Entscheidungsstichwort (Thema)
einstweilige Verfügung auf Eintragung einer Vormerkung für eine Sicherungshypothek nach § 648 BGB nach Versäumung der Frist des § 929 Abs. 3 S. 2 ZPO
Leitsatz (amtlich)
1. Versäumt der Gläubiger die Frist des § 929 Abs. 3 S. 2 ZPO und verliert damit eine zunächst erwirkte einstweilige Verfügung, ist ein erneuter Verfügungsantrag zulässig.
2. Allein aus der Versäumung der Frist des § 929 Abs. 3 S. 2 ZPO im ersten Verfügungsverfahren folgt noch nicht, dass im 2. Verfügungsverfahren die Dringlichkeitsvermutung des § 885 Abs. 1 S. 2 ZPO widerlegt ist. Deren Vorliegen kann weiterhin bejaht werden, wenn der Gläubiger die erste Verfügung sofort vollzogen hat, sodann die Wochenfrist des § 929 Abs. 3 S. 2 ZPO um wenige Tage versäumt und sich anschließend zeitnah um den Erlass einer neuen einstweiligen Verfügung bemüht.
Normenkette
BGB §§ 648, 885 Abs. 1 S. 2; ZPO § 929 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 14.12.2011; Aktenzeichen 317 O 317/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des LG Hamburg - Zivilkammer 17 - vom 14.12.2011 geändert:
Im Wege der einstweiligen Verfügung wird angeordnet, dass zugunsten der Antragstellerin auf dem Grundstück des Antragsgegners in ... Hamburg, H. St., eingetragen im Grundbuch von Hamburg, AG Hamburg, Bezirk Altstadt-Süd, Bl. 3285, bestehend aus Miteigentumsanteilen am Gemeinschaftseigentum 310/10.000 von Bl. 3175 übertragener Miteigentumsanteil an dem Grundstück von Blatt 2120 Gebäude- und Freifläche, ungenutzt H., verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung 12. und 13. OG und dem Kellerraum im Aufteilungsplan bezeichnet mit der Nr. 45 sowie zugeordnet zu den o.g. Miteigentumsanteilen das Sondernutzungsrecht an dem Kfz-Stellplatz und der Nebenfläche Nr. 100, eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Sicherungshypothek wegen einer Werklohnforderung von EUR 33.522,61 nebst Verzugszinsen i.H.v. 9 % auf EUR 8573,96 seit dem 27.7.2011 sowie einer Kostenpauschale von EUR 359,92 einzutragen ist.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfügungsverfahrens in beiden Instanzen haben die Antragstellerin 4/5 und der Antragsgegner 1/5 zu tragen.
Gründe
Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung auf Eintragung einer Vormerkung für eine Bauhandwerkersicherungshypothek in Anspruch.
Die Antragstellerin hat für den Antragsgegner Innenausbauten in dessen Eigentumswohnung im M.-P.-T. in der H. H. vorgenommen. Die auf den 2.11.2010 datierte Schlussrechnung hat die Antragstellerin dem Antragsgegner mit Schreiben vom 27.5.2011 in einer zweiten - geänderten - Ausfertigung übersandt. Diese ist Grundlage des vorliegenden Verfahrens (Anlage A 1). Die Antragstellerin errechnet als Gesamtsumme der erbrachten Leistungen einen Betrag von EUR 502.259,95 netto = EUR 596.689,34 brutto. Abzüglich der vom Antragsgegner geleisteten Abschlagszahlungen verbleibt nach ihrer Berechnung eine restliche Forderung von EUR 159.255,03, auf die sich die Antragstellerin EUR 4.720,- für Mängelbeseitigungsarbeiten anrechnen lässt. Sie möchte somit eine Restwerklohnforderung i.H.v. EUR 154.535,03 nebst Zinsen und einer Kostenpauschale sichern lassen.
Eine unter dem 25.8.2011 erwirkte erste einstweilige Verfügung wurde von dem LG Hamburg mit Urteil vom 19.10.2011 für gegenstandslos erklärt, weil die Antragstellerin die einstweilige Verfügung dem Antragsgegner nicht innerhalb der Wochenfrist des § 929 Abs. 3 S. 2 ZPO zugestellt hatte (Az.: LG Hamburg 317 O 226/11). Zugleich wurde ein noch in jenem Verfahren gestellter Antrag auf Erlass einer neuen einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Die aufgrund der ersten einstweiligen Verfügung eingetragene Vormerkung wurde wieder gelöscht.
Daraufhin beantragte die Antragstellerin am 26.10.2011 eine zweite einstweilige Verfügung, die am 4.11.2011 durch die Zivilkammer 28 des LG Hamburg antragsgemäß erlassen wurde. Nach Widerspruch des Antragsgegners wurde die Sache an die bereits mit dem ersten Verfügungsverfahren befasste Zivilkammer 17 abgegeben. Durch Urteil vom 14.12.2011 hob das LG Hamburg die einstweilige Verfügung vom 4.11.2011 wieder auf und wies den Verfügungsantrag zurück. Nach Auffassung des LG besteht kein Verfügungsgrund mehr, da die Antragstellerin durch die Versäumung der Frist des § 929 Abs. 3 S. 2 ZPO im ersten Verfügungsverfahren die Dringlichkeitsvermutung des § 885 Abs. 1 S. 2 BGB widerlegt habe.
Wegen des Wortlauts der einstweiligen Verfügung vom 4.11.2011, der gestellten Anträge und der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Mit ihrer gegen das Urteil vom 14.12.2011 form- und fristgerecht eingereichten und begründeten Berufung will die Antragstellerin einen Neuerlass der aufgehobenen einstweiligen Verfügung erreichen. Sie macht geltend, dass das LG zu Unrecht die Rüge des gesetzlichen Richters für unbegründet gehalten und das Fortbestehen der Dringlichkeit verneint habe. Ferner...