wie die spätere Ausstrahlung - von ihm zu dulden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der späteren Frage des Antragstellers nach dem Sendetermin. Diese Frage zeigt lediglich, dass er wusste, dass eine Veröffentlichung geplant war, nicht aber dass er damit sein Einverständnis geben wollte.
Auch das weitere Verhalten des Antragstellers, welches aus der als AG 1 eingereichten ungekürzten Rohfassung des gefilmten Materials ersichtlich ist, lässt nicht zwingend auf die konkludente Erklärung einer Einwilligung schließen. Zwar hat der Antrags...